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Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)

Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)

Titel: Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Küng
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SCHNEPP , der zum Beispiel in den Mittagsstunden grundsätzlich keine Filmaufnahmen machen wollte, weil da wegen des Lichts nur »Postkartenaufnahmen« möglich seien. Es gab also manche Diskussionen, die aber zuallermeist in freundschaftlichem Geist geführt wurden und jedenfalls zu optimalen Ergebnissen führten, für die ich meinem Team zutiefst dankbar bleibe.
    Zweierlei wollte ich jedenfalls von vornherein nicht: Ich wollte erstens keine große Reportage liefern, die schlicht schildert, wie sich heute die Lage der Religionen in den verschiedenen Ländern darstellt. Wohl aber wollte ich eine aktuelle Darstellung , die bei jeder Religion von der Gegenwart ausgeht, diese auf dem Weg durch die Jahrhunderte ständig vor Augen hat und am Schluss wieder zur Gegenwart zurückkehrt. Zweitens wollte und konnte ich auch keine umfassende Geschichtsschreibung bieten, die neueste Forschungsergebnisse einschließen sollte. Wohl aber wollte ich eine historisch-systematische Gesamtschau bieten, bei der im engen Rahmen von gut 50   Minuten bei jeder Weltreligion die geschichtlichen Epochen gesichtet und deren große Paradigmen und Paradigmenwechsel dargestellt werden sollten. Denn nur aus den Konstellationen der Vergangenheit heraus, die sich vielfach nebeneinander durchhalten, lässt sich die Gegenwart verstehen.
    Mein hochgestecktes Ziel war also, eine seriöse und vielfach überprüfte Information zu bieten, zugleich angesichts der Unübersichtlichkeit der Religionenvielfalt eine hilfreiche Orientierung, um so schließlich zu einer neuen Einstellung zu Religion und Religionen zu motivieren. Die mir auch aus leidvoller persönlicher Erfahrung allzu gut bekannten negativen Seiten der Religionen wollte ich nicht verschweigen, aber ihr aggressives und repressives Potential ist wohlbekannt und brauchte in meinen Filmen nicht ausgewalzt zu werden. Mehr war ich an der positiven Funktion der Religionen interessiert: Warum sind Milliarden von Menschen in allen Erdteilen religiös? Was ist der Ursprung und das Wesen dieser religiösen Phänomene, die in allen Völkern und zu allen Zeiten zu finden sind? Welche Entwicklungen haben die großen Religionen durchgemacht, und was sind dabei besonders ihre ethischen Konstanten, die für ungezählte Menschen sich tagtäglich auswirken? Wo ist Trennendes, und wo liegt vor allem Gemeinsames? Was ist der Beitrag der Religionen zu einem erst langsam ins Bewusstsein der Menschheit tretenden Menschheitsethos?
    Eine weitere Phase der Vorbereitung bildete die Erkundungsreise der Regisseure zu den zuvor zwischen mir und der Redaktion ausgehandelten Drehorten, von denen mir viele bekannt waren; einige meiner Wünsche (etwa Sri Lanka und Burma) konnten aus Zeit- und Kostengründen nicht berücksichtigt werden. Der mündliche Kundschafterbericht der Regisseure, dokumentiert mit Photos, diente mir als Vorlage, dann in Abstimmung mit Redakteur und Regisseur eine Kurzfassung des Drehbuchs zu erstellen, welches mehr auf die einzelnen Drehplätze einging. Und schließlich folgten die Drehreisen mit dem ganzen Team: neben Redakteur, Regisseur und Kameramann der Tonmeister (Roland Engele) und der Kameraassistent (Andreas Schäfauer oder Kathrin Gulde).
    Was sich als schwieriger herausstellte, als ich zunächst annahm, waren meine fünf oder sechs Statements, die in jedem Film vorkamen: kompakte und präzise, ein- bis zweiminütige Statements an Ort und Stelle, was wegen der oft widrigen Umstände (Straßenlärm, schlechtes Wetter, Zuschauer …) und wegen des Verzichts auf einen Teleprompter oder auf Texttafeln oft nicht einfach war. Die Statements hatte ich schon zu Hause vorbereitet, oft auch im Flugzeug korrigiert und schließlich unmittelbar vor der Aufnahme bis aufs letzte Wort genau formuliert. Auswendig vorgetragen sollten sie doch zugleich spontan wirken.
    Die langen Flüge nützte ich stets zur Vorbereitung der nächsten Etappe. Eine unschätzbare Hilfe war es für mich, dass die Stiftung Weltethos Schweiz es finanziell ermöglichte, dass der Diplomtheologe STEPHAN SCHLENSOG – seit 1989 wissenschaftlicher Mitarbeiter an unserem Forschungsprojekt »Kein Weltfriede ohne Religionsfriede« und seit 1995 Geschäftsführer der Stiftung Weltethos – mich auf all diesen vielen Reisen beratend und unterstützend begleiten konnte. Zahllos unsere Gespräche – auf den Flügen zu und zwischen den Drehorten und vor allem vor Ort –, in denen wir inhaltliche, konzeptionelle und ästhetische Details

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