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Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Titel: Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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Earth! Langsam macht die Sache Spaß. Ich hole mir ein Bier, öffne den Browser, googele die Adresse der Scientology-Zentrale und tippe sie in das Satellitenprogramm für jedermann. Die Erde dreht sich und zoomt in das symmetrische Straßengewirr der Stadt. Ich starte an der Church of Scientology. Hinter ihr liegt das Filmstudio Golden Era Productions, neben ihr ein Kino namens Vine Theatre. Ich zoome weiter heraus, höher und höher. Die Nordhälfte des Monitors wird grün. Die Hollywood Hills. Da kann ich nicht wohnen. Da leben nur Stars, Millionäre und Rock ’n’ Roller mit Grundbesitz. Was wäre, wenn ich einfach von der Kreuzung der Sekte aus nach unten liefe? Immer geradeaus? Ich fahre über die Symbole. Eine Banketthalle. Ein City College. Ein Institut für Blindenschrift. Die Zeugen Jehovas. Irgendwann passiert die Straße den Freeway, eine der breiten Stadtautobahnen, die Pulsadern der Stadt. Eines der Quadrate, die das Vorhandensein von Fotos andeuten, ist benannt »Falling Down: Mr. Lee’s Market«. Ich halte inne. Lese es noch mal. Klicke das Bild dazu auf. Eine Straßenansicht von schräg oben. Gewöhnliche Laubbäume statt Palmen. Alte Autos. Eine anzügliche Werbetafel. Dieses Viertel ist deutlich schlechter als Hollywood, aber noch nicht so schlecht, dass die Leichen auf dem Pflaster liegen. Jemand behauptet, dass sich genau hier der Supermarkt befände, den Michael Douglas in »Falling Down« verwüstet! Die Gegend bildet den Übergang von Hollywood zu Koreatown. Und Koreatown wiederum ist der Puffer zwischen Hollywood und den Ghettos aus den Gangsterfilmen mit den Straßenkreuzungen in Compton oder South Central, wo man erschossen wird, wenn die Ampel Rot zeigt. Koreatown könnte mein Viertel sein. Ich zoome näher heran. Mr. Lees Supermarkt liegt genau unter dem Highway. Die Kreuzung darüber ist mit einem Quadrat namens »Untitled« markiert. Ich sehe Standbilder, in denen Michael Douglas mit seinem Koffer marschiert. Mauern, mit Graffiti besprüht. Maschendrahtzäune. Ein verlassener Parkplatz, auf dem Grasbüschel aus dem brüchigen Beton wachsen. Ich höre förmlich, wie sich in Sichtweite die Blechlawine über den Highway schiebt, den breite Betonstelzen über das Viertel stemmen. Rechts von der Kreuzung nennt Google Earth eine Wiese von kaum zwei Fußballfeldern Größe »Madison West Park«. Links davon kann man im »Hollywood Judo Dojo« Kampfsport trainieren. Die Konsole surrt. Das Musikmagazin liegt neben der Tastatur. »Falling Down« habe ich da, als DVD. Die anderen L. A.-Filme auch. Ich atme tief ein, stehe auf, suche die Sachen zusammen und stapele sie auf dem Bett. Ich habe alles da, was ich für die Simulation meines zweiten Lebens brauche. Ich breite Hartmut meine Geschichte weiter und weiter aus. Details ohne Ende, ich glaube mir fast selber, dass draußen vor dem Fenster Kaliforniens Polizeisirenen in der Ferne singen.
    Als ich nach einer Stunde Schreiben fertig bin und meine Pizza bestelle, klicke ich auf meinem Desktop auf eine Datei, die ich besser nicht anrühren sollte. Caterinas und mein Lebensplanungsbuch bis 2075. Da steht, dass wir am heutigen Tag ins Kino gegangen wären. Kein bestimmter Film, man kennt ja das Programm nicht Jahre im voraus. Einfach nur Kino, herrlich einfach und berechenbar. Ins Auto steigen, zur UCI Kinowelt im Ruhr-Park fahren, bei Pizza Hut herrlich große Stücke essen, die sogar einen Käserand haben, einen Drink an der kleinen Bar im Kinofoyer nehmen und dabei Händchen halten, den Film anschauen und danach im Mondlicht an die Kemnade fahren. Ich sollte nicht auf diese Datei starren. Ich stehe auf, gehe zur Tür, öffne sie und schaue, ob im Hausflur vielleicht jemand steht, der mich nerven könnte.
    »Irgendwer eine Hausarbeit?«, rufe ich zwischen die grünen Betonwände, und es gibt einen trockenen, seltsamen Hall.
    »Keiner eine Arbeit? Oder wenigstens Salz?«
    Es bleibt still.
    Neun Minuten später klingelt der Pizzamann.
    > Ich

< Caterina
    Frieden durch Farbe
    17. 03. 2011
    47° 22′ 37.26″ N, 8° 32′ 37.77″ E
    »Sie müssen fliegen, wenn Sie fliegen müssen.«
    »Bitte?«
    Ich stehe am Züricher Hauptbahnhof am Schalter, um Fahrkarten für meine Weiterreise zu kaufen.
    »Also, es verhält sich so. Ich kann Ihnen ein Billett verkaufen. Bis Genua. Aber dann geht nichts mehr.« Der Schalterbeamte spricht langsam. Gemütlich. Mit langgezogenen Vokalen und niedlichen Schweizer Schwüngen im Ton. Ich mag das. Das Langsame, das

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