Erlöst mich: Thriller (German Edition)
hätte es wohl vorgezogen, sie nicht in seiner Truppe zu haben. Sie erzählte ihm, was geschehen war, und ließ kein Detail aus, da sie wusste, dass eh alles ans Licht kommen würde. Und
natürlich regte er sich auf. Weniger wegen ihrer Affäre mit Nick als wegen des Umstands, dass sie noch immer inoffiziell gegen Paul Wise ermittelte.
»Was glauben Sie, wie das vor Gericht ausgesehen hätte, wenn sie Penny wegen Verleumdung drangekriegt hätten?«, hatte er wütend gefragt. »Dass Sie mit ihm zusammengearbeitet haben. Sie hätten selbst vor Gericht landen können. Sie müssen lernen, wann es Zeit ist loszulassen.«
Tina hatte diesen Sermon schon öfter über sich ergehen lassen. Vor einem Jahr hätte sie ihm noch in aller Deutlichkeit entgegnet, sie würde erst loslassen, wenn Paul Wise endlich für seine Verbrechen zur Rechenschaft gezogen würde, doch dieses Mal ließ sie es gut sein und entschuldigte sich stattdessen, ehe sie ihn mit den anderen schlechten Neuigkeiten konfrontierte. Gemma Hanson, die alleinerziehende Mutter und Hauptbelastungszeugin in dem bevorstehenden Mordprozess, hatte sich entschlossen, ihre Aussage zurückzuziehen, und obwohl Tina eine Stunde auf sie eingeredet und versprochen hatte, sie schnellstmöglich in einem Zeugenschutzprogramm unterzubringen, hatte sie sie nicht umstimmen können.
An diesem Punkt hatte Levine unversehens Mitgefühl gezeigt; er verstand plötzlich, welchem Druck Tina ausgesetzt war, und hatte ihr gesagt, sie solle den Rest des Tages freinehmen. »Und nehmen Sie die nächste Woche auch gleich frei. Erholen Sie sich. Sie haben es nötig.«
Sie war sich nicht sicher, ob das ein Befehl war, akzeptierte aber den Vorschlag. Zumindest würde ihr das die Gelegenheit verschaffen, sich mit Nick Pennys Tod zu beschäftigen.
Allerdings würde sie vorsichtig sein müssen. Nicks Killer
hatte von ihrem Verhältnis gewusst, auch wenn sie es bereits vor zwei Wochen beendet hatte. Entweder hatte Nick die Information preisgegeben, oder, was wahrscheinlicher war, der Killer hatte ihn observiert und sie beide zusammen gesehen. Da ihre letzten Treffen immer bei ihr stattgefunden hatten, konnte das nur heißen, dass der Killer auch sie beobachtet hatte.
Sie drückte ihre Zigarette aus, trat ans Fenster und schaute in die Schwärze der Nacht hinaus, die über ihrem kleinen Garten lag. Dann zog sie mit einem Ruck den Vorhang zu und schloss auch die anderen Vorhänge im Erdgeschoss. Bei dem Gedanken, beobachtet zu werden, fühlte sie sich verletzt und unbehaglich. Sie liebte dieses Haus. Es stand in einem hübschen Dorf in Hertfordshire, knapp außerhalb des M-25-Rings. Sie hatte es gekauft, weil sie es in dem Apartment, in dem sie drei Jahre lang gewohnt hatte, nicht mehr aushielt. Zu viele schlechte Erinnerungen waren damit verbunden. Das Haus hier draußen markierte einen Neuanfang für sie, weg von der Gewalt und den Versuchungen der City; eine kleine freundliche Gemeinde, wo die Luft frisch war und sie keinen Alkohol brauchte, um sich hochzupushen. Und jetzt hatte sie das Gefühl, dass jemand eingedrungen war.
Sie fragte sich, ob das Haus verwanzt war. Zwar war es relativ gesichert, sie hatte an Türen und Fenstern ordentliche Schlösser anbringen lassen, war aber noch nicht dazu gekommen, eine Alarmanlage zu installieren, und aus Erfahrung wusste sie, dass jemand, der sein Handwerk verstand, leicht unbemerkt in ein Haus eindringen konnte.
Und sie zweifelte nicht daran, dass jemand, den Paul Wise angeheuert hatte, sein Handwerk verstand.
Tina verfluchte sich. Sie vor allen anderen hätte wissen müssen, dass man einen Mann wie Paul Wise niemals unterschätzen durfte. Zwar hatte sie die nötigen Geräte angeschafft, mit denen sich fast alle frei verkäuflichen Abhöranlagen aufspüren ließen, doch seit Monaten hatte sie sich nicht mehr die Mühe gemacht, sie auch einzusetzen. Wenn sie ehrlich war, hatte sie schlicht nicht damit gerechnet, dass Wise oder einer seiner Männer ihr nachstellen würden. Sie und Nick hatten einfach nichts ausgegraben, das diese Mühe wert schien.
Es gab nur eine Möglichkeit herauszufinden, ob ihr Verdacht berechtigt war, doch gerade als sie die Treppe hinaufgehen wollte, klingelte ihr Handy.
DS Weale war am Apparat. Er fragte sie, wie es ihr gehe.
»Besser. Haben Sie Neuigkeiten?«
»Nur, dass ich es geschafft habe, die Telefonunterlagen zu besorgen, die Sie haben wollten. Ich habe sie gerade an Ihren Privat-Account gemailt.«
»Danke«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher