Eric
nacktes, idiotisches Entsetzen hinderte ihn
daran. Er machte den Fehler, sich nach dem Verfolger umzusehen. Es war der letzte Fehler seines Lebens.
»Erinnerst du dich an deine Truhe?« fragte der Papagei.
»Was ist damit?« erwiderte Rincewind.
»Sie kommt her.«
Die Priester beobachteten das laufende Etwas tief unten. Truhe hatte
eine ganz einfache Strategie, um mit Dingen fertig zu werden, die sich
zwischen ihr und dem Ziel befanden: Sie schenkte ihnen keine Beachtung.
Quezovercoatl wählte genau diesen Augenblick, um auf der Pyramide
zu materialisieren. Die Entscheidung fiel ihm nicht leicht und stand in
krassem Gegensatz zu allen seinen Instinkten – er hätte sie sicher nicht getroffen, wenn ihm bekannt gewesen wäre, was in der realen Welt
passierte.
Mehrere Priester bemerkten ihn und ließen ihre Messer fallen. »Äh«, quiekte der Dämon.
Andere Priester drehten sich um.
»Na schön«, heulte Quezovercoatl und wölbte winzige Hände trichterförmig vor dem größten Mund. »Bitte hört mir jetzt genau zu…« Die Angelegenheit war ihm sehr peinlich. Er hatte großen Gefallen
daran gefunden, Gott der Tezumaner zu sein. Der hingebungsvolle
Eifer, mit dem sie ihre religiösen Pflichten erfüllten, beeindruckte ihn
sehr, und voller Stolz dachte er an die Statue in der Pyramide. Sie war
ihm sehr ähnlich, und er bedauerte, nun mit seinem Erscheinen darauf
hinweisen zu müssen, daß ein wichtiges Detail nicht stimmte. Seine Größe betrug nur fünfzehn Zentimeter.
»Also gut«, begann er. »Dies ist sehr wichtig…«
Unglücklicherweise erfuhr niemand, was so wichtig war. Die Beine
der Truhe drehten sich wie Propeller, als sie den obersten Stock der
Pyramide erreichte und auf den Platten landete.
Unter ihr quiekte es kurz.
Es ist eine komische Welt, meinte da Quirm. Eigentlich bleibt einem gar nichts anderes übrig, als über sie zu lachen, oder? Andernfalls schnappt man über, nicht wahr? Im einem Augenblick ist man an eine steinerne Tafel gefesselt und erwartet erlesene Folter. Im nächsten wird das Frühstück serviert, und man bekommt Gelegenheit, ein heißes Bad zu nehmen und die Kleidung zu wechseln. Nicht zu vergessen freies Geleit aus dem Königreich. Wenn solche Wunder geschehen, könnte man an einen Gott glauben.
Die Tezumaner wußten natürlich, daß es einen Gott gab. Besser gesagt: gegeben hatte. Derzeit bildete er einen kleinen und recht schmierigen Fleck auf der Pyramide. Was die Priester in eine schwierige Lage brachte.
Die Truhe hockte auf dem großen Platz in der Stadt. Die ganze Priesterschaft saß vor ihr und beobachtete sie aufmerksam, für den Fall, daß sie etwas Komisches oder Religiöses anstellte.
»Willst du sie zurücklassen?« fragte Eric.
»So einfach ist das nicht«, entgegnete Rincewind. »Für gewöhnlich folgt sie mir. Ich schlage vor, wir gehen jetzt. Mit langen Schritten.« »Aber wir nehmen den Tribut mit, oder?«
»Das halte ich für keine sehr gute Idee«, erwiderte der Zauberer. »Laß uns von hier verschwinden, solange die Priester nichts dagegen unternehmen. Ich fürchte, der Reiz des Neuen läßt bald nach.«
»Ich muß die Suche nach dem Jungbrunnen fortsetzen«, warf da Quirm ein.
»O ja«, bestätigte Rincewind.
»Ich habe ihr mein ganzes Leben gewidmet«, erklärte der Alte stolz. Rincewind musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Tatsächlich?« »Ja. Nahm mir nie für etwas anderes Zeit. Schon als Junge begann ich
mit der Suche.«
Das Gesicht des Zauberers verriet akute Verwirrung.
»Wenn das so ist…« Er sprach nun in jenem Tonfall, den man begriffsstutzigen Kindern gegenüber benutzt. »Wäre es nicht besser oder, äh, vernünftiger gewesen, wenn du rechtzeitig aufgegeben hättest, um…«
»Um was?« fragte da Quirm.
»Schon gut«, seufzte Rincewind. »Da fällt mir etwas ein. Um zu verhindern, daß du dich, äh, langweilst , schenke ich dir diesen wundervollen sprechenden Papagei.« Er griff rasch zu und achtete darauf, daß der Daumen nicht in die Nähe des Schnabels geriet. »Ein Geschöpf des Dschungels. Es wäre grausam, ihn dem Leben in der Stadt auszusetzen.«
»Ich bin in einem Käfig geboren, du blöder Dingsbums!« kreischte der Dämon. Rincewind beugte sich so weit vor, daß seine Nase fast den Schnabel berührte.
»Entweder fügst du dich, oder du wirst zu Frikassee verarbeitet«, zischte er. Der Papagei setzte zu einer Antwort an, bemerkte das finstere Gesicht des Zauberers und überlegte es sich anders.
»Polly möchte einen Keks«,
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