Erlöst mich: Thriller (German Edition)
Melancholiewolke zu vertreiben, die nach wie
vor über mir schwebte, bereit, sich jederzeit wieder herabzusenken.
Das neue Handy, das ich mir gekauft hatte, um das iPhone zu ersetzen, klingelte. Es musste Schagel sein, denn er war der Einzige, der die Nummer kannte.
Er fragte mich, ob ich die Nachricht mit den Angaben über das neue Opfer gelesen hätte.
Ich sagte, ich hätte.
»Gut. Ich kann jetzt verbindlich sagen, dass sie morgen mit dem Singapore Airlines Flug Nr. SQ910 auf dem Ninoy Aquino Airport eintreffen wird. Um 13:25 Ortszeit, Terminal L1.«
Ich suchte Stift und Papier und notierte mir die Daten.
»Ich möchte, dass Sie sie dort abpassen und ihr bis zu ihrem Hotel folgen. Vergewissern Sie sich, ob sie auch wirklich eincheckt. Sie dürfen Sie unter keinen Umständen verlieren. Klar?«
Er wirkte erregter als gewöhnlich, seine kalte Arroganz fehlte völlig. Ich fragte mich, ob alles in Ordnung war.
»Klar. Und falls sie von Kollegen am Flughafen abgeholt wird?«
»Wird sie nicht. Sie ist nicht offiziell in Manila.«
Ich war überrascht, wie viel Schagel über ihre Bewegungen wusste, sagte aber nichts. Er hatte seine Methoden.
»Und denken Sie daran: Wenn Sie bei diesem Job tun, was getan werden muss, sind Sie danach aus meinen Diensten entlassen. Darauf haben Sie mein Wort.«
Ich dachte an Tina Boyd – eine Frau, Ermittlerin, jemand, der zweifellos Menschen hatte, die ihn liebten. Menschen, deren Leben brutal und irreversibel aus dem Gleis geworfen würde, wenn ich den Auftrag erfüllte.
Und dann dachte ich wieder an die Aussicht, mich zurückziehen zu können. An mein Geschäft im Norden von Laos, weit weg von neugierigen Blicken, wo ich endlich mein eigener Herr sein konnte und nie wieder die Befehle anderer befolgen müsste.
»Ich mach es«, sagte ich und legte auf.
ZWEI
Das Beil schwebt
21
Der Flug von London nach Singapur war lang, ausgebucht und voller Turbulenzen. Tina hatte zwar einen Gangsitz ergattert, doch der Mann neben ihr war übergewichtig und besaß die sprichwörtliche Ellbogenmentalität. Außerdem hatte er jedes Mal, wenn er für eine Weile einnickte, laut geschnarcht.
Folglich war sie, als sie nach dreizehn anstrengenden Stunden am Sonntagmorgen um 8:30 in Singapur landete, erschöpft. Sie benutzte die Toilette, um sich umzuziehen und in ein leichtes T-Shirt und ein paar lange Shorts zu schlüpfen. Dann holte sie sich bei Starbucks einen großen Espresso, den sie mit dem Geld bezahlen konnte, das sie in Heathrow gewechselt hatte. Sie fand einen freien Platz und checkte die Nachrichten auf ihrem Handy.
Die erste kam von Bob Levine, ihrem Boss bei der CMIT. Es war die Antwort auf ihre SMS von gestern. Darin hatte sie ihm mitgeteilt, dass sie sein Angebot annehme, aber statt einer Woche ab sofort zwei Wochen fehlen werde. Levines Nachricht klang verärgert, er teilte ihr mit, wenn sie mehr Urlaub haben wolle, hätte sie das früher sagen sollen, und sie solle ihn am Montag anrufen, dann könnten sie über ihren Antrag sprechen. Er würde noch viel verärgerter sein, wenn er mitkriegte, dass sie ihn von der anderen
Hälfte der Erdkugel anrief. Aber darüber würde sie sich später Gedanken machen. Sie ging davon aus, dass sie als verlässlicher Cop galt. Sie ließ sich kaum krankschreiben (es sei denn, sie war im Dienst verwundet worden), und mit Ausnahme von Weihnachten hatte sie sich seit ihrer Mittelamerikareise letzten Sommer nicht mehr freigenommen. Sie hatte ein Anrecht auf ein paar freie Tage und in diesem Fall sogar noch gute Gründe.
Die zweite Nachricht stammte von einer verdeckten Nummer, und die Verbindung war schlecht. Dennoch erkannte sie die Stimme des kambodschanischen Polizisten, mit dem sie am Freitagabend gesprochen hatte. Er stellte sich als Lieutenant Hok Ma von der Königlichen Gendarmerie Kambodschas vor und sagte, er habe den Kollegen ausfindig gemacht, mit dem Nick Penny gesprochen hatte.
Tina lauschte aufmerksam, wie Lieutenant Ma den Hergang der Unterhaltung der beiden Männer rekapitulierte. Die Einzelheiten bestätigten, was sie bereits wusste. Tina wollte herausfinden, ob die kambodschanische Polizei aufgrund von Pennys Informationen etwas unternommen hatte, wenngleich der Ton von Lieutenant Ma dies nicht unbedingt nahelegte. Lieutenant Ma hatte sie erst vor einer Stunde angerufen, deshalb suchte sie in ihrer Tasche nach seiner Nummer und rief ihn zurück, erhielt aber keine Antwort.
Egal, sie war definitiv auf der richtigen Fährte.
Sie
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