Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Titel: Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
Vom Netzwerk:
kümmerte es nicht. Nach und nach war das Gelage wieder erwacht. Geschickt wusste Thorbjörn die Stimmung zu lenken. Er ließ Messerschlucker, Tollpatsche und Sänger im Wechsel auftreten. Für jeden Geschmack hatte er eine Unterhaltung bereit und dankbar priesen die reichen Grundbesitzer und einfachen Bauern wie auch die Damen ihren neuen Goden.
    Erst gegen Abend kehrte Tyrkir zurück. Lärm schlug ihm entgegen. Die Tische im vorderen Bereich waren beiseite geschoben. Zwei Männer von ungleicher Statur maßen mit bloßem Oberkörper ihre Kräfte beim Ringkampf. Johlen und Rufe feuerten sie an.
    Niemand hat mich vermisst, stellte Tyrkir grinsend fest. Selbst mein Trinkmeister nicht. Der Waffenknecht hatte einem anderen Opfer den Arm um die Schulter gelegt, mit ernster Miene setzten sie gleichzeitig die Krüge an und nach gurgelndem Schlucken überprüfte jeder, wie leer das Gefäß des Saufkumpans war.
    Gern verzichtete Tyrkir auf seinen Holzklotz und setzte sich zu den Kleinbauern auf die Stufe. Jäh riss der Lärm ab. Gebannt folgte die Festgesellschaft dem Kampf. Gerade hatte der Muskelbepackte den Kopf des Kleineren in die Armzange genommen. Nur noch ein Ruck und er würde ihn zu Boden schleudern. Da hieb ihm der Gegner den Ellbogen in den Unterleib, traf gleichzeitig mit dem Knie die Kniekehle und befreite sich. Während der Große noch stöhnte, torkelte, nutzte der Kleine den Augenblick, aufbrüllend umklammerte er einen Fuß des Gegners und riss ihn nach hinten. Kein Halt mehr, mit der ganzen Körperfülle schlug der Muskelbepackte zu Boden. Unter Klatschen und begeisterten Zurufen wurde der Sieger zum Hochsitz geführt und erhielt von Thorbjörn ein mit Silberranken verziertes Trinkhorn.
    »Meine Gäste!« Der Gode breitete die Arme aus, bis Ruhe einkehrte. »Genug der Wettspiele.« Er tippte verheißungsvoll an die Nase. »Riecht ihr, was draußen in der Küche zubereitet wird? Fisch, ja, feinstes weißes Fischfleisch, so viel ihr essen könnt. Denn in keinem Jahr zuvor ist mir ein ähnlich großer Fang gelungen. Allein hätte ich es nicht geschafft. Dort sitzt der Mann, der unermüdlich mit mir hinausgefahren ist. Erik der Rote, mein Freund!« Er klatschte ihm zu, bis alle seinem Beispiel folgten.
    Etwas zwang Tyrkir, zu den Frauen hinüberzusehen. Kaum begegnete er Thjodhilds Blick, lächelte sie stolz. Wir denken das Gleiche, dachte er und nickte ihr zu. Ja, so soll es sein, unser Wikinger braucht Freunde, die sich offen zu ihm bekennen. Und wie er sich darüber freut. Das Blut stand dem Roten im Gesicht, als er sich von seinem Platz erhob und verlegen in die Runde grinste.
    Thorbjörn unterstrich mit einer Pause sein freimütiges Bekenntnis, ehe er fortfuhr: »Und nach dem Braten gestern will ich heute den ganzen Fang mit euch teilen.«
    Ein Hoch auf unsern Richter! Ein Hoch auf seine Großzügigkeit! Bescheiden lächelnd nahm er die Begeisterung hin. »Genug, Freunde, genug! Weiß ich doch, dass jeder von euch seine Gäste ebenso bewirtet. Bis die Schüsseln hereingebracht werden, dauert es noch eine Weile. Keine Kunststücke oder Wettkämpfe mehr, nein, lasst uns ruhiger die Vorfreude genießen. Lasst uns den Spielleuten und Sängern zuhören.«
    Das zustimmende Gemurmel zeigte, wie gerne die Gesellschaft, müde vom Bier, bereit war, auszuatmen und sich unterhalten zu lassen.
    »Fisch!« Der Ruf drang spitz durch die Halle. »Ja, Fische!«
    Alle Köpfe wandten sich in dieselbe Richtung. Askel der Magere war aufgesprungen. »Was versteht ihr beide schon vom Fischfang?«
    Ehe Thorbjörn ihn hindern konnte, zog er einen Klotz ans Langfeuer und stieg hinauf. »Hört meine Geschichte!«
    Zu spät, der Richter ließ sich in den Hochsitz fallen. Während eines Gelages hatte jeder Mann das Recht, eine Geschichte zum Besten zu geben, und ihn nach der Ankündigung noch daran zu hindern, wäre ein Verstoß gegen die Gastfreundschaft. »Wir sind gespannt, Askel.«
    »Brüder und Freunde!«, wandte sich der Magere an die Männer, er nickte den Frauen zu. »Ihr Schwestern. So hört!« Mit gestrecktem Finger wies er auf Thorbjörn. »Unser Gode rühmt sich, weil ihm ein großer Fischzug gelungen ist.« Er lächelte mitleidig. »Wie viele Morgen musste er hinausfahren? Eine Woche, nein, sicher mehr als einen Monat, und wie oft zappelten nur ein paar Fische in seinem Netz.«
    »Das ist keine Geschichte!«, rief Erik empört. »Wenn du unsern Gastgeber vor den Frauen nur verspotten willst, halt besser dein Maul!«
    Mit

Weitere Kostenlose Bücher