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Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Titel: Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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Südstaaten und Motivposter von zigarrerauchenden Keilern, die Helme mit Spitzhaube tragen. Langsam bekomme ich gute Laune. Nestor lächelt auch, solange sein Blick auf der Suche nach einer Wanne im aufrechten Gang über den Platz und seine zigtausend Waren gleitet. Heften sich seine Augen allerdings an einem einzelnen Produkt fest, droht die Nickhaut sich vors Auge zu schieben.
    »Passen?«, fragt eine rundliche Frau mit blondem Lockenwicklerhaar ihren Kunden, der seine Tennissockenfüße vor ihrem Stand in einen klobigen Wanderschuh schiebt. Auf dem Flohmarkt duzt jeder jeden, das ist ein ehernes Gesetz. Der Mann dreht den Fuß und inspiziert den Neubesitz an seinen Füßen.
    »Ja, siehste!«, krakeelt der Goldschopf. »Hasse schöne Schuhe für zehn Euro!«
    Der Kunde hält sich am Stand fest und hebt den Kopf, auf dem eine alte Baseballkappe klebt, wie sie nur Männer über fünfzig tragen. Sie ist klein, der Schirm flach statt rundgebogen, und sie umschließt tatsächlich eng den Schädel, statt einfach nur lose obenauf zu sitzen wie bei den jungen Atzen, die zwischen Haar und Kappe noch drei Gürteltiere verstecken können.
    »Hasse ’n Geschäft gemacht!«, kommentiert ein attraktiver Türke in schwarzem T-Shirt und hellgrauer Anglerweste den Kauf. Er steht neben der Lockenwicklerfrau hinterm Stand wie ein Coach. Der Schuhkäufer rappelt mit einer Packung Tic Tacs und kippt dem Coach und der Verkäuferin ein paar Atemerfrischer in die offenen Klauen.
    Nestor steht am Stand gegenüber und nimmt eine alte Maxi-CD von Caught In The Act in die Hand. Er dreht sie um und liest auf der Rückseite die Bezeichnungen der Remixe nach. Er spitzt die Lippen, legt sie wieder ab und zeigt quer über die kleinen Stände zum Eckreich eines Händlers, der mit einem riesigen Unimog angereist ist. Nestor beschleunigt, schwingt die Arme beim Gehen und winkt mir, ihm zu folgen. Der Mann mit dem Unimog nimmt so viel Platz ein wie zehn kleine Stände und verkauft unter einer riesigen, aufgespannten Militärplane antike Nähmaschinen, Werkbänke, Schubkarren … und eine alte gusseiserne Badewanne mit Füßen! Schwierige Videospiele hin oder her: Ich hätte nicht gedacht, dass unsere Tagesmission tatsächlich zum Ziel führt. Nestor zeigt mit seinen Spinnenfingern auf das schwere Stück. Die Außenwand ist dunkel und zerkratzt. Die weiße Emaille des Inneren scheint unversehrt. Der Händler ist zurzeit noch mit einem anderen Kunden beschäftigt, der auf zwei seltsame, geschmiedete Dekorationsobjekte zeigt.
    »Watt kosten die Ochsen?«
    »Beide zusammen hundertzwanzig.«
    »Hundertzwanzig Euro für ein Paar Ochsen?«
    »Ja. Ich lass auch noch ein bisschen handeln.«
    »Zehn.«
    »Zehn??? Hast du Geschwüre? Das ist schwere Schmiedekunst!«
    »Gut, aber wer braucht schon Ochsen?«
    »Du hast mich doch danach gefragt, du Bischek!«
    Der Bischek schnauft, schürzt die Lippen, verschränkt die Arme und lehnt sich nach hinten, als könnten die Ochsen ihn beißen.
    »Zwanzig Euro, nehme ich sie mit.«
    »Hundertzehn.«
    »Nein. Für hundertzehn Euro muss mein arbeitsloser Schwager auf dem Amt dreißig Formulare ausfüllen.«
    »Es zwingt dich keiner, die Ochsen zu kaufen, du Lorbass.«
    »Die wirst du niemals los.« Der Lorbass kippt seine Hand seitlich auf und ab, legt den Kopf schief und guckt, als tue er dem Verkäufer mit seinem Ratschlag einen Gefallen. Dann schlurft er davon.
    Ich schreite in der Zwischenzeit langsam auf die Wanne zu wie ein christlicher Pilger auf den Altar im Petersdom. Ich will sie. Ich will diese Wanne. Mit einem Mal weiß das jede Zelle von mir. Diese Wanne muss heute mit mir in meine Bude fahren! Alle Synapsen in meinem Kopf stehen auf Baden. Die ganze Welt türmt sich auf zu einem einzigen glitzernden Schaumbläschenberg. Dahinter erscheint ein schmales Gesicht, dessen Lippen an den Bügeln einer Brille herumkauen, während die schmalen Augen die Wanne fixieren. Die Hand, welche die Brille hält, zieht die Bügel aus dem Mund und lässt sie wackeln, während die Lippen zu dem Verkäufer sagen: »Ein schönes Stück. Sehr spezielle Krallenfüße. Sie sehen aus wie Katzengesichter.«
    Der Mann hat recht. Ein Grund mehr, weshalb es meine Wanne ist.
    »Ich gebe Ihnen zweihundert Euro dafür«, sagt der Brillenmann. Der Verkäufer lächelt. Es ist sicher das erste Mal, dass er heute gesiezt wird. Der Brillenmann hat einen Gehilfen mit Sackkarre dabei. Der Gehilfe ist doppelt so breit wie sein Boss und hat die

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