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Erfolg

Erfolg

Titel: Erfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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schmackhafte Speisen, in riesigen Quantitäten. Hier im Licht von Berchtoldszell doppelt deutlich sah Tüverlin die Ähnlichkeit zwischen Vater und Sohn. Der Volksschlag, in allen Wirrnissen, blieb der gleiche. Immer ähnlicher wurde der Benno Lechner dem Alten, immer ähnlicher der Simon Staudacher dem Alten.
    Klenk, der, verkrochen in seinem Dachsbau, selten Gäste sah, freute sich seiner Besucher. Er schimpfte auf den Simon, der blöderweise von seinen Wahrhaft Deutschen nicht abließ und mit Justament und Jetzt erst recht an ihnen festhielt. Im Grund gefiel ihm diese Gewalttätigkeit. Zur Zeit hatte es der Junge mit der Säuberung der Partei. Er hatte mit dem Toni Riedler angebandelt. Das war nicht einfach, da standen sich zwei Saftige gegenüber. Der Alte, der so oft selber mit dem Landsknechtführer herumgerauft hatte, bekam einen verdächtigen Glanz in die Augen, daß jetzt der Junge den Streit fortsetzte. Ohne Rücksicht auf Tüverlin gab er dem Simon Ratschläge, wie er am besten dem Toni Riedler an den Kragen könne. Tüverlin dachte an den sterbenden König David. »Daß ich Joab dir empfehle / Einen meiner Generäle. / Du, mein Sohn, bist fromm und klug / Gottesfürchtig, stark genug/ Und es wird dir leicht gelingen / Jenen Joab umzubringen.«
    Klenk hatte geflissentlich das Gerücht, er schreibe an seinen Erinnerungen, in München verbreiten lassen. Er hatte gemerkt, wie unbehaglich es seinerzeit dem Kutzner war, als er davon anfing, und es machte ihm Spaß, wie jetzt diese Erinnerungen, eine bedrohliche Wolke, über vielen Köpfen hingen und aus vielen Betten den Schlaf vertrieben. Denn er hat mit vielen Menschen zu tun gehabt, auch galt er nicht als ein sanfter Heinrich, und man wird kaum vermuten, daß seine Erinnerungen rosa und himmelblau sein werden. Tüverlin bezweifelte, daß Klenk wirklich daran schreibe. Kutzner hatte mit einer leeren Schublade den Mut seiner Anhänger gestärkt: zu diesem Klenk hätte es gepaßt, daß er seine Feinde schreckte mit angeblichen Memoiren in einem leeren Schubfach. Ihn interessierte, ob was Wahres an dem Gerücht sei. Der Simon mußte bald in die Stadt zurück. Kaum war er mit dem Klenk allein, suchte er ihn auszuholen. Doch der sagte nur, ja, es stimme, er arbeite an seinen Erinnerungen.
    Er hätte gern mehr gesagt. Als er seinerzeit dem Kutzner davon geredet hatte, war das nur eine Hetz gewesen. Dann aber hatte ihn der Wunsch gepackt, es den andern zu geben, sie zu ärgern, und nun war die Schublade ziemlich voll. Klenk hatte keinen schriftstellerischen Ehrgeiz, aber er fand, was er da gemacht hatte, den andern zum Leid, sich zum Spaß, das war eine saftige Sache geworden, und eigentlich hätte er gern diesem Jacques Tüverlin etwas davon gezeigt. Aber Otto Klenk hatte seinen Stolz, er begnügte sich mit einem trockenen Ja.
    Wechselte gleich den Gegenstand. Fragte, wie es also sei, ob der Herr Tüverlin mit sich reden lasse wegen des Termins der bewußten Wette. Tüverlin saß an dem ungefügen Holztisch, blinzelte hinüber zu Klenk. Er schlage den 7. Juni des nächsten Jahres vor, sagte er dann. »Noch ein volles Jahr«, überlegte Klenk; »das wären dann insgesamt neunzehn Monate.« – »Neunzehn Monate«, gab Tüverlin zu bedenken,»sind keine lange Zeit, um einem Leichnam die Zunge zu lösen.« – »Na schön«, schlug Klenk ein, und es war abgemacht.
    Ob man was hören dürfe, fragte er gemütlich weiter, über die Arbeit, die Tüverlin gewissermaßen auf dem Halm an ihn verwettet habe. Tüverlin, mit den rötlich überflaumten Händen, umständlich, säbelte sich ein Stück des derben, dunkeln Brotes ab, bestrich es mit Butter. Dann, gleich nach dem Klenk, schnitt er nach dem Landesbrauch einen Rettich in Scheibchen, beizte ihn mit Salz, wartete, bis die Wurzel fertig zum Genuß sei. »Ich glaube, Klenk«, sagte er mit seiner gequetschten Stimme, »ich glaube, Sie verrechnen sich. Ich glaube, eben mein Buch wird bewirken, daß der Tote den Mund aufmacht.« Klenk ließ die Hand, die einen Bissen zum Munde führen sollte, auf halbem Wege sinken. »Sie schreiben ein Buch über das Land Bayern?« fragte er. »Sie schreiben also auch gewissermaßen Erinnerungen?« – »Wenn Sie so wollen«, erwiderte freundlich Tüverlin. »Ich drücke mich aus, wie ich Ihnen schon einmal auseinanderzusetzen die Ehre hatte.« – »Und davon versprechen Sie sich einen Erfolg?« sagte Klenk. »Einen politischen Erfolg? Eine Änderung?« Sein langer, braunroter Schädel

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