Erfindung der Violet Adams
es nicht ganz, eher die Herrscher. Ernest biss die Zähne zusammen und runzelte die Stirn. Diese Fahne erschien ihm wie eine Verhöhnung von allem, was er an Illyria liebte.
Unter der Fahne stand ein Pult, auf dem ein offenes Buch lag. Ernest trat näher, blies eine Staubschicht fort und studierte die oberste Seite – eine Namensliste:
Algernon Illyria * Pierre Frett * Gremio Walle
John Snow * Jan Weever * Tarquin Whittaker
Alfred Kingsberry * Adam Volio * Beau Dogberry
Henry Voukil * Orlando Canterville * Uriel Barbicane
Marcus Pluris * Marcellus Knox * Walford Cowper-Cowper
Arnost Bonne * Randall Grey * Kingston Pontefract
Langston Verges * Franz Umney * Howard March
Abelard Alroy * Quimby Rastail * Daniel Ghatan
Ernest kannte einige der Namen: den seines Vaters und die einiger Professoren, die vor Jahren in Illyria gelehrt hatten. Viele der Namen, die er kannte, gehörten Männern, die inzwischen tot waren. Der ersten Seite nach zu urteilen, handelte es sich um ein Manifest irgendeiner Art, aus dem hervorging, dass die Gruppe gegründet worden war, um die Welt zu regieren, um der Menschheit zu deren eigenem Besten ihren überragenden Intellekt aufzuzwingen. An vielen Stellen waren Sätze verändert, Dinge durchgestrichen und andere zwischen die Zeilen geschrieben. Das Manifest war über die Jahre ganz eindeutig verändert worden. Danach folgten monatliche Versammlungsprotokolle, jedes in einer anderen Handschrift. Es gab Notizen über den Fortschritt der Experimente verschiedener Mitglieder, Notizen zu Diskussionen unter den Mitgliedern der Gruppe, Notizen, wie man die Königin stürzen und Irland am besten erobern könnte. Alle Protokolle trugen ein Datum, endeten jedoch ungefähr ein Jahr vor dem Tod seines Vaters. Es schien, als hätte sich die Gruppe zu diesem Zeitpunkt aufgelöst. Die Mitglieder kamen nicht mehr zu den Versammlungen, einige wurden ausgeschlossen, und andere verschwanden auf mysteriöse Weise, wurden wahrscheinlich Opfer der Machenschaften der der anderen Mitglieder. Die restlichen Seiten des Buchs waren leer.
Als Ernest mit dem Buch fertig war, stieg er die Wendeltreppe in der Mitte des Turms hoch. Jede Ebene war offen zu den Stockwerken darunter und schmiegte sich an die Wände, mehr wie ein Balkon als ein Stockwerk. In einem befand sich eine Bibliothek, in einem anderen waren Vorräte wie Flaschen mit Chemikalien und in Gläsern schwimmenden Augen, menschlichen Augen, gelagert. In einem weiteren gab es eine riesige Platte mit Armfixierungen und verschiedenen Drähten, die daran angebracht waren, und darauf lag ein einzelner menschlicher Knochen. Ein anderes Stockwerk war voller Zahnräder und Metallteile und hatte einen großen Schmiedeofen. Und in einem weiteren standen eine kleine Rechenmaschine sowie eine zweite, die halb auseinandergenommen oder nur halb zusammengesetzt worden war. Ganz oben waren die Violine und das Klavier, die beide von mechanischen Händen gespielt wurden und völlig verstimmt waren. Ernest blickte aus einem der Fenster des obersten Stockwerks. Es hatte einen Sprung, durch den ein starker Zug blies und ihm ins Haar fuhr. Er stand in einem Turm mitten auf dem Land, doch wo oder in welcher Gegend konnte er nicht sagen. Alles war grün, Wälder und Ebenen erstreckten sich in alle Richtungen. Nirgendwo waren Anzeichen von Menschen zu sehen, nur eine herumlaufende Kuh, die wahrscheinlich von einer Farm in der Nähe ausgerissen war.
Einen ganzen Tag lang erkundete er den Turm. Überall lagen Notizbücher von seinem Vater – stapelweise, alle akribisch geführt, sehr viel detaillierter als Ernests Notizen. Ernest las alle in einem riesigen staubigen Sessel im obersten Stockwerk, und als er fertig war, hatte er etwas begriffen: Sein Vater war nicht das Genie gewesen, das Ernest in ihm gesehen hatte. Sicherlich ein Genie, doch das, von dem Ernest geglaubt hatte, das es ihn zu etwas Besonderem machte – seine Fähigkeit, seine Erfindungen anscheinend bereits perfekt aus dem Ärmel zu schütteln, als wäre ihm einfach so die Idee gekommen und er hätte nur noch überlegen müssen, wie sie umzusetzen war –, gab es nicht. Sein Vater hatte mindestens ebenso hart und lange arbeiten müssen wie Ernest, bevor er eine Erfindung auch nur angekündigt hatte. Er hatte seine Arbeiten bewusst geheim gehalten, um den Glanz seines Genies und seines geheimnisvollen Rufs noch heller strahlen zu lassen.
Ernest fand philosophische Notizen, die an den Rand der Notizbücher
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