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Erinnerung Des Herzens

Erinnerung Des Herzens

Titel: Erinnerung Des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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nahm sie ihn in die Hand. Ob es sich um eine Nachricht von Brandons Lehrer handelte? Als sie ihn aufgerissen und die kurze Botschaft überflogen hatte, spürte sie, dass ihr plötzlich kalt geworden war.
    Neugier ist der Tod der Katze.
    Es war einfach blöd. Wieder las sie die wenigen Worte und sagte sich, dass es eine reine Dummheit war, aber das Blatt in ihrer Hand zitterte. Wer schickte ihr eine solche Nachricht und warum? Sollte es eine Warnung sein - oder eine Drohung? Sie stopfte den Zettel in ihre Tasche. Es bestand kein Grund, sich von diesem Unsinn erschrecken zu lassen.
    Sie wartete noch einen Augenblick, um sich zu beruhigen, dann nahm sie das Tablett und ging hinaus. Paul hatte sich hingesetzt und unterhielt sich mit Brandon über die Lakers, eine bekannte Baseballmannschaft.
    »Wir haben einmal die Knicks gesehen«, erzählte ihm Brandon. »Mama hat damals nicht alles mitbekommen, aber sie ist ganz gut im Korbball«, fügte er entschuldigend hinzu.
    Paul blickte hoch, und sein Lächeln verschwand augenblicklich, als er ihr Gesicht sah. »Probleme?«
    »Nein. Zwei Kekse, Sportsfreund.« Brandon schaute schon begierig auf den Teller.
    »Mr. Winthrop hat viele Spiele gesehen«, berichtete er und stopfte sich den ersten Keks in den Mund. »Er kennt sogar Larry Bird.«
    »Wie schön.«
    »Sie hat keine Ahnung, wer das ist«, sagte Brandon in halbem Flüsterton und grinste Paul von Mann zu Mann zu. Dann spülte er den Keks mit einem großen Schluck Saft herunter. »Sie interessiert sich mehr für Mädchensachen.«
    »Zum Beispiel?«
    »Na ja«, Brandon suchte sich einen zweiten Keks aus, während er überlegte. »Wissen Sie, alte Filme, wo die Leute sich dauernd anschauen. Und Blumen. Sie ist vernarrt in Blumen.«
    Julia lächelte leicht. »Soll ich die Herren allein lassen bei ihrem Port und den Zigarren?«
    »Es ist ganz okay, Blumen zu mögen, wenn man ein Mädchen ist«, versicherte ihr Brandon.
    »Du, mein kleiner Chauvinist.« Sie wartete, bis er seinen Saft ausgetrunken hatte. »Die Hausaufgaben.«
    »Könnte ich nicht erst...«
    »Kommt nicht in Frage.«
    »Ich hasse diese langweiligen Vokabeln.«
    »Und ich hasse Mathe.« Sie strich ihm mit dem Finger über den Nasenrücken. »Mach das zuerst, dann helfe ich dir bei den Vokabeln.«
    »In Ordnung.« Er wusste, wenn er sie jetzt dazu überredete, bis nach dem Abendessen damit zu warten, würde sie das Fernsehen streichen. Ein Junge konnte nicht gewinnen. »Bis bald«, sagte er zu Paul.
    »Natürlich.« Paul wartete, bis die Tür zuknallte.
    »Ein netter Junge.«
    »Ja, das ist er. Es tut mir leid, aber ich muss hineingehen und seine Schularbeiten überwachen.«
    »Nur noch eine Minute.« Er stand auf. »Was ist passiert, Julia?«
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
    Er legte ihr die Hand unters Kinn. Seine Finger waren warm, fest und an den Spitzen rau von irgendeiner Arbeit oder einem Männersport. »Einigen Menschen kann man ihre Gefühle direkt an den Augen ablesen. Sie haben einen tüchtigen Schreck bekommen. Wodurch?«
    Sie war ganz und gar nicht glücklich über ihr dringendes Verlangen, es ihm zu erzählen. Seit über zehn Jahren war sie mit ihren Problemen allein fertiggeworden. »Lange Divisionsaufgaben jagen mir immer einen Schreck ein.«
    Enttäuscht ließ er die Hand sinken. »In Ordnung, Sie haben vermutlich keinen Grund, mir zu vertrauen. Rufen Sie mich an, damit wir für das Interview einen Termin vereinbaren können.«
    »Mach ich.«
    Als er zum Hauptgebäude zurückging, ließ sie sich in den Sessel sinken. Sie brauchte keine Hilfe, weder von ihm noch von sonst jemand, weil alles in Ordnung war. Mit ruhigen Händen zog sie das Blatt aus der Tasche, glättete es und las es noch einmal.
    Dann stand sie auf. Es war immer ein Fehler, sich auf andere zu verlassen, ein Fehler, den sie nicht machen würde. Aber sie wünschte sich, Paul Winthrop hätte sich für ein gemütliches Plauderstündchen am Nachmittag einen anderen Platz ausgesucht.
    Während sich Brandon oben im Bad selber eine Wasserschlacht lieferte, goss sich Julia ein Glas von dem Pouilly Fume ein, den Eve hier herübergeschickt hatte. Aber selbst als sie den hellen Wein aus einem Kristallglas trank, machte sie sich noch Sorgen wegen des Zettels in ihrer Tasche.
    Ob er von Paul stammte? Sie dachte gründlich darüber nach, verwarf den Gedanken dann aber. Ein Mann wie Paul Winthrop ging viel direkter vor. Sie hatte keine Ahnung, wie viele Leute heute durch das schwere Eisengitter

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