Erlöst mich: Thriller (German Edition)
Lieutenant-Colonel Thom über eine Reihe von Fluren geleiten, zurück in die Gepäckausgabe, wo der Matchsack mit meinen Habseligkeiten auf mich wartete. Dann ging es durch eine Tür, auf der »Kein Eingang« stand, vorbei an finster dreinblickenden Uniformierten, die Thom ehrerbietig zunickten, und schließlich hinaus auf einen Parkplatz hinter dem Terminal. Sofort schoss ein militärisch gekennzeichneter Land Rover heran, und wir stiegen beide hinten ein.
Als wir das Flughafengelände verließen, bemerkte ich, dass die Umgebung sich stark von der Blütenpracht Thailands unterschied, an die ich mich gewöhnt hatte. Dieses Land war trocken und flach, ein Mosaik von ausgedörrten Feldern, die aus wenig mehr als rotem Staub zu bestehen schienen. Hin und wieder ragte eine struppige Palme wie eine Vogelscheuche in den gleißenden Himmel, und am
Straßenrand suchten ausgemergelte Kühe den Boden nach einem Büschel Gras ab. Das war das Land der Killing Fields, die karge schreckliche Erde, in der die Knochen von Tausenden Opfern des Völkermords der Roten Khmer verrotteten – Männer, Frauen, sogar Kleinkinder. Auch dreißig Jahre danach herrschte noch eine vage Atmosphäre des Bösen ringsum, als ob die Geister der Vergangenheit nicht vollständig ausgetrieben worden wären. Meine Stimmung verschlechterte sich, je mehr wir uns Phnom Penh näherten.
Der Jeep wand sich durch eine Reihe verwahrloster, dicht befahrener Straßen, bis wir eine schmale Allee erreichten, die von teuren Stadthäusern gesäumt war, die aus einer Mischung aus Holz und Ziegeln erbaut worden waren und offensichtlich aus der französischen Kolonialzeit stammten. Ein Baustil, von dem Manila nur träumen konnte. Wir hielten vor einem hohen Tor, und Sekunden später wurden die Doppeltüren von einem blau uniformierten Wachmann geöffnet, der ein Gewehr über die Schulter gehängt trug.
Ein westlich aussehender Mann im Anzug kam aus dem Haus und führte Lieutenant-Colonel Thom und mich in ein klassisch-luxuriös ausgestattetes Foyer. Ehe Thom und der Westler durch eine Seitentür verschwanden, bedeuteten sie mir, auf eine blumenbewachsene Veranda zu treten, von der man einen wunderbaren Blick auf einen kleinen, aber sorgfältig gepflegten und bewässerten Garten hatte.
Ich setzte mich in einen der Rattansessel und musste sofort wieder an Emma denken. Ich versuchte, mir möglichst nicht auszumalen, welches Gesicht sie gemacht hatte, als sie merkte, dass ich sie ohne ein Wort der Erklärung verlassen
hatte. Wahrscheinlich hatte ihr Vater erst zu dem Zeitpunkt zwei und zwei zusammengezählt, ehe er sie darüber aufklärte, dass sie das Kind eines skrupellosen Mörders in sich trug, der die vergangenen sechs Jahre mit einer falschen Identität untergetaucht war. Als mir das Ausmaß meines Verrats klar wurde, musste ich schlucken und mich zwingen, die Tränen zurückzuhalten. Binnen weniger Stunden hatte ich es geschafft, ihr Leben vollständig zu ruinieren. Ich stellte mir vor, dass sie untröstlich war und unaufhörlich weinte. Die Frau, die ich liebte. Die Frau, die zu schützen ich mir geschworen hatte.
Ich habe mich in meinem Leben oft selbst gehasst, das ist das Kreuz, das man trägt, wenn man gesündigt hat, aber niemals hatte ich mich mehr gehasst als in diesem Moment und war schockiert, wie heftig die Welle der Selbstverachtung alles andere wegspülte.
»Guten Abend, Mr. Milne«, sagte eine Stimme hinter mir und unterbrach meine Gedanken.
So lernte ich Bertie Schagel kennen.
»Schön, Sie endlich einmal persönlich zu treffen«, fuhr er fort und quetschte sich in den Rattansessel neben mir. In der Hand hielt er ein Glas mit einer durchsichtigen Flüssigkeit – wahrscheinlich ein Gin Tonic. »Ich habe eine Menge über Ihre Unternehmungen gelesen.« Er grinste verschlagen, ein Lächeln, das ich seitdem oft an ihm gesehen habe, das Lächeln eines Mannes, der alle Trümpfe in der Hand hält.
»Ich weiß nicht, was Sie meinen«, sagte ich instinktiv, aber längst ohne Überzeugung.
»Lügen bringt nichts«, sagte er. »Ich bin von einem Kontaktmann in Bangkok informiert worden, dass Sie im Flugzeug
nach Phnom Penh sitzen. Sieht aus, als wäre die Polizei in ganz Südostasien plötzlich hinter Ihnen her. Das Foto, das bei der Passkontrolle in Thailand von Ihnen gemacht wurde, haben mittlerweile alle Polizeistationen der Region. Sie sind in einer gefährlichen Lage, mein Freund, ohne den geringsten Bewegungsspielraum.« Er hielt inne, trank
Weitere Kostenlose Bücher