Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)
nur Biersorten aus, die in Köln gebraut werden. Es gibt zwar tatsächlich zwei Kölner Brauereien, die Alt brauen, aber solange dieses Alt keine Düsseldorfer überzeugen kann, verzichte ich darauf, es anzubieten. Allerdings hat mich ein Düsseldorfer mal darauf aufmerksam gemacht, dass man ins Früh-Kölsch nur einen kleinen Schuss Zuckerrübensirup geben muss. Das sieht dann genauso aus wie Gatzweiler Alt und schmeckt auch so. Und ein leeres Senfglas, in das ich Ihnen das alles abfüllen kann, finde ich sicherlich auch noch in der Küche. Dann haben Sie das volle Alt-Feeling«, sagt meine Mutter ausgesprochen freundlich lächelnd und vollkommen ohne ironischen Unterton.
Rick kommt dazu. Seine Augen sind schon wieder außer Kontrolle.
»Wat bes do dann för ene Dresskääl? Drink doch einfach ene mit, do Spassbrems.«
Udo und ich stehen gleichzeitig auf und nehmen Rick in die Mitte. Wir scherzen mit ihm, während wir ihn nach draußen führen. Rick geht ein paar Meter und schimpft vor sich hin. Wir warten vor der Tür.
»Ein aufregender Abend«, sagt Udo.
»Hm.«
»Wunderbarer Sternenhimmel. Sieht man sonst so nicht, wenn man in der Großstadt ist.«
»Hm.«
»Lichtverschmutzung.«
»Ja.«
Udo ist kein Virtuose der Konversation. Seine Augen suchen sprunghaft nach Gesprächsfäden, als könnten sie ihm in der Luft zufliegen. Er wirkt so nervös wie ein Mann, dessen Freunde ihn gedrängt haben, die Frau an der Bar endlich anzusprechen.
»Puh … Also deine Mutter hat mir erzählt, dass ihr eine Schildkröte in der Badewanne habt.«
»Stimmt.«
Rick wandert noch immer an der Häuserwand entlang und schimpft vor sich her. Irgendwas mit Düsseldorf. So genau will ich es gar nicht wissen.
»Das ist doch nicht schön, für so eine Schildkröte und auch für euch. Ich meine, wenn ihr mal duschen oder baden wollt …«
»Was soll denn daran nicht schön sein? Die hat eine ganz wunderbare selbstgebaute Schwimminsel, die sie sehr liebt. Und sie ist es gewöhnt, in Badewannen zu leben.«
»Hat sie denn schon immer in Badewannen gelebt?«
»Nein, sie lebte mal in einem wunderschönen kleinen Teich in einem Garten.« Da, wo wir alle noch glücklich waren, bis der LKW in unser schönes brüchiges Haus gerast ist. Damals gab es noch keinen Diamanten. Damals war das Follikel noch lange nicht reif, das mal meine Lisa werden sollte.
»Siehst du. Da kann so eine Badewanne mit glatten weißen Wänden nicht das Optimum sein.«
»Worauf willst du eigentlich hinaus?« Ich bin gereizt. Das ist vielleicht unfair und übertrieben, aber beim Smalltalk sollte man Vorwürfe doch eigentlich vermeiden.
»Na, ich habe ein großes unbenutztes Aquarium, das ich doch nicht brauche. Vielleicht wäre das was für deine Schildkröte.«
Oh wei, wollte er in diesem Aquarium etwa ursprünglich sein Spülwasser sammeln?
Rick kommt zu uns zurück. Seine Augen sind nicht ganz stabil, sie hüpfen aber nicht mehr wie zwei Flummis. Ein Fortschritt. »Künne mer widder erengonn?«
»Klar, machen wir. Aber die Luft ist doch schön mild heute, oder?« Udo ist erstaunlich feinfühlend.
Rick lächelt, und wir betreten die Kneipe. Der Altbiermann bestellt noch einen Rübensirup-Spezialmix und sagt, dass das besser sei als jedes Altbier, das er je in Düsseldorf getrunken hätte. Rick klopft ihm auf die Schulter und setzt sich zu ihm.
Ich stelle meinen Teller mit Frikadellen und dem Röggelchen auf den Schreibtisch im Ess-Büro und mache den PC noch mal an.
Liebe Caterina,
es ist so schön, von Dir Post zu bekommen!
Ich war die ganze Zeit bei meiner Mutter in Köln. Das ist so weit in Ordnung. Aber ihr Haus soll abgerissen werden. Sie wollen die Neusser Straße verbreitern. Es gibt schon eine Bürgerinitiativengründung.
Außerdem haben wir einen neuen Mieter im Haus. Udo. Ein wirklich merkwürdiger Typ. Der hat sich heute Abend permanent an meine Fersen geheftet. Ich konnte jetzt auch nicht unhöflich sein und hab mich mit ihm unterhalten. Da tut der doch zwischendrin plötzlich so, als würde ich Irmtraut quälen, weil sie in der Wanne lebt. Gibt es so was?
Ach und noch was, das muss ich Dir unbedingt erzählen: Dein »Karneval in Köln«-Bild kann sturzbesoffene Menschen wieder halbwegs nüchtern machen! Ich hab’s gesehen! Dein Bild hat magische Kräfte!!!
Irmtraut und meine Mutter lassen Dich ganz lieb grüßen, und ich umarme Dich herzlich aus der Ferne, meine Liebe! Ich bin so froh, dass Du mir geschrieben hast!!! Wann kommst
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