Erlöst mich: Thriller (German Edition)
Aufenthaltsort des Opfers an und wartete dann auf seinen Rückruf.
Fünf Minuten später klingelte es, und ich lauschte seinen Instruktionen.
Als ich auflegte, spürte ich unter der Jacke den Druck meiner neuen Waffe, einer kurzläufigen Taurus-Pistole mit zehn Schuss im Magazin. Ich drehte mich um und ging zurück zum Hotel.
23
Es war schon nach drei, als Tina endlich aus der Dusche kletterte und sich auf dem Weg ins winzige Schlafzimmer abtrocknete. Sie fühlte sich jetzt um einiges besser, war allerdings immer noch müde und ein wenig nervös. Am Flughafen war ihr ein Westler aufgefallen, und sie glaubte, ihn im Hotel wiedergesehen zu haben. Sie war sich zwar nicht hundertprozentig sicher, aber doch genug, um ernsthaft über einen Hotelwechsel nachzudenken.
Die Frage war nur, wer um alles in der Welt erfahren haben sollte, dass sie hier war. Sie hatte Flug und Hotel am Computer ihres Vaters gebucht und eigens einen neuen E-Mail-Account eingerichtet. Vielleicht war sie einfach paranoid. Immerhin hatte sie mehr als vierundzwanzig Stunden nicht mehr richtig geschlafen und war vollkommen erschöpft.
Sie nahm ihr Handy und schaute es nachdenklich an. Am liebsten hätte sie Mike Bolt angerufen, ihren Ex-Boss aus der SOCA, der Abteilung Organisiertes Verbrechen, und ihn gefragt, ob er einen Grund wusste, warum Paul Wise auf die Philippinen reiste. Mike und sie hatten einander einmal sehr nahegestanden. Als sie nach dem Tod ihres Verlobten eine schlimme Zeit durchmachte, hatte er sie in seine Truppe geholt und ihr geholfen, wieder auf die Beine
zu kommen. Ihre Freundschaft hätte beinahe in eine Affäre gemündet, was der Hauptgrund war, warum Tina die SOCA verlassen hatte und zur Met zurückgekehrt war. Seitdem hatten sich ihre Wege einige Male gekreuzt. Einmal hatte Mike ihr unter Einsatz seines Lebens das ihre gerettet, ein andermal hatte sie ihn dazu gebracht, alle Regeln zu missachten und seinen Job zu riskieren, um ihr eine entscheidende Information zu besorgen. Er hatte sich ein Disziplinarverfahren eingehandelt, und obwohl er Job und sogar Rang behalten konnte, hatte Tina nach wie vor immense Schuldgefühle. Als alles vorbei war, hatte sie ihn angerufen und sich dafür entschuldigt, ihn in diese Lage gebracht zu haben, und er hatte sie besänftigt und gesagt, es spiele keine Rolle, er habe ihr gern geholfen. Doch etwas in seinem Ton hatte ihr das Gefühl vermittelt, in Wirklichkeit habe er sein Handeln bereut. Und sie wusste, dass er sie mittlerweile für eine unberechenbare Größe hielt, die von Paul Wise und dem Gedanken, Vergeltung zu üben, besessen war.
Seitdem hatten sie sich nur noch einmal unterhalten. Im letzten September, als sie ihn auf Drängen Nick Pennys angerufen und um einige Informationen über Paul Wise’ Geschäfte in Panama gebeten hatte. Damals hatte Mike ihr erklärt, dass er strikte Anweisung habe, ohne die ausdrückliche Genehmigung des Polizeipräsidenten niemandem außerhalb der SOCA Informationen über Paul Wise zukommen zu lassen. Außerdem, so hatte er hinzugefügt, würden sie immer noch aktiv gegen Wise ermitteln – wobei sein Ton andeutete, der Druck habe merklich nachgelassen. Was keine große Überraschung war, denn obwohl ein Großteil der SOCA-Ressourcen darauf konzentriert worden
war, Paul Wise zur Strecke zu bringen, waren sie keinen Schritt weiter als vor vier Jahren, zu Beginn der Ermittlungen. Wen wunderte es da, dass sie sich nun auf leichtere Ziele einschossen.
Tina konnte sich Mikes Reaktion förmlich vorstellen, wenn sie ihm erzählte, dass sie auf den Philippinen war, um eine neue obskure Spur zu verfolgen. Deshalb ließ sie das Handy aufs Bett fallen, rieb sich trocken und zog sich langsam an. Zeit, die neue Umgebung zu erkunden, sich zu orientieren und mit der Suche nach Pat O’Riordan zu beginnen.
»Du brauchst keine fremde Hilfe«, sagte sie zu sich selbst, stand auf und spürte auf einmal wieder die vertraute Mischung aus Erregung, Entschlossenheit und Trotz, die ihre Karriere bis dahin geprägt und sie ein ums andere Mal in Gefahr gebracht hatte.
Was nicht einer gewissen Ironie entbehrte. Denn kaum hatte sie den ersten Schritt Richtung Tür getan, als sie erstarrte. Der runde Türgriff wurde langsam von außen gedreht, und schon begann die Tür sich einen Spaltbreit zu öffnen.
24
Vor der Tür zu Zimmer 927 blieb ich stehen und sah mich auf dem Flur um. Ich lauschte an der Tür, konnte aber nichts hören. Ich nahm an, Tina sei noch drinnen, und
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