Erdwind
wirklich erleichtert. Die Schlacht war noch nicht gewonnen, doch der Feind war schon halb auf ihrer Seite. Was war das für eine Schlacht? Irgendwann, bald, sehr bald, würde sie das Donnern des abhebenden Raumschiffes hören, das Heulen des atmosphärischen A n triebs, und dann adieu Gorstein mitsamt deinen Monitoren und deiner ganzen verdammten Arr o ganz!
Sie mußte lachen beim Gedanken an ihren Streit mit Go r stein, an ihre unvermittelte Abneigung gegen ihn, an ihre obstinate Weigerung, seinen egozentrischen Launen nac h zugeben, und wie sie ihn beinahe dazu gebracht hätte, daß er die Mission durchführte, bloß um sie zu ärgern. Die ganze S a che hätte auch völlig anders ausgehen können. Komisch, wie sich die Dinge manchmal en t wickeln.
Flußtiere, wahrscheinlich skitch, knabberten an ihren Z e hen, e i ner ziemlich schmerzhaft. Sie stieß mit den Beinen aus, ließ sich wieder ins Wasser gleiten und schwamm stromauf zu der Stelle, wo sie ihre Raumfähre versteckt ha t te, und spülte sich dabei den zähen Schlamm vom Leibe. An einer bewachsenen Sandbank kletterte sie an Land, zog sich aus und blieb in ihrem Boot sitzen, bis sie trocken war.
Später zog sie einen Allwetteranzug über, enganliegend an den Beinen, locker am Körper, eine Uniform, die bei Hi t ze kühlte und bei Kälte wärmte. Die engen Hosenbeine irr i tierten sie, und sie schlitzte sie bis zum Knie auf, ohne daran zu denken, daß sie damit die eingewebte Thermostatik b e schädigte.
Immer intensiver dachte sie an den crog und daran, was hi n ter den Erdbastionen vor sich gehen mochte, wer getötet und wer verbannt worden war. Welche Entscheidungen würden in Hi n sicht auf die Jenseitler getroffen werden – und welche in Bezi e hung auf sie selbst?
Sie wollte schon durch den Wald laufen, um selbst zu s e hen, was sie sehen konnte, da merkte sie, daß einige Meilen entfernt Schwarzflügler zum grauen Himmel aufstiegen. Ihr flatterndes Kreisen, winzigen Vögeln gleich, war interessant zu beobac h ten, obwohl sich die Entfernung nicht recht schätzen ließ. Doch Elspeth hatte schon etwas Erfahrung in der Jagd, sie wußte, daß es in dieser Himmelsrichtung nur einen Schwarzflüglerschlafplatz gab, und zwar an der Gre n ze des Marschla n des.
In der Annahme, daß Darren und seine Freunde (soweit sie noch am Leben waren) an diesem plötzlichen Aufruhr am Himmel schuld seien, änderte sie ihr Vorhaben und lief auf das moosige Land zu, das zu dem trockenen Hochpfad hi n unte r führte.
Als sie die schroffen Klippen und die verstreuten Gru p pen schl a fender Schwarzflügler sehen konnte, war sie außer Atem und hockte sich hin, um etwas zur Ruhe zu kommen. Nahe bei dem Stein, in den sie ihr erstes Symbol eingeritzt hatte, konnte sie einen Aerani kauern sehen. Vielleicht war es Moir, doch auf diese Entfernung war es schwer auszum a chen. Als ihr Herz ruhiger schlug und sie wieder normal a t mete, erkannte Elspeth, wie das Moorland wirklich war. Der zarte Pflanzengeruch, das gehei m nisvolle Murmeln des Windes in der spärlichen Veget a tion, ein fernes Klatschen, vielleicht der Anschlag von Tange l kraut gegen einen Stein, oder das Schnappen der ledrigen Flughäute eines Schwar z flüglers, der gegen den Wind aufstieg, um sich den Nac h stellungen der Menschen zu entziehen. Und dann noch ein Laut, der Elspeth erschreckte: das krachende, unregelmäßige Rumpeln eines Robotfahrzeuges, das aus dem offenen Land heraus zum Fluß fuhr. Sie sah die Lichter an seiner Kaross e rie fu n keln, sah ein Stück des Pfades, den es auf seiner Fahrt zurück zum Wald durch das dichte Unterholz pflügte. Wer spionierte da, fragte sie sich. Wessen Augen w a ren an die gläsernen Späher dieses mechanischen Parasiten angeschlo s sen?
Und Singen. Diesen Klang identifizierte sie noch, bevor sie auf die dort hinten kauernde Gestalt zulief und alle N a turgeräusche mit ihren Schritten ertränkte. Gesang. Eine h o he Mädchensti m me, das jammernde Tremolo eines Stein-Liedes, unzusamme n hängend, unsicher.
Das war Moirs Stimme, ganz gewiß. Das Lied klang selbst für Elspeths ungeübte Ohren so kunstlos, daß sie ein paar schreckl i che Minuten lang fürchtete, Moir sänge ihr Sterbelied, und bei diesem angstvollen Gedanken fing sie an zu rennen.
Aber Moir lag nicht im Sterben, nicht im eigentlichen Sinne des Wortes. Elspeth hielt ein paar Schritte vor ihr an und ging dann langsam um das kleine Mädchen herum, bis sie das junge G e sicht, die nassen
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