Erde
mehr als Schafe, Feuer und primitiven Ackerbau gehabt hatten.
Teresa hatte über Lösungen ihre eigenen Vorstellungen. Es gab auf dem Mond und den Asteroiden mehr reiche Leute, als alle Erbsenzähler in allen Hauptstädten der Welt in ihren gesamten Lebenszeiten hätten aufsummieren können. Mengen von Astronauten teilten den Traum, den Weltraum zu nutzen, um die Leiden der Erde zu heilen.
Sie und Jason gehörten dazu. Sie hatten sich im Training kennengelernt; und zuerst hatte es geschienen, als ob irgendein magischer Service zu ihren Gunsten eingegriffen hätte. Es ging über offenkundige Dinge wie ihren gemeinsamen Beruf hinaus.
Nein. Ich habe nie jemanden getroffen, der mich so zum Lachen gebracht hat.
Ihre Übereinstimmung hatte bis zum Einkaufen im Stile der gerade modernen Eheführung gereicht. Nach langer Diskussion hatten sie schließlich ein Motiv gewählt, das ein Berater aufgrund anderer ihm bekannter Paare vorgeschlagen hatte. Und es schien zu funktionieren. Eifersucht wurde zwischen ihnen nie ein Problem.
Das heißt – bis zum letzten Jahr.
Bis dieses Morgan-Weib auftauchte.
Teresa wußte, daß sie unfair war. Sie hätte ebensogut Glenn Spivey verantwortlich machen können. So war es etwa, als Jason anfing, für diesen schrecklichen Mann zu arbeiten, daß ihre Schwierigkeiten anfingen.
Oder sie hätte die Schuld geben können…
»Verflucht!« schimpfte sie. All diese Selbstprüfung verkrampfte ihre Kinnmuskulatur. Sie hatte auf absolute Offenheit gehofft und die Ursache für die Verschlechterung ganz in sich sehen wollen, um alle diese ›Kummerphasen‹ schnell zu überstehen. Aber persönliche Angelegenheiten waren der physischen Welt so unähnlich. Sie folgten keinen verläßlichen Mustern, keinen Vorhersagemöglichkeiten. Trotz neueren optimistischen Verkündigungen über neue Geistesmodelle hatte es noch keinen Newton der Psychologie oder Einstein der Gefühle gegeben. Vielleicht würde es sie nie geben.
Teresa empfand eine Beklemmung in der Brust, als wieder Tränen zu fließen begannen. »Verdammt… verdammt…«
Ihr zitterten die Hände. Das Glas rutschte ihr aus den Fingern und fiel auf den Teppich, wo es unbeschädigt hochsprang. Aber Saft spritzte über ihre weißen Hosen…
Das Telephon läutete. Teresa rief impulsiv, ehe die Sekretäre der NASA eingreifen konnten:
»Ich nehme es!« Natürlich hätte sie ihren zeitweiligen Stab alle Anrufe prüfen lassen sollen. Aber sie brauchte Aktion, Bewegung, irgend etwas!
Aber sobald Teresa sich die Augen gewischt hatte und hineingegangen war, erkannte sie, daß sie einen Fehler gemacht hatte. Die breiten, blühenden Züge von Pedro Manella ragten von der Telephonwand über sie empor. Noch schlimmer – sie mußte die Apparatur bei dieser letzten Mission auf Sendeautomatik gelassen haben. Der Reporter hatte sie schon gesehen.
»Captain Tikhana…« Er lächelte überlebensgroß.
»Tut mir leid. Ich gebe aus meiner Wohnung keine Interviews. Wenn Sie an die NASA herantreten…«
Er unterbrach: »Ich bitte nicht um ein Interview, Ms. Tikhana. Dies betrifft eine andere Sache, die Sie wichtig finden werden. Ich kann sie nicht per Telephon diskutieren…«
Teresa kannte Manella aus Pressekonferenzen. Sie mochte seine aggressive Art nicht. Auch nicht seinen Schnurrbart. »Warum nicht?« fuhr sie dazwischen. »Warum können Sie es mir nicht jetzt sagen?«
Manella hatte offenbar auf diese Frage gewartet. »Nun, sehen Sie, es hat mit Dingen zu tun, die Ihre eigenen Angelegenheiten betreffen, wo sie sich mit den meinen überschneiden…«
Er fuhr so fort, Satz um Satz. Teresa blinzelte. Zuerst dachte sie, er spräche einen jener wenig wirksamen Dialekte, den Zivilisten oft benutzten, bürokratesisch oder sozionesisch, die so mager an Inhalt waren wie reich an Silben. Aber dann merkte sie, daß der Mann Phrasen und Sätze dahinplapperte, die einfach Unsinn waren!
Sie wollte die Verbindung schon jäh abbrechen, als sie sah, daß er in bestimmter Weise an seiner Krawatte herumfummelte. Dann kratzte er sich am Ohr, wischte seine feuchte Lippe an einem Ärmel ab und rang die Hände gerade so…
Der Uneingeweihte würde das alles wohl seiner lateinamerikanischen Herkunft zuschreiben – Ausdrucksweise in Gesten ebenso wie in Worten – jedoch was Teresa sah, waren rohe, aber deutliche Annäherungen an Handsprache von Raumfahrern.
…MIKROPHON OFFEN, las sie. PASSEN SIE AUF IHRE WORTE AUF… DRINGLICHKEITSSTUFE ROT… NEUGIER…
Das war alles
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