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Erebos

Erebos

Titel: Erebos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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Lügen.
    »Kannst du mir zeigen, was du da in der Hand hast?« Mr Watson ging weiter unbeirrt auf Aisha zu.
    Sie schüttelte stumm den Kopf. Nun liefen die Tränen zahlreich und ungehindert.
    »Bitte, Aisha. Ich möchte dir helfen.«
    »Aber es ist nichts. Ich habe mich nur erschrocken. Wirklich.«
    »Zeig es mir.«
    »Ich kann nicht.«
    Mr Watson streckte die Hand aus. »Es bleibt unter uns beiden. Versprochen.«
    Doch Aisha beharrte auf ihrem Nein.
    Mr Watson änderte seine Taktik, er ließ Aisha in Ruhe und wandte sich der Klasse zu.
    »Aisha möchte nicht darüber sprechen, was ihr so zusetzt, aber vielleicht kann jemand von euch das tun? Ihr würdet ihr damit helfen, falls sie aus Gründen, die ich nicht kenne, zum Schweigen verpflichtet ist.« Er sah jeden Einzelnen von ihnen an. »Wir sind eine Gemeinschaft. Wenn eine von uns Probleme hat, sollte es uns nicht egal sein.«
    Erst antwortete niemand. Die Klasse war still wie selten, nur Aisha schniefte vernehmlich. Greg reichte ihr ein Papiertaschentuch, das sie nahm, ohne ihn anzusehen.
    »Vielleicht kriegt sie bloß ihre Tage«, sagte Rashid.
    Einzelnes Lachen von da und dort.
    Rashid grinste. »Könnte doch sein.«
    Mr Watson sah ihn an, lange und wortlos, bis Rashid den Blick senkte. Mit einem Mal verstand Nick, warum manche der Mädchen sich vor der Englischstunde die Lippen nachzogen.
    »Es war dumm von mir, euch zu fragen«, stellte der Lehrer fest. »Aber fairerweise möchte ich euch sagen, dass ich mir alle Mühe geben werde herauszufinden, weswegen Aisha so verstört ist. Ich hoffe sehr, dass keiner von euch etwas damit zu tun hat.«
    Er setzte sich hinter den Lehrertisch und schlug sein Buch auf. »Rashid, bitte lies Sonett Nummer 18 und gib uns dann deine Interpretation des Gelesenen. Nach deinem Erklärungsmodell von eben kann ich es kaum erwarten, ein weiteres zu hören.«
    Nach dem Ende der Stunde passte Jamie Nick an der Klassentür ab.
    »Hast du eine Ahnung, was mit Aisha los war?«
    »Nein, woher? Ich hab genauso wenig gesehen, was sie erschreckt hat, wie du.«
    »Das meine ich nicht. Ich meine den größeren Zusammenhang. Es hat mit der DVD zu tun, oder? Mit diesem Spiel?«
    »Keine Ahnung«, murmelte Nick und wollte sich an Jamie vorbeidrücken. Doch der hielt ihn am Ärmel fest.
    »Da ist doch etwas richtig Mieses im Gang«, sagte er. »Komm, Nick. Können wir nicht normal miteinander reden? Aisha ist nicht die Einzige, die ich heute habe heulen sehen. Einem Mädchen aus der siebten Klasse ist etwas Ähnliches passiert. Hat etwas in ihrer Tasche gefunden und war deswegen total fertig, wollte aber um keinen Preis darüber reden oder es jemandem zeigen.«
    »Ja und?«, fragte Nick. Er zog seinen Ärmel aus Jamies Griff, blieb aber trotzdem stehen. Colin und Rashid waren nicht in der Nähe, der Lärmpegel in der Klasse war hoch, niemand würde Jamie und ihn belauschen.
    »Du denkst doch nicht, Aisha sagt die Wahrheit?« Jamies Gesicht spiegelte mehr Belustigung als Bestürzung wider. »Eine Spinne, von wegen. Du hast es genauso gesehen wie ich, sie hat einen Zettel in ihrer Hand versteckt.«
    »Vielleicht mit einem Bild von einer Spinne«, witzelte Nick, kam sich sofort dämlich vor und winkte ab. »Schon klar, ich hab den Zettel auch gesehen. Aber ich habe keine Ahnung, was es damit auf sich hat. Vielleicht hat bloß ihr Freund per Brief mit ihr Schluss gemacht.«
    Jamie lächelte milde. »Ehrlich, hör auf, dich blöd zu stellen. Seit zehn Tagen oder so laufen die Dinge hier anders als sonst. Seit das Spiel die Runde macht. Das musst du doch mitbekommen haben.«
    »Du leidest echt unter Verfolgungswahn.«
    Jamie sah ihn nachdenklich an.
    »Schade«, sagte er. »Ich hätte dein Angebot gestern annehmen und mir diese DVD krallen sollen. Dann hätte ich jetzt etwas in der Hand, womit ich zu Mr Watson gehen könnte.«
    »Tja. Pech gehabt. Aber weißt du, du machst dir da ganz falsche Vorstellungen«, sagte Nick. Das Spiel ist nämlich viel klüger als du, Jamie Cox, und es hätte dich locker ausgetrickst.
     
    In der Kantine war es voll, ungeachtet der vielen Krankheitsfälle. Dank seiner Größe und weil ihm heute nicht sehr höflich zumute war, hatte Nick trotzdem innerhalb von fünf Minuten einen Teller Salat und eine Schüssel undefinierbarer Nudeln an sich gerissen. Aber jetzt? Normalerweise hätte er sich neben Jamie oder Colin gesetzt, doch beides kam gerade nicht infrage.
     
    Er blickte sich um und geriet samt seinem Tablett ein wenig

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