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Erfrorene Rosen

Erfrorene Rosen

Titel: Erfrorene Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Kilpi
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handelt. In Ollis Augen und Gedanken ist sein Vater mausetot. Dass sein Herz noch schlägt, spielt überhaupt keine Rolle. Jahrelang hat Olli sich zielstrebig bemüht, den Vater aus seiner Erinnerung und seinem Gemüt zu vertreiben, die Schlacken auszuscheiden, aber jetzt kommt es ihm vor, als sei alle Anstrengung vergeblich gewesen. Ein Wunder ist geschehen, eine schmerzhafte, qualvolle, aufreibende Auferstehung, und da steht der Vater nun wieder, umweht von einem eisigen Hauch aus dem Tal der Tränen. Olli läuft es kalt den Rücken herunter.
    Erinnerungsbilder fluten über ihn hinweg. Oder eigentlich keine Bilder, sondern Gefühle. Als Erstes eine unerklärliche Furcht, dann blitzt Irrsinn auf, ein vom Wahn verzerrtes Gesicht, das dem seines Vaters ähnelt. Olli versucht, die Erinnerungen abzuschütteln, doch sie hängen an spitzen Haken tief in seinem Fleisch. Schnapsgeruch, der nicht von außen kommt. Er steigt aus Olli auf, aus seinen Erinnerungen, aus dem Vater. Roher, abgestandener, in die Haut eingedrungener und von dort feucht-modrig aufsteigender Fuseldunst. Ein widerlicher Gestank.
    »Noch nicht mal einen ganzen Tag in der Stadt und schon muss dein Vater dir aus der Klemme helfen«, zerschneidet die Stimme des Besuchers schließlich die Stille.
    Olli schrickt auf und sieht seinen Vater an. Plötzlich überkommt ihn ein unüberwindlicher Drang, sich zu schnäuzen. Sich so heftig zu schnäuzen, dass es dröhnt. Aber der Geruch würde trotzdem haften bleiben. Olli hätte beinahe Lust, sich die Nase abzuschießen.
    Das Gespräch, das der Vater eingeleitet hat, findet keine Fortsetzung. Er tritt näher, während Olli sich an die Fensterbank lehnt, an der er bei seinem hastigen Rückzug Halt gefunden hat. Bequem steht er da nicht, aber das ist nebensächlich angesichts der Tatsache, dass er sich nicht unbehaglicher fühlen könnte. Welche Strategie soll er jetzt wählen? Vielleicht wäre es das Klügste, sich jeder Kommunikation zu enthalten, jede Reaktion zu vermeiden und vor allem darauf zu achten, dass er seinem Vater keinen Anlass zu irgendwelchen Reaktionen gibt. Ihm möglichst wenig Angriffsfläche bietet.
    Plötzlich bemerkt Olli das Foto von Anna und Eetu. Er blickt zu seinem Vater, der in dem Moment gerade durch das schmutzige Fenster nach draußen späht, und eine Sekunde später liegt der Rahmen mit der Bildseite nach unten auf der Fensterbank.
    »Du hast mich aber schnell gefunden«, stellt er fest, um die Aufmerksamkeit seines Vaters abzulenken.
    »War nicht so schwer. Ich hab dein Leben verfolgt. Hättest du wohl nicht gedacht«, sagt der Vater und sieht Olli wie zur Bestätigung in die Augen.
    Olli muss seinen Blick abwehren.
    »Mit der Bullenschule hast du mich überrascht, das muss ich zugeben. Ich hatte dich für schlauer gehalten«, fährt der Vater fort, legt den Kopf in den Nacken und bedenkt Olli mit einem vorwurfsvollen, hochmütigen Blick.
    Die Äußerung, die Körpersprache und der Blick bringen Olli in Rage. Er ist drauf und dran zu explodieren. Woher zum Teufel nimmst du das Recht, mir zu sagen, was schlau ist und was nicht?, hämmert es in seinem Kopf. Er schafft es jedoch, den Krach in seinem Innern zu halten. Er darf dem Feind nicht den Triumph gönnen, sich zu einer Keilerei provozieren zu lassen. In diese Falle rennt er nicht. Nicht mehr.
    Plötzlich wird Olli bewusst, dass sie sich seit Jahren zum ersten Mal wiedersehen. In dieser Zeit ist viel geschehen. Die Jahre sind nicht spurlos an seinem Vater vorübergegangen, sein Haaransatz ist stellenweise erheblich zurückgewichen. Doch Kilos und Fettringe hat er immer noch nicht angesammelt, die wie mit der Axt geschnitzten Gesichtszüge sind so kantig wie früher, von brutaler Härte. Von Alkohol ist auf den ersten Blick nichts zu merken, aber das hat nichts zu sagen. Olli ist ein wenig verwundert, weil sein Vater das uralte Märchen, er habe mit dem Trinken aufgehört, noch nicht über ihn ausgeschissen hat. Früher war das eins der ersten Gesprächsthemen, bevor er dann wieder zur Flasche griff.
    »Na, du musst es ja wissen. Eine schlechtere Wahl hättest du nicht treffen können«, stellt sein Vater sarkastisch fest. »Was steckt denn bloß dahinter? Die Firma ist doch ganz groß im Kommen. Da hättest du so richtig Geld machen können.«
    »Wie kommst du darauf?«, zweifelt Olli die Informationen seines Vaters an.
    Der Vater würdigt ihn keiner Antwort, aber sein Blick besagt, der Junge solle gefälligst keine dummen Fragen

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