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Erebos

Erebos

Titel: Erebos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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schwache Andeutungen würde Nick aus seinem Kumpel nicht herausbekommen. Aber möglicherweise hatte er Lust auf ein paar einfache Vermutungen?
    »Ich wüsste zu gerne, unter welchem Namen Helen unterwegs ist«, murmelte er so leise, dass niemand außer Colin es hören konnte.
    »Tja, das wäre interessant. Läuft ja nicht jeder mit dem eigenen Gesicht rum. Würde ich an Helens Stelle auch nicht tun.«
    Nick hatte die Anspielung kapiert und öffnete den Mund, schloss ihn aber schnell wieder. Colin grinste.
    »Musst dir keine Gedanken machen. Ich weiß, dass du es nicht bist. Er ist schon viel länger dabei. Aber ich denke, dass nur wenige das geschnallt haben.« Er unterbrach sich, als Jerome heranschlenderte.
    »Insidergespräche?«, fragte er.
    »Bist du bescheuert?«, gab Colin zurück. »Glaubst du, ich kenne die Regeln nicht?«
    »Hätte ja sein können.« Feixend zog Jerome wieder ab. Helens trüber Blick folgte ihm.
    »Er hat recht«, sagte Colin. »Klappe halten ist angesagt. Aber Jerome hat vorhin selbst geplaudert, der kann uns nichts.« Er grinste. »Außerdem – ich flieg sowieso nicht raus.«
    Als es zur ersten Stunde läutete, zählte Nick einmal durch. Alex war da, Dan fehlte. Aisha war da, Michelle fehlte. Bei näherer Betrachtung sah Aisha allerdings käsig aus; ihr Kopftuch war schlampig gebunden und sie blinzelte ständig.
    Jamie war da, natürlich, und Emily. Gloria fehlte. Der stille Greg war da und tat offensichtlich das Gleiche wie Nick: Er scannte die Reihen und machte sich im Geist Notizen. Dann begann Mr Fornarys Matheunterricht und beendete unsanft Nicks Forschungstätigkeit.
     
    Der Kaffeeautomat war die letzte Rettung, doch schon von Weitem konnte Nick die Schlange sehen, die sich davor gebildet hatte. Mist. Er brauchte dringend etwas, das ihn weitere drei Stunden Unterricht überstehen lassen würde.
    Am Fenster stand Jerome und zerknüllte mit einer Hand seine leere Dose Red Bull. Kluger Kerl, der Jerome. Morgen würde Nick sich ebenfalls mit Energydrinks eindecken. Gähnend ließ er sich auf eine der Bänke in der Aula fallen. Zum ersten Mal seit Langem verbrachte er eine Pause völlig allein, fiel ihm auf. Jamie quatschte schon wieder mit Eric Wu; diesmal war wenigstens Emily nicht dabei. Colin war bemüht, durch Schweigsamkeit aufzufallen, und lief nun beobachtend durch die Gänge. Als Nick ihn zuletzt gesehen hatte, war ein Mädchen aus einer der unteren Klassen Gegenstand seines Interesses gewesen – sie hieß Laura, wenn Nick sich nicht irrte. Und sie hatte ein kleines Paket bei sich getragen.
    Er sah auf die Uhr. Noch fünf Minuten bis zur nächsten Stunde, gerade noch Zeit, um aufs Klo zu gehen.
    Die Toilette war Schauplatz einer hitzigen Diskussion. Nick, der den Türgriff schon in der Hand gehabt hatte, trat einen Schritt zurück.
    »… darf ich nicht und das weißt du. Lass mich in Ruhe.«
    »Aber das ist doch nicht logisch! Kopier es mir noch einmal und ich kann es wenigstens versuchen, ich verrate es auch niemandem.«
    »Ich habe Nein gesagt.«
    »Boa, bist du fies! Es ist überhaupt nichts dabei und das weißt du!«
    »Eben nicht. Wieso soll ich deinetwegen die Regeln verletzen? Du weißt, er kommt dahinter. Er kommt immer dahinter.«
    Die Tür flog auf und ein Junge, dessen Namen Nick nicht kannte, stürmte heraus. Direkt hinter ihm kam einer der jüngeren Schüler, Martin Garibaldi, dessen Brille schief saß und der knallrot im Gesicht war.
    »Warte gefälligst!«, rief er und lief hinter dem anderen her.
    Nick sah den Streitenden zu, wie sie sich ihren Weg durch die Schüler in der Pausenhalle bahnten. Es war ganz leicht zu erkennen, wer ein Spieler war und wer nicht: Die Nicht-Spieler wirkten erstaunt, die Spieler grinsten und zuckten mit den Schultern. Als Nick sich abwandte, entdeckte er, dass Adrian McVay neben ihm stand und darauf wartete, bemerkt zu werden.
    »Hi, Adrian.« Der Anblick des Jungen berührte ihn immer eigenartig. Er war vom Leben heftig angerempelt worden und man sah es ihm an. Da fehlte ein Schutzwall, eine coole Fassade. Etwas in Nick wollte sich jedes Mal mit ausgebreiteten Armen vor Adrian stellen.
    »Kann ich dich etwas fragen, Nick?«
    »Klar.«
    »Was ist auf den DVDs, die ihr hin und her tauscht?«
    Nick holte Luft und sagte das Erste, was ihm einfiel. »Wir tauschen nicht hin und her.«
    Sehr wahr. Wir kopieren und verbreiten, das ist etwas ganz anderes, nicht?
    »Ach, na gut. Aber die Leute stecken sich gegenseitig DVDs zu. Kannst du

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