Erde
folgen. »Okay!« sagte sie. Und gemeinsam suchten sie Ausrüstungsstücke aus dem Nylonbeutel aus.
Platzangst war ihre geringste Sorge, als sie sich in einer tiefen, verschlungenen Röhre voranstießen, getragen durch die Strömung eines unterirdischen Flusses. Auch die bittere Kälte machte ihr nicht viel aus – obwohl Teresa die kleine Uhr im Auge behielt, welche die Zeit berechnete, bis Unterkühlung ein Problem werden würde.
Alexens Flossen quirlten das Wasser vor ihr und verursachten funkelnde Flecke im Strahl ihrer Brille. Spektrale Umwandlung ließ die Dinge immer gespenstisch aussehen; aber hier war der Effekt wie von einer anderen Welt und aus einer anderen Dimension. Seine langen Beine schienen sich über endlose Meter, Kilometer, vor ihr zu erstrecken, wie dieser tosende unterirdische Gießbach.
Der Fluß hielt ihr Leben jetzt im Griff, und es wäre ihnen unmöglich, jetzt umzukehren, falls George Huttons Karte sich als falsch erwiese oder sie eine verhängnisvolle falsche Kurve erwischten. Sie bildete sich ein, daß sie wie in einem alten Film immer tiefer in die gewundenen Eingeweide der Erde hineingetrieben werden könnte – in ein Land, das von der Zeit vergessen war. Tatsächlich war die Aussicht, in einem nebligen Dinosaurier-Refugium ans Ufer gespült zu werden, weniger beunruhigend als manche näherliegenden Möglichkeiten… wie etwa an einer porösen Wand festgenagelt zu enden, während der Wasserschwall durch Spalten tobte, die für Menschen zu eng waren.
Hatte Alex vor, sie den ganzen Weg bis zum Auslaß des Flusses zu führen, irgendwo am Tasmanischen Meer? Falls ja, könnte die Zeit knapp werden. Ihre Luftkapseln waren nur für ein paar Stunden bemessen.
Vielleicht war es die Kühle, aber Teresas Gedanken beruhigten sich bald. Sie staunte über die skulpturierten Formen der sich dahinwindenden Röhre… darüber, wie sich unterschiedliche Gesteinshärten in glattem Relief überlappten und wie geduldige Strudel Höhlungen in den alten Berg gegraben hatten und feine Muster freilegten, die das Auge entzückten.
Diese Strudel waren gefährlich. Selbst mit Handschuhen und Knieschützern war es schwer, plötzliche unsichtbare Wogen und jeden Stoß zu parieren. Teresa war sicher, daß es in der gelangweilten und gut ernährten Mehrheit der Welt waghalsige Typen gäbe, die George Hutton anständig für dies Erlebnis bezahlen würden, ohne je zu begreifen, wo sie waren oder was sie sahen.
An einer Stelle öffnete sich der Fluß zu einer großen Kammer mit einer Luftblase. Sie kamen an der Oberfläche zusammen, traten Wasser und spien ihre Mundstücke aus.
»Erstaunlich!« keuchte sie. Und das schwarze Oval vor Alexens Gesicht schien zustimmend zu nicken. »Ja, das ist unglaublich.«
»Wohin von hier aus?«
»Ich… denke, wir nehmen den Weg links«, antwortete er nach einer Pause.
Teresa strampelte mit den Beinen und machte eine Drehung. Ja, der Fluß teilte sich hier in zwei ungleiche Strecken. Alex meinte den schmaleren, schneller strömenden Zweig. »Sind Sie sicher?«
Als Antwort hielt er ihr die Minitafel hin, die ihm an einer Schnur um den Hals hing. »Sehen Sie auf dem Weg hierher irgendwelche größeren Kammern? Habe ich eine verfehlt?« Sie betrachtete die Skizze. Eine Computergraphik konnte nur darstellen, was man ihr eingegeben hatte, und George Huttons Zeichnung war offenbar hastig hingehauen worden. »Ich… ich würde sagen, Sie haben recht. Es ist links.«
Sie legten ihre Brillen und Mundstücke wieder an und stießen zu der linken Öffnung ab, wo es unheilvoll dröhnte. Teresa war sich sehr der Bemerkung bewußt, die Hutton in roten Buchstaben an diesem Punkt auf der Karte notiert hatte.
›Vorsicht hier!‹ lautete die Notiz.
Schon nach ein paar Metern in dem neuen Abschnitt merkte Teresa, wie friedlich der vorige gewesen war. Jetzt konnte man weder Zeit noch Energie erübrigen, um sich umzuschauen oder zu philosophieren. Kurven ragten plötzlich aus dem Gischt auf und störten ihre kluge Brille. Brachten sie selbst durcheinander. Selbst wenn man sich glatt von der Strömung tragen ließ – dem natürlichen Mittel, in ihrer Mitte zu bleiben –, war es für sie höchst anstrengend, sich nicht von steinernem Gekröse zermalmen zu lassen.
Es kann nicht mehr viel weiter sein, stellte sie sich vor in Erinnerung an den kurzen Blick auf die Skizze. Dabei war sie sich nicht sicher, ob sie nachrechnete oder einfach betete. Der letzte Teich muß direkt vor uns
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