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Erebos

Erebos

Titel: Erebos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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überhaupt – er musste ja an ihr vorbei und wenn sie fragte, wohin er ging, konnte er keinen sinnvollen Grund angeben.
    Am besten, er brachte es schnell hinter sich. Er schlich hinaus, sperrte leise, leise ab und horchte in die Wohnung. Aus der Küche drang Mums Stimme – sie telefonierte. Das war unverhofftes Glück. Nick schlich zur Wohnungstür, schlüpfte schnell in seine Sportschuhe, griff nach seiner Jacke und war schon draußen.
    Der Innenhof des Nachbarhauses strahlte freundliche Vernachlässigung aus. Vor Jahren hatte jemand versucht, auf der winzigen Grünfläche Blumen zu pflanzen, von denen die meisten verdorrt waren. Was überlebt hatte, wucherte wild.
    Es gab drei Lüftungsgitter, alle auf Kniehöhe angebracht. Das erste saß bombenfest. Nick rüttelte ein wenig, nichts rührte sich. Er spähte durch die quadratischen Gitterlöcher, sah nur Dunkelheit und roch Kellermief.
    Doch schon das zweite Gitter war ein Treffer. Es saß locker in der Mauer und leistete kaum Widerstand, als Nick es herauszog.
    Erst jetzt fragte er sich, was in der dahinterliegenden Nische auf ihn warten würde. Wieder eine Kiste mit seinem Geburtsdatum? Eine weitere Aufgabe? Oder tatsächlich die Belohnung, die der Bote angedeutet hatte?
    Schokolade, dachte Nick. Gummibärchen als Proviant für lange Erebos-Nächte. Er tastete in die rechteckige Öffnung und zog seine Hand gleich wieder zurück.
    Feigling, schalt er sich. Was ist los? Angst vor Ratten? Reiß dich zusammen, das hier ist die echte Welt!
    Trotzdem kribbelte es in Nicks Nacken, als er erneut seine Hand in die Nische schob. Erst war da gar nichts, außer Dreck, doch dann erfühlte er Plastik. Er griff zu und zog eine gelbe Selfridges-Tüte hervor, in der sich etwas Weiches befand. Im ersten Moment dachte Nick an eine Art Erebos-Uniform, die alle Spieler ab Level 2 tragen durften, was natürlich lächerlich war, aber immer noch einleuchtender als das, was er tatsächlich aus der Tüte zog.
    »Hell Froze Over«, war blau auf das schwarze Shirt gedruckt, darunter grinste der vereiste Teufelskopf.
    Für einige Sekunden stand alles still. Denn das konnte einfach nicht sein. HFO war eine Sache zwischen ihm und seinem Bruder, von dem Shirt wussten nur Finn und er selbst. Dass Nick keinen Ton davon gegenüber dem Boten, ach was, gegenüber irgendjemandem hatte verlauten lassen, dessen war er sicher. Er warf einen Blick auf das Größenetikett: XXL. Also doch lieferbar.
    Er würde Finn anrufen. Natürlich gab es eine Erklärung dafür, wahrscheinlich war Finn es selbst gewesen, der das Shirt hier versteckt hatte. Nick hielt es sich unter die Nase – roch es nach kaltem Rauch, nach Finns Wohnung? Nein, nur nach Waschmittel und ein bisschen nach feuchtem Keller.
    War es möglich, dass Finn Erebos spielte? Aber sicher, warum nicht? Manchmal gab es die irrsten Zufälle.
     
    »Wo warst du?«, fragte Mum, als er in die Wohnung stürmte. Wie gut, dass er clever genug gewesen war, das Shirt unter seiner Jacke zu verstecken.
    »Nur schnell vor der Tür. Hab mir Kaugummi vom Kiosk geholt.«
    Er hatte sogar eine angebrochene Packung in der Tasche, doch Mum wollte sie nicht sehen.
    Zurück in seinem Zimmer, vergewisserte Nick sich in aller Eile, dass der Bote noch an seinem Platz stand, bevor er sein Handy vom Nachttisch nahm und Finn anrief.
    »Hi, Kleiner! Schön, dass du anrufst. Was gibt’s?«
    »Finn, hast du das HFO-Shirt jetzt doch bekommen?«
    Kurze Pause.
    »Nein, das hab ich dir doch geschrieben. Es ist zurzeit einfach nicht zu kriegen, aber ich leg mich ins Zeug, okay? Wusste gar nicht, dass es dir so wichtig ist.«
    »Nein, nein, schon gut. Mach dir keinen Stress.«
    Finn log nicht, natürlich nicht, warum sollte er?
    »Sei nicht sauer, Nicky, ich muss weitermachen, der Laden ist voller Leute.«
    »Okay. Warte, eins noch: Spielst du in letzter Zeit viel am Computer? Adventures?«
    »Keine Spur. Hab einfach keine Zeit – das ist so als Unternehmer!« Finn lachte, legte auf und ließ Nick noch ratloser zurück, als er es vor dem Gespräch gewesen war.
     
    Der Bote wirkt nicht ungeduldig, im Gegenteil. Langsam, als hätte er alle Zeit der Welt, löst er sich von der Wand, kaum dass Sarius sich wieder bewegt.
    »Hast du deine Belohnung gefunden?«
    »Ja. Danke.«
    »Ich hoffe, sie war nach deinem Geschmack und bereitet dir Freude.«
    »Sicher. Sehr sogar. Kann ich etwas fragen?«
    Es wirkt, als würde der Bote kurz zögern.
    »Natürlich. Stell deine Frage.«
    »Woher wissen

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