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Erfindung der Violet Adams

Erfindung der Violet Adams

Titel: Erfindung der Violet Adams Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Rosen
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zwölf Jahre alten Ernest gesagt, der ein Raumschiffmodell in der Hand hielt, das sich sein Vater ansehen sollte. »Wir wissen nicht, wie es zwischen den Sternen aussieht. Wie dünn der Äther ist. Wird das Durchfliegen des Äthers Wellen im gesamten Weltraum auslösen, die auf unsere Erde drücken? Nein, wir bleiben besser hier. Erobern diese Welt; danach können wir uns der Leere zuwenden, die sie umgibt.«
    Ernest bekam nie die Projekte seines Vaters zu Gesicht, bevor sie nicht auch der Öffentlichkeit vorgestellt wurden, sodass er keine andere Möglichkeit sah, das Genie seines Vaters in sich aufzunehmen, als ihm seine wenigen Ideen zu präsentieren – und sich seine Kritik anzuhören – , obwohl er nicht wusste, ob das funktionierte. Sein Vater schien immer irgendeine große Erfindung, ein Kunstwerk oder einen Sieg über die Natur samt eines ausführlichen Leitfadens zur Bedienung der jeweiligen Erfindung wie aus dem Nichts zu produzieren. Ernest sah seinen Vater nie Nächte lang in einem Labor arbeiten, nie frustriert die Faust auf den Tisch schlagen, weil irgendeine Theorie sich nicht beweisen ließ. Daraus schloss Ernest selbst als Erwachsener, dass er nicht wie sein Vater war. Sein Vater war mehr Eroberer als Wissenschaftler. Ernest brauchte ein Labor, er musste sich Notizen machen, brauchte die Fehlschläge, bevor er auch nur hoffen konnte, etwas zu erschaffen, das es wert war, der Welt vorgeführt zu werden. Und er wusste nie, an was er als Nächstem arbeiten würde.
    Ihm war klar, dass die Welt außerhalb von Illyria den Blick auf ihn gerichtet hatte und gespannt darauf wartete, dass er seinem Vater gerecht wurde, weshalb er auch die Mauern von Illyria nicht verließ und sich nur auf der Ausstellung am Jahresende zeigte, wenn die Aufmerksamkeit sich auf die Arbeiten der Schüler richtete. Er nahm nie an wissenschaftlichen Diskussionen teil und lehnte grundsätzlich Einladungen zu Partys ab, auf denen von ihm erwartet werden würde, dass er über seine neuen Theorien und Erfindungen sprach. Sein Leben fand in Illyria statt, und das sollte auch so bleiben. Er wartete und spürte, wie die unerfüllten Erwartungen der Welt ihn herunterzogen, ihn matter und matter werden ließen, weiter und weiter dem Nichts entgegentrieben. Er war von Entsetzen erfüllt und sehnte doch den Tag herbei, an dem sie ihn auslöschen würden. Er sah zu, wie seine Schüler Erfindungen machten, während sein eigenes Labor, ein großer bronzener Raum mit Fenstern und jeder nur denkbaren Annehmlichkeit, leer stand.
    Bis zu diesem Jahr. Jetzt arbeitete er, war besessen von den Träumen seiner Jugend. Sie waren in Vergessenheit geraten, doch der junge Adams hatte ihn verjüngt – hatte es, ohne es selbst zu wissen, gewagt, ihn herauszufordern. In klaren Nächten stieg er hoch in sein Observatorium, trat zu den Uhrenstatuen hinaus und beobachtete lange und konzentriert die Verlockungen des Weltraums.
    »Was baust du da drinnen eigentlich?«, fragte Ada ihn bei einem ihrer sonntäglichen Besuche, als sie an der Tür zu seinem Labor vorbeikamen. Cecily ging hinter ihnen. Sie zog Shakespeare an einer goldenen Leine.
    »Ein Raumschiff«, antwortete der Duke lächelnd.
    »Oh«, sagte Ada und lächelte zurück. »Oh«, und dann lachte sie, bis sie sich vor Lachen an Ernests Schulter festhalten musste, um aufrechtstehen zu können. »Sehr gut«, meinte sie und tätschelte ihm die Wange. Sie lächelte vor sich hin und ging vor ihnen her. Cecily sah Ernest, der mit den Schultern zuckte, neugierig an.
    Es war kein mangelnder Ehrgeiz, der Ernest all die Jahre vom Arbeiten abgehalten hatte, noch ein Fehlen an Inspiration. Er suchte nie die Inspiration, da er fürchtete, dass das eine endlose Jagd werden könnte. Die Inspiration musste ihn finden. Sein Vater war immer inspiriert gewesen. Es war Teil seines Genies. Der Duke versteckte sich und seine Wissenschaft, weil er wusste, dass er nicht sein Vater war, doch an diesem Geheimnis wollte er nicht die ganze Welt teilhaben lassen.
    Aber die Raumfahrt! Unmöglich, hatte sein Vater gesagt. Wenn Ernest versuchte, etwas zu erschaffen, das sein Vater für unmöglich erklärt hatte, bestand keine Möglichkeit zum Vergleich mit ihm; er würde seinen Vater nur bestätigen oder widerlegen.
    Trotzdem. Manchmal wünschte er wirklich, der Sohn seines Vaters zu sein, wünschte, er könnte sich etwas in den Kopf setzen und es erschaffen, mühelos, selbst ohne ein Labor zu benutzen. Einmal hatte er Ada gefragt,

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