Erfrorene Rosen
Zeug, wenn es so empfindlich ist?«, fragt Olli.
»Weil es so leicht herzustellen ist und man dem Täter praktisch nicht auf die Spur kommen kann«, antwortet Jaakko wie aus der Pistole geschossen. »Eine Stippvisite in der Eisenwarenhandlung und in der Apotheke, mehr braucht man nicht, um eine gewöhnliche Peroxidbombe herzustellen.«
Schweigend betrachten die Männer die Beweisschnipsel. Olli zählt in Gedanken nach, wie viele neue Gründe für eine Sprengstoffallergie ihm in dieser kurzen Zeit geliefert worden sind. Plötzlich zuckt er zusammen und stiert mit leerem Blick vor sich hin, vollkommen unzugänglich für die Außenwelt.
Tossavainen beobachtet ihn aufmerksam. Offenbar kommt dem Jungen gerade wieder eine Idee.
»Wir müssen gehen«, sagt Olli geistesabwesend und sieht Tossavainen an.
Es ist eine tröstliche Feststellung, dass selbst das energischste Duracell-Häschen irgendwann einmal rastet. Ilomäki hockt nicht an seinem Schreibtisch, er hat einen freien Tag. Gut so, denn eine Begegnung mit ihm könnte momentan unangenehme Folgen nach sich ziehen.
Olli kramt die Videokassetten von den Überwachungskameras hervor. Die gesuchte liegt zuunterst, klar. Tossavainen sitzt etwas weiter weg und schaukelt auf dem Bürostuhl, als könne ihn nichts erschüttern. Er versteht es, seine Welt zu organisieren. Er macht sich Sorgen, wenn es nötig ist. Er ist verblüfft, wenn es nötig ist. Er wird wütend, wenn es nötig ist, aber nur dann. Er hat sich im Griff.
Olli fummelt an dem Videogerät herum. Er bringt es nicht fertig, Ruhe zu bewahren. Gerade jetzt geht ihm alles viel zu langsam. Ungeduldig spult er das Band vor und zurück, ohne genau zu wissen, in welcher Richtung er suchen muss.
Auf dem Tisch liegen ein Stapel Fotos und ausgedruckte Videobilder. Es sind die Aufnahmen, die Olli seinem Vater und Ilomäki gezeigt hat. Und gerade eben auch Tossavainen.
Olli guckt über die Schulter und lächelt Tossavainen nervös zu. Der reagiert gar nicht, wartet einfach nur geduldig. Mit einem Blick ins Büro vergewissert Olli sich, dass sie ungestört sind. Stopp! Er hat die Stelle gefunden. Langsam ein Stück zurück. Nun erwacht auch Tossavainens Interesse. Er rückt seinen Stuhl näher heran.
»Da«, verkündet Olli im Flüsterton, so aufgeregt, als enthülle er ein großes Geheimnis.
Die Aufnahmesequenz zeigt die Eisenwarenabteilung des Kaufhauses. Olli spult das Band Bild für Bild vorwärts. Ein Mann in einem dunklen Mantel tritt ins Bild.
Tossavainen nimmt den Print aus der Schuhabteilung zur Hand und vergleicht. Es könnte sich tatsächlich um denselben Mann handeln.
»Dieses Band hatte ich mir als Erstes angesehen, aber da wusste ich noch zu wenig, um eine Verbindung herzustellen.«
Olli lässt das Video in normalem Tempo weiterlaufen. Der Mann schlendert zwischen den Regalen herum, bleibt dann beim Malerbedarf stehen, wo er verschiedene Flaschen zur Hand nimmt und wieder zurückstellt. Nur Flaschen, keine Dosen. Die Flaschen enthalten Verdünner. Dann geht der Mann weiter, bleibt an einem Regal stehen, in dem verschiedene Filter aufgestellt sind. Er untersucht sie, sieht sich um und geht ein Stück weiter zu den Akkus. Nachdem er sich diese genau angesehen hat, macht er einige Schritte und stoppt plötzlich am Ende eines Regals. Dort sind Kühltaschen aufgebaut, die zum Sonderpreis angeboten werden. Anschließend verlässt er die Abteilung.
Olli hält das Band an und spult ein wenig zurück, bis der Mann rückwärts wieder ins Bild tritt.
»Was hat Jaakko gesagt, wo man die Zutaten für eine Internetbombe bekommt?«
Tossavainen muss nachdenken. Vielleicht hat er nicht in jeder Sekunde aufmerksam zugehört. Plötzlich fällt es ihm ein: im Eisenwarengeschäft und in der Apotheke. Nun versteht er auch, weshalb Olli ihm das Video zeigen wollte.
»Ich wage zu behaupten, dass die Sachen, bei denen er stehen geblieben ist, das Rohmaterial für die Bombe waren«, erklärt Olli.
Tossavainen nimmt sich die Aufnahmen aus der Schuhabteilung noch einmal vor. Was er darauf sieht, gefällt ihm nicht.
»Wenn das stimmt, was fehlt dann?«, fragt er.
»Fehlt?«
»Was fehlt auf diesen Bildern?«, präzisiert Tossavainen.
Olli sieht sich die Aufnahmen genau an, kann aber nichts entdecken.
»Er war doch zuerst in der Eisenwarenabteilung und dann bei den Schuhen, oder? Warum hat er sich bei den Eisenwaren rumgetrieben, aber nichts gekauft?«, fragt Tossavainen. »In der Schuhabteilung hat er jedenfalls
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