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Erlöst mich: Thriller (German Edition)

Erlöst mich: Thriller (German Edition)

Titel: Erlöst mich: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
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trank ihren Kaffee aus und ging langsam Richtung Abflugterminal, um ihren Anschlussflug abzuwarten.
    Und da sah sie ihn.
    Er kam etwa zwanzig Meter vor ihr aus der First-Class-Lounge. Ein kleines, gebeugtes Männchen, deutlich über
fünfzig, dessen dünnes Haar ganz offensichtlich schwarz gefärbt war. Die spitzen Züge seines blassen und aufgedunsenen Gesichts erinnerten Tina an eine überfressene Ratte.
    Er trug einen unmodischen hellbeigen Anzug und ein offenes weißes Hemd, das sich über seinem mächtigen Bauch spannte, und hätte mit seiner Duty-Free-Tüte und seinem Trolley wie ein gewöhnlicher älterer Reisender ausgesehen, wäre er nicht von einem hünenhaften Bodyguard begleitet worden, der in seinem schwarzen Anzug und mit seinem humorlosen, alles erfassenden Blick wie ein absoluter Profi wirkte.
    Doch an Paul Wise war nichts gewöhnlich. Und auch nicht an den Verbrechen, die er begangen hatte.
    Einen Moment lang war Tina zu geschockt, um zu reagieren. Sie hatte so vieles über ihn gelesen, so viele Fotos von ihm gesehen, hatte so viele Stunden damit verbracht, wilde Rachepläne zu schmieden. Doch sie war ihm noch nie leibhaftig begegnet. Ihn jetzt zu sehen und zu wissen, dass sie ihm nichts anhaben konnte, erfüllte sie mit einer solchen Wut, dass ihr fast übel wurde. Sie wollte ihn an seinem faltigen Hals packen und ihn mit aller Kraft würgen, den Schrecken in seinen Augen genießen, ihm sagen, wie lange sie auf diesen Moment gewartet hatte, dass dies die Vergeltung war für all die Morde und die Leben, die er zerstört hatte, und so lange zudrücken, bis das letzte stinkende Röcheln aus seiner Kehle entwichen war und er leblos in ihren Armen zusammensackte.
    Stattdessen wandte sie sich schnell ab und setzte sich. Sie hielt den Kopf gesenkt und tat so, als suchte sie etwas in ihrer Tasche. Paul Wise wusste genau, wer Tina war, immerhin hatte er vor noch nicht einmal vierundzwanzig
Stunden versucht, sie umbringen zu lassen, und sie konnte nicht riskieren, dass er sie hier erkannte.
    Er ging mit seinem Bodyguard Richtung Abflugterminal, und sie wartete eine volle Minute, ehe sie aufstand und ihm folgte. Sie fragte sich, was zum Teufel er hier machte.
    Die Frage wurde schnell beantwortet. An Gate 70 bog er nach links, wurde an einer langen Schlange von Economy-Passagieren vorbeigeleitet und verschwand schließlich im Boardingtunnel des Singapore-Airlines-Flugs SQ910.
    Paul Wise war auf denselben Flug gebucht wie sie; er flog nach Manila.
    Sie wusste nur noch nicht, warum.

22
    Manilas Ninoy Aquino Airport ist ein schäbiger und verwirrender Moloch, auf dem an diesem Sonntagnachmittag glücklicherweise nicht ganz so viel los war wie sonst. Besucher haben keinen Zutritt zur Ankunftshalle, sondern müssen hinter einem langen Zaun warten, der vom Hauptterminal durch einen Fußgängertunnel und zwei Zufahrtsstraßen getrennt ist. Wie überall auf den Philippinen werden die Sicherheitsmaßnahmen sehr lax gehandhabt, und für einen Westler wie mich, der aussah, als wüsste er, wohin er ginge, war es nicht schwer, durch die Menge und an den wenigen Wachen vorbei ins Innere des Kordons zu schlüpfen.
    In einer Nische vor dem Gebäude fand ich einen Platz, von wo aus ich die Passagiere durch eine offene Doppeltür im Blick hätte. Sie selbst dagegen konnten mich praktisch nicht sehen. Ein Dutzend Filipinos, die Schilder von Firmen und Hotels hochhielten, erwiesen sich als nützlicher Schutzwall zwischen mir und dem Ausgang. Wachmänner gab es hier nirgendwo.
    Ich lehnte mich zurück und schlug eine Ausgabe der International Herald Tribune auf, las aber nicht, sondern dachte über Bertie Schagels Angebot nach, mich künftig in Ruhe zu lassen. Gestern Abend im Bett war mir durch den
Kopf geschossen, dass es sich um einen Trick handle, dass er es sich nicht leisten könne, mich vom Haken zu lassen und mich deshalb umbringen lassen würde, damit ich niemandem je von unserer Verbindung erzählte. Seit mich heute Morgen um zehn die strahlende Tropensonne, die durch mein Hotelzimmerfenster schien, geweckt hatte, waren meine grüblerischen Gedanken wie weggeblasen, und ich hatte den größten Teil des Vormittags damit verbracht, mir einzureden, dass er meinte, was er sagte. Natürlich war Schagels Wort nichts wert, und ich traute dem Typ nicht weiter, als ich ihn werfen könnte, was angesichts seiner Leibesfülle nicht gerade weit war. Andererseits wäre es ein ziemlicher Aufwand, mich zu beseitigen. Es wäre um einiges

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