Erinnerung Des Herzens
entgelten.
»Ich Sag dir was. Ich habe oben ein Riesenbett stehen und eine große Badewanne mit heißem Wasser auf dem Oberdeck. Warum wollen wir nicht beides ausprobieren?«
Sie liefen hinauf, planschten in heißem Wasser und zogen die seidenen Bettlaken beiseite. Wie gierige Kinder konnten sie nicht genug voneinander bekommen, bis ihre Körper energisch ihr Recht verlangten.
Als Eve gegen mittag aufwachte, hatte sie Hunger. Neben ihr in dem riesigen Bett lag Rory, sein Gesicht in die Kissen vergraben. Sie drückte ihm einen kleinen Kuß auf die Schulter und ging zum Duschen.
In seinem Schrank entdeckte sie eine ganze Auswahl an Damenkleidung. Entweder hatte er sie für alle Fälle gekauft, oder frühere Geliebte hatten sie hier zurückgelassen. Eve wählte sich ein blaues Seidengewand aus, das zu ihrer Stimmung paßte, und ging mit der Absicht nach unten, ein leichtes Frühstück für sie beide zuzubereiten, das sie im Bett essen konnten. Eve hörte das Geräusch eines Fernsehers aus der Küche. Die Haushälterin, dachte sie. Um so besser. Sie konnte einfach ein Frühstück bestellen und musste es nicht selber zubereiten. Summend zog sie das Zigarettenpäckchen aus der Tasche, das sie vorsorglich eingesteckt hatte.
Das letzte, was sie erwartet hätte, war ein Junge, der am Küchenbüfett lehnte. Sofort bemerkte sie die unwahrscheinliche Ähnlichkeit mit seinem Vater. Dasselbe volle dunkle Haar, derselbe Mund, dieselben leuchtendblauen Augen. Bedächtig strich er sich Erdnußbutter auf ein Stück Brot.
Bevor sich Eve noch darüber klar werden konnte, ob sie besser verschwand oder einfach hineinging, hob der Junge den Kopf - wie ein Wolf, der eine fremde Witterung aufgenommen hat. Als ihre Blicke sich trafen, kümmerte er sich nicht mehr um sein Brot, sondern studierte sie aufmerksam.
Im Laufe ihres Lebens war Eve von mehr Männern prüfend betrachtet und eingeschätzt worden, als sie zählen konnte, aber der scharfe, eindringliche Blick dieses Jungen verschlug ihr die Sprache. Später lachte sie darüber, aber in diesem Augenblick hatte sie das Gefühl, dass er ihre Fassade sofort durchschaute, diese Eve Benedict, und dass sie wieder zu dem kleinen Mädchen wurde, das sie einst gewesen war, zu Betty Berenski.
»Hallo«, sagte er. Seine Stimme klang wie ein leises kindliches Echo der kultivierten Stimme seines Vater. »Ich bin Paul.«
»Hallo.« Sie verspürte den lächerlichen Drang, ihr Haar zu glätten und ihr Kleid zurechtzuziehen. »Ich bin Eve.«
»Ich weiß. Ich habe Bilder von Ihnen gesehen.«
Eve war verlegen. Sie hätte darauf wetten können, dass er genau wusste, was sich im Schlafzimmer seines Vaters abgespielt hatte. Er hatte einen zynischen Zug um die Lippen.
»Haben Sie gut geschlafen?«
Der kleine Scheißer, dachte Eve. Ihre Verlegenheit schwand, die Sache fing an, ihr Spaß zu machen. »Sehr gut, danke.« Sie schwebte in die Küche, wie eine Königin, die einen Salon betritt. »Es tut mir leid, ich habe nicht gewußt, dass Rorys Sohn bei ihm wohnt.«
»Manchmal.« Er nahm ein Glas Marmelade in die Hand und fing an, ein weiteres Stück Brot damit zu bestreichen. »Ich habe mich in der letzten Schule nicht wohl gefühlt, und deshalb haben meine Eltern beschlossen, dass ich für ein Jahr oder so hierher nach Kalifornien kommen sollte.« Er klappte die beiden Brotscheiben zusammen. »Ich habe meine Mutter ganz verrückt gemacht.«
»Wirklich?«
»Oh, ja.« Er öffnete den Kühlschrank und nahm eine große Flasche Pepsi heraus. »Darin bin ich sehr gut. Im Sommer habe ich meinen Vater verrückt gemacht, deshalb kam ich zurück nach London. Ich fliege gern.«
»Ja?« Fasziniert schaute Eve zu, wie er sich an den mit einer Glasplatte bedeckten Küchentisch setzte. »Kann ich mir ein Sandwich machen?«
»Natürlich. Sie drehen einen Film mit meinem Vater zusammen.« Er sagte es so, als sei es völlig selbstverständlich, dass alle Hauptdarstellerinnen, die mit seinem Vater drehten, an irgendeinem Samstagmittag plötzlich in einem geliehenen Kleid in der Küche standen.
»Das stimmt. Siehst du gern Filme?«
»Manchmal. Einen mit Ihnen habe ich im Fernsehen angeschaut. Sie waren eine Barsängerin, und Männer haben für Sie getötet.« Er biß in sein Sandwich. »Sie haben eine sehr angenehme Stimme.«
»Danke.« Sie schaute ihn über die Schulter hinweg an, um festzustellen, ob sie dieses Gespräch wirklich mit einem Kind führte. »Willst du auch Schauspieler werden?«
Seine Augen
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