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Erinnerung Des Herzens

Erinnerung Des Herzens

Titel: Erinnerung Des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Langsam zog er wieder an der Zigarette, ohne sie aus den Augen zu lassen. Eve nahm wieder den Arm hoch und wimmerte ein bisschen, als seine Finger sich um ihr Handgelenk schlössen. Sie wollte sich losreißen und, wie das Drehbuch es vorschrieb und wie sie es bereits geprobt hatten, mit aller Kraft auf den Sessel einschlagen, der hinter ihm stand. Aber plötzlich warf er die Zigarette auf den Boden. Für alle Zeiten war ihr Blick von der Kamera festgehalten worden, dieser Blick, in dem sich Überraschung, Verstehen und Panik mischten, als er sie fest in seine Arme riss. Als er seinen Mund auf ihre Lippen presste, wehrte sie sich. Das galt weniger ihm, weniger seinen Armen, mit denen er sie rücksichtslos umklammert hielt, als vielmehr dem Aufruhr in ihrem Inneren, den er damit auslöste, und der nichts mit Susan zu tun hatte, aber alles mit Eve. Sie wäre glatt umgekippt, wenn er sie nicht festgehalten hätte. Es war ein grässliches Gefühl: Ihre Beine wurden ganz schwach, und sie hörte das Blut in ihren Schläfen dröhnen.
    Als er sie losließ, musste sie nach Luft ringen. Aus ihrem Gesicht war alle Farbe gewichen, und das war kein Trick der Beleuchtung oder des Make-ups. Ihr Mund stand halb offen, ihre Lippen zitterten. In ihren Augen glitzerten Tränen. Sie konnte sich nur deshalb noch an ihren Text erinnern, weil er so gut zu dem paßte, was sie empfand.
    »Du Bastard! Glaubst du, das genügt, damit eine Frau dir zu Füßen fällt?«
    Er grinste, aber dadurch wurde die Spannung, die in der Luft lag, in keiner Weise verringert. »Yeah.« Dann gab er ihr einen Stoß. »Setz dich und sei still.«
    »Ende. Himmel, Vic, was zum Teufel war das?« Der Regisseur kam auf sie zu.
    Victor bückte sich, hob die glimmende Zigarette auf und nahm einen Zug. »Ich hatte einfach das Gefühl, das wäre genau das richtige.«
    »Nun, es ist in Ordnung. Allmächtiger Herrgott, es ist wirklich gut geworden. Wenn ihr das nächste Mal einen Anfall geistiger Umnachtung habt, gebt mir bitte noch kurz vorher Bescheid, ja?« Er drehte sich zur Kamera um. »Es kann weitergehen.«
    Sie drehten noch drei Stunden lang. Das war ihr Beruf. Sie ließ sich nicht anmerken, wie mitgenommen sie war. Darauf war sie stolz.
    Später zog sie sich im Ankleideraum um. Jetzt musste sie sich wieder ihren eigenen Problemen stellen, nicht mehr denen von Susan. Sie hatte eine ganz raue Kehle, deshalb nahm sie gern den eisgekühlten Tee an, den ihre Assistentin ihr anbot.
    »Susan raucht zu viel«, sagte sie und lachte ein wenig. »Geh ruhig nach Hause. Ich will nur noch eine Zeitlang still hier sitzen und mich ausruhen.«
    »Sie waren großartig, Miss Benedict. Sie und Mr. Flannigan passen wunderbar zusammen.«
    »Yeah.« Gott möge ihr helfen. »Danke, Darling. Gute Nacht.«
    »Gute Nacht, Miss Benedict. Oh, hallo, Mr. Flannigan. Ich habe gerade gesagt, wie gut es heute gelaufen ist.«
    »Das hört man gern. Joanie, nicht wahr?«
    »Ja, Sir.«
    »Gute Nacht, Joanie. Bis morgen.«
    Er kam herein, und Eve blieb sitzen und beobachtete ihn im Spiegel. Sie entspannte sich ein wenig, als er die Tür offen ließ. Offenbar stand ihr nicht eine Wiederholung der Eröffnungsszene mit Tony bevor.
    »Ich dachte, ich sollte mich entschuldigen.« Aber in seiner Stimme klang keinerlei Bedauern mit. Eve schaute ihn weiterhin im Spiegel an und fragte sich, wann sie endlich diese Schwäche für anmaßende Schauspieler verlieren würde. Er nahm eine Bürste in die Hand und fuhr damit durch ihr schulterlanges Haar.
    »Für Ihren Anfall von geistiger Umnachtung?«
    »Weil ich Sie geküsst habe, obwohl das gar nicht im Drehbuch stand. Ich wollte es schon tun, als wir uns zum ersten Mal begegnet sind.«
    »Jetzt haben Sie es getan.«
    »Und jetzt ist es noch schlimmer.« Er fuhr sich durchs Haar. Es war noch immer dunkel und zeigte nur an den Schläfen einen ganz leisen Anflug von Grau. »Ich bin schon ein wenig über das Alter hinaus, in dem man Spielchen spielt, Eve.«
    Sie legte die Bürste beiseite und griff nach ihrem Glas. »Das ist kein Mann.«
    »Ich liebe dich.«
    Die Eisstücke schlugen klirrend aneinander, weil ihr die Hand zitterte. Sehr vorsichtig setzte sie das Glas ab. »Das ist doch lächerlich.«
    »Ich weiß, dass es so wirkt, aber es ist die Wahrheit. Von der ersten Minute an, in der wir zusammen waren.«
    »Es gibt einen Unterschied zwischen Liebe und Begehren, Victor.« Sie sprang auf und griff nach der Leinentasche, die sie immer ins Studio mitnahm. »Ich bin

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