Erfrorene Rosen
Arschloch ist. Ein verschwitztes, nikotingesättigtes Wrack, das Stripteaselokale, Imbissstuben und deren Kombinationen frequentiert. Und wer weiß, was er sonst noch alles tut, Dinge, die Olli sich nicht einmal vorstellen kann.
Tossavainen beißt wieder von seiner Pastete ab, wobei ihm ein Stück senfverschmierte Salzgurke auf die Jacke fällt. Olli hält es nicht für nötig, ihn darauf aufmerksam zu machen. Irgendwie scheint es ihm passend, dass die Gurkenscheibe dort liegt.
»Was hast du eigentlich vorher gemacht?«, fragt Tossavainen plötzlich. »Vor der Polizeischule? Irgendwo musst du doch schon gearbeitet haben, so jung bist du ja nicht mehr.«
»Mmh.« Olli zaudert, denn eine ehrliche Antwort auf diese Frage bringt ihn in eine ausgesprochen unangenehme Lage. »Ich war AD in einer Werbeagentur.«
»Aha«, schnauft Tossavainen. »Und was bedeutet das?«
»Ich hab Reklame entworfen, Werbekampagnen, Produktlancierungen und so.«
»Klingt nach Geld.«
»Na ja, ich hab ganz gut verdient.«
»Wie gut?«
»Ähm … Drei- bis viermal so viel wie jetzt«, entgegnet Olli zögernd und traut sich kaum, Tossavainen ins Gesicht zu sehen.
Tossavainen hat aufgehört zu kauen. Er starrt Olli fragend, ungläubig an, erwartet offensichtlich noch etwas.
»Das war das Grundgehalt, um genau zu sein«, fährt Olli fort. »Bei großen Kampagnen kam noch ein Bonus drauf.«
Tossavainen starrt ihn immer noch an wie eine göttliche Erscheinung. Was Olli gerade gesagt hat, ist unfassbar. Es will ihm einfach nicht in den Kopf. Folglich wird er sich darüber auch nicht den Kopf zerbrechen. Ollis Angelegenheiten gehen ihn schließlich nichts an. Wenn jemand sich kasteien will, soll er.
»Du musst wissen, was du tust«, brummt Tossavainen und nimmt einen tiefen Schluck aus der Milchpackung.
Olli hat nicht damit gerechnet, so leicht davonzukommen. Das macht ihm Tossavainen nicht verständlicher. Ist dessen ostentative Gleichgültigkeit gut oder schlecht?
»Ein paar Dinge noch«, wechselt Tossavainen das Thema, während er die letzten Krümel seiner Pastete herunterschluckt. »Kümmer dich um deine Füße. Kauf dir vernünftige Schuhe. Wenn es deinen Füßen gut geht, geht es dir auch gut. Das ist das Erste. Und zweitens: Es lohnt sich nicht, aus jeder Angelegenheit eine Prestigefrage zu machen.«
Olli runzelt die Stirn. Vermutlich spielt Tossavainen auf seinen ersten Einsatz bei einem Familienstreit an und auf das Fiasko, das dabei herauskam. Olli kann Kritik vertragen, aber seit diesem Einsatz ist schon eine ganze Weile vergangen. Ist es nötig, die alte Geschichte wieder aufzuwärmen?
»Du gehst ganz offensichtlich davon aus, dass jedes Problem behoben ist, wenn du in voller Polizeimontur auftauchst«, fährt Tossavainen fort. »Du setzt voraus, dass die Leute das Abzeichen auf deiner Schulter respektieren, ganz egal, was du tust oder wie die Lage ist. Wenn dir jemand widerspricht, verstehst du es nicht.«
Tossavainen wirft die fettige Serviette in den Mülleimer neben dem Wagen und starrt nachdenklich vor sich hin.
»Nicht alle fügen sich gleich beim ersten Räuspern deinem Willen, bloß weil du Polizist bist. Und das brauchen sie auch nicht. Wenn du dich darüber aufregst, bist du die ganze Zeit damit beschäftigt, dich zu streiten. Außerdem wächst auf die Weise sehr schnell eine lange Schlange von Typen, die dir die Fresse polieren wollen. Ob du’s glaubst oder nicht, manche tun das wirklich. Und zwar gründlich. Polizeiarbeit ist hauptsächlich Kontaktpflege. Auch ein harter Kerl versteht, was man ihm sagt, aber wehe, du versuchst, ihn zur Sau zu machen. Da haut er irgendwann zurück. Wenn er hart genug ist, wird er deine Härte auf die Probe stellen. Deine Autorität auf die Probe stellen«, betont Tossavainen und sieht Olli forschend an. »Und wenn an jeder Ecke so einer auf dich lauert? Mit Fairplay kommt man auch mit schlimmen Kerlen zurecht, da braucht man keine Riesenmuskeln. Die Burschen kennen die Spielregeln.«
Tossavainen macht eine kleine Pause und tastet mit der Zungenspitze nach Essensresten zwischen den Zähnen, bevor er weiterredet: »Und dann noch die letzte Regel, die allerwichtigste: Vergiss nicht zu fragen.«
»Fragen?«
»Wenn du das vergisst, dann hörst du auf zu lernen. So ist das. Frage, dann bekommst du Antworten.« Tossavainen steckt sich eine Zigarette zwischen die Lippen, zündet sie an und blickt vor sich hin, gibt Olli Zeit, das Gehörte zu verdauen. Er dreht das Seitenfenster
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