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Erinnerungen der Nacht

Erinnerungen der Nacht

Titel: Erinnerungen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MAGGIE SHAYNE
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Stimme zu ihrem alten Zynismus zurück.
    Er antwortete nicht.
    „Ich bevorzuge ein weiches Bett, Roland. Satinlaken sind mir lieber als Leichentücher. Eine flauschige Daunendecke und ein weiches Kissen unter dem Kopf. Und ich bevorzuge frische Luft und den Duft von Weihrauch.“
    „Hört sich reizend an. Aber wie schützt du dich?“
    „Komm irgendwann einmal in der Dämmerung zu mir, Darling, dann zeige ich es dir.“ Sie drehte sich mit einem Rauschen ihres Samtkleids um, schritt zur Tür, und weg war sie.

Keith
    4. KAPITEL
    Roland erwachte in der Dunkelheit und verspürte ein nervöses Kribbeln in sämtlichen Nervenenden. Rasch öffnete er die Schlösser an der Innenseite seines Sarges, überprüfte jedoch innerlich die gesamte Umgebung, ehe er den Deckel hochklappte. Er sprang gewandt auf den Boden und landete lautlos auf dem kalten Stein.
    Ruhe hatte er kaum gefunden. Er hatte sich halb wach herumgewälzt, während ihm Bilder durch den Kopf schossen. Er machte sich Sorgen, aber nicht nur um Jamey. Rhiannons Bild war öfter als alle anderen aufgetaucht. Die wunderschöne, begehrenswerte, tollkühne Rhiannon. Hatte er nicht mehr Verstand als ein lüsterner Sterblicher? Konnte er gewöhnliche, vulgäre Lust nicht von wahren Gefühlen der Zuneigung unterscheiden? Konnte er die Verführerin nicht aus seinen Gedanken verbannen?
    In völliger Dunkelheit bewegte er sich langsam durch die verfallenen Gemäuer des Kerkers, doch sein überragendes Sehvermögen zeigte ihm den Weg. Er hätte den Weg auch blind gefunden, so sehr war er ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Wie überhaupt jede Nische seines Schlosses. Als Knabe war es sein Zuhause gewesen, als Heranwachsender sein Fluch, als junger Mann sein Gefängnis. Und es war zum Fegefeuer des Unsterblichen geworden, zu dem Ort, wo er die Strafe für die Sünde an der Familie, die er bewundert hatte, verbüßen würde. Ja, bewundert, doch leider zu spät.
    Doch wem nützte es, wenn er weiter hier ausharrte?
    Er zog an dem Eisenring an einer, wie es aussah, festen Mauer aus Stein und bot einen Großteil seiner Vampirkraft auf, um ihn zu bewegen. Kein Sterblicher konnte das ohne die Hilfe von Sprengstoff oder anderen Hilfsmitteln bewerkstelligen. Er schlich in den Durchgang hinaus und erklomm die Wendeltreppe aus rostendem Metall. Jeder seiner Schritte hallte tausendfach in der Dunkelheit wider. Einst bildete eine Leiter den einzigen Zugang zur untersten Etage des Schlosskerkers. Als sie ersetzt werden musste, schien eine Wendeltreppe die bessere Alternative zu sein.
    Am Eingang zu seinen Gemächern im Erdgeschoss des Schlosses öffnete er die Tür, betrat seinen Schrank und schob Kleiderbügel und Anzüge beiseite. Natürlich rückte er sie wieder sorgfältig zurecht, um den Eingang zu verbergen. Dann wählte er einen frischen Anzug und betrat seine Kammer im Westflügel.
    Er ging direkt zu dem antiken Schreibtisch, nahm dort ein langes Streichholz aus dem Halter und zündete die Petroleumlampe an. Dieses Ritual wiederholte er mehrere Male und zündete weitere an, bis der ganze Raum in einem warmen, goldenen Licht erstrahlte. Als er sich umsah, überlegte er sich, dass Rhiannon vermutlich nur Geringschätzung für diesen Ort empfinden würde, den er sein Zuhause nannte. Die Vorhänge vor den hohen Bogenfenstern waren dick und hatten sich im Lauf der Zeit verfärbt. Sie rochen nach Staub und Alter. Ihre Farbe war grün, einst leuchtend smaragdgrün, inzwischen jedoch nachgedunkelt, als würde man sie durch dichten Nebel sehen. Die Fenster selbst, ein Zugeständnis an moderne Zeiten und lange nach dem Tod der rechtmäßigen Barone des Schlosses eingebaut, waren schmutzig und voller Schlieren. Wenn man durch sie blickte, war das, als würde man durch die trüben Augen eines alten Mannes schauen. Aber handelte es sich bei diesem Schloss nicht genau darum? Einen alten, alten Mann, den jeder einzelne Freund verlassen hatte, sodass er allein dahinsiechen und sterben musste?
    Die Brokatpolster des antiken Sofas hatten schon lange ihren Glanz verloren. Der Kamin war eine kalte, dunkle Höhle, die die Asche längst vergangener Feuer enthielt. Die Hartholzstühle, einst imposanten Thronen gleich, standen wie traurige Zeugen einer schon lange vergangenen Ära da, das Holz wirkte stumpf, die handgearbeiteten Intarsien waren nach Jahren der Abnutzung kaum noch zu erkennen, die bestickten Polster wirkten fadenscheinig und verblasst. Hoch droben hing der Lüster mit den Reihen

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