Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erinnerungen der Nacht

Erinnerungen der Nacht

Titel: Erinnerungen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MAGGIE SHAYNE
Vom Netzwerk:
anschwoll, wenn sie ihm berichtete, wie närrisch und tollkühn sie war, und verschwand dann wieder wie ein launisches Sommerlüftchen.
    Er konnte sie nicht bitten zu bleiben. In ihrer Anwesenheit war seine Selbstbeherrschung dahin, sie machte ihn unvorsichtig. Er würde ihr nur immer und immer wieder wehtun, wie er schon bewiesen hatte.
    Als er die Augen schloss, sah er im Geiste ihr Gesicht vor sich. Es schien vollkommen unmöglich zu sein, dass er sie je absichtlich verletzte. Einen Augenblick dachte er über die Möglichkeit nach, dass Eric recht gehabt hatte. Dass sein grobes Benehmen Rhiannon gegenüber eine Nebenwirkung der Droge gewesen war.
    Dann schüttelte er heftig den Kopf. Was spielte es schon für eine Rolle? Es änderte nichts daran, was er über sich wusste, was er wirklich war. Wie konnte er Rhiannon bitten zu bleiben, wenn er wusste, dass ihre Anwesenheit ihn den letzten Rest Selbstbeherrschung kosten würde?
    Würde sie doch nur ihre unbedachte Art sein lassen, ihr wildes Temperament zügeln, ihren impulsiven Geist beruhigen. Dann könnte er ihr helfen. Sie könnte ihm helfen. Wenn er sie davon überzeugen könnte, dann vielleicht …
    Nein. Rhiannon würde sich niemals ändern. Er fürchtete wirklich, dass er eines Tages die Nachricht von ihrem Tode erhalten würde. Und zweifellos würde es ein dramatischer und grässlicher Tod sein.
    „Roland?“
    Er drehte sich um, als er die Frauenstimme hörte, erkannte jedoch schon am fehlenden Timbre und der Höhe, dass es Tamaras Stimme war, nicht die Rhiannons.
    Sie kam mit gesenktem Kopf näher und sah ihm nicht in die Augen. Als ihre Zehen seine fast berührten, blieb sie stehen, legte ihm die Arme um den Hals und drückte ihn fest. „Tut mir leid, dass ich das alles zu dir gesagt habe. Ich weiß, wie sehr du Jamey liebst.“
    Er erwiderte die Umarmung und fand Trost in der körperlichen Nähe zu einem anderen lebenden Wesen. „Schon gut, Tamara. Du stehst unter Stress. Wie wir alle.“
    Sie nahm die Arme weg, wich einen Schritt zurück und sah ihn endlich direkt an. „Ich habe solche Angst um ihn.“
    „Wir lassen nicht zu, dass ihm ein Leid geschieht, Grünschnabel.“
    Sie nickte schnell und kniff einen Moment die Augen zu. Als sie sie wieder öffnete, betrachtete sie fragend sein Gesicht. „Was ist mit dir? Ich weiß, dass du leidest. Ich sehe es dir an.“
    Jetzt wandte er selbst den Blick ab und schüttelte verneinend den Kopf.
    „Lüg mich nicht an, Roland. Du leidest Höllenqualen. Aber Rhiannon ebenfalls.“
    Er betrachtete sie wieder. „Hat sie mit dir darüber gesprochen?“
    „Natürlich nicht. Sie kann sich ja nicht einmal selbst eingestehen, dass sie leidet. Aber das tut sie. Wenn das hier vorbei ist …“
    „Wenn das hier vorbei ist, geht Rhiannon ihrer Wege und ich meiner. Alles andere würde … Risiken bergen, die so groß sind, dass man nicht einmal daran denken sollte.“
    Tamara seufzte ganz leise. Sie strich ihm mit der Handfläche über die Wange. „Oh Roland, wie kann jemand, der so weise ist wie du, nur so blind sein? Wenn es um die Liebe geht, ist kein Risiko zu groß.“
    „Liebe?“ Er schüttelte den Kopf, als sie die Hand wegnahm. „Hier ist keine Liebe im Spiel. Deine romantischen Vorstellungen trüben dir den Blick.“
    „Und deine Sturheit trübt deinen.“
    „Sind alle bereit?“ Erics Worte untermalten das Quietschen des großen Scheunentors, das er öffnete.
    Roland sah ins Innere, wo Rhiannon stand und sich Heu aus dem Haar klaubte. Sie setzte sich in Bewegung und riss die Autotür auf. Roland konnte nicht anders, er musste zu ihr, bevor sie einstieg. Als er den Arm ausstreckte, erstarrte sie, doch er zupfte ihr nur einen Halm Heu aus dem Haar. „Den hast du übersehen.“
    Sie sah ihn mit großen und unergründlichen Augen an. Er suchte in den ebenholzfarbenen Tiefen nach einem Hinweis, der es ihm ermöglichen würde, wieder ihr Freund zu sein.
    Stattdessen erblickte er eine lodernde Flammenzunge und spürte als Antwort darauf ein Feuer in seiner Seele. Sie wollte ihn immer noch. Und Gott steh ihm bei, er wollte sie auch. Sie fuhr sich über die Lippen, schluckte heftig und riss den Blick schließlich los. Als sie es sich im Auto bequem machte, schloss Roland die Augen und fluchte verhalten.
    „Du kriegst das schon hin, alter Freund.“ Eric schlug Roland auf die Schulter; seine tiefe, vage amüsierte Stimme erklang leise und dicht neben Rolands Ohr. „Wenn du vorher nicht vollkommen

Weitere Kostenlose Bücher