Erlöst mich: Thriller (German Edition)
Intensität ihrer Gefühle überrascht. Trotz allem, was geschehen war.
»Wenn ich Heed besuche, wird er nicht freiwillig auspacken. Aber er hat die Informationen, die wir benötigen. Über Lene Haagen. Ich wette, er weiß, was mit ihr geschehen ist und wo sie begraben liegt. Er weiß, warum O’Riordan sterben musste und wer die Leute sind oder waren, die er treffen wollte. Und ich wette auch, dass er weiß, was in dem Koffer ist. Mit anderen Worten, er kennt alle Antworten. Die werde ich aus ihm herausholen müssen, und das wird nicht schön sein. Und wenn er geredet hat, werde ich ihn töten müssen. Kaltblütig. Ich möchte nicht, dass du dabei bist, wenn es so weit ist. Verstehst du, was ich meine?«
»Ja. Aber wir müssen ihn nicht unbedingt töten, oder? Wir finden heraus, welche Beweise wir brauchen, um Wise hinter Gitter zu bringen, dann fesseln wir ihn und benachrichtigen die Polizei. Anonym natürlich.«
Milne sah sie ungläubig an. »Das ist nicht dein Ernst, Tina. Was für Beweise sollten wir finden, mit denen wir auch nur die leiseste Chance hätten, dass ein Gericht Wise verurteilt? Besonders in einem Land wie diesem. Du hast es selbst gesagt: Über Jahre hat er sich der Justiz entzogen. Offenbar hat er das drauf. Ich – und damit meine ich, ich allein, werde Wise aufspüren und töten. Das willst du doch, oder? Darauf läuft es doch hinaus?«
Sie musste es sich eingestehen. Vor einem Jahr noch hatte sie anders darüber gedacht. Da hatte sie noch aufrichtig daran geglaubt, dass sie es erleben würde, Wise in einem Gerichtssaal zuzusehen, wie seine Fassade bröckelte, wenn er zu lebenslänglicher Haft verurteilt wurde. Doch inzwischen wusste sie: Dies würde nie passieren. Seit sie in Manila war, hatte sie sich wider besseres Wissen eingeredet, sie könnte das Corpus Delicti finden, das Wise ans Messer lieferte. Milne hatte recht. Er musste sterben.
Er seufzte. »Wenn ich ihn umbringe, dann bekommst du deine Gerechtigkeit. Und ich auch. Und du wirst am Leben sein und ein freier Mensch.«
Tina setzte sich ans Fußende des Bettes. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Deshalb holte sie ihre Zigaretten hervor und bot ihm zum ersten Mal eine an.
»Nein danke, ich habe vor ein paar Jahren aufgehört. Aus Gesundheitsgründen.« Er lehnte sich zurück und lachte düster. »Ich weiß, klingt ein bisschen bescheuert. In meiner Lage.«
»Gibt es wirklich keinen Ausweg für dich?«, fragte sie und zündete ihre Zigarette an. »Kannst du dir nicht einen falschen Pass besorgen und untertauchen, bis Gras über die Geschichte gewachsen ist? Du bist doch gut in so was.
Du musst gut sein. Du hast fast ein Jahrzehnt auf der Flucht verbracht.«
Er schüttelte den Kopf. »Diesmal nicht. Schagel weiß, wie ich aussehe, und kennt den Namen, den ich benutze. Er kontrolliert sogar mein Bankkonto. Ich sitze hier auf den Philippinen fest, und er wird dafür sorgen, dass ich nicht rauskomme.«
»Ich verstehe immer noch nicht, welche Rolle Schagel in dieser Geschichte spielt.«
»Ich auch nicht. Ich schätze, er und Wise sind irgendwie Partner. Aber welches Geschäft? Keine Ahnung.«
»Kinder?«
»Könnte sein. Doch dieser Koffer, auf den sie so scharf sind, das ist kein Kind.« Er zuckte mit den Schultern. »Heed weiß die Antwort. Und ich werde sie aus ihm herauskriegen.«
Dann schwiegen beide und hingen ihren Gedanken nach. Schließlich drückte Tina ihre Zigarette in dem billigen Glasaschenbecher aus. »Ich muss mich hinlegen«, sagte sie und stand auf. »Ich bin völlig erledigt.«
»Ich auch«, erwiderte Milne und stand ebenfalls auf.
»Sind wir hier sicher?«, fragte sie.
»Ich glaube schon. Aber Schagel hat die Telefonnummer des Handys, das ich dabeihatte, als wir hier eincheckten, das heißt, wenn er die richtigen Kontakte hat, kann er meine Bewegungen nachvollziehen. Er könnte diese Adresse herausfinden, allerdings dürfte es nicht ganz einfach sein.«
»Meinst du, wir sollten die Nacht über zusammenbleiben?«
Er wirkte verblüfft und gab sich größte Mühe, es sich
nicht anmerken zu lassen. »Vielleicht. Dann wären wir auf der sicheren Seite. Ich schätze, das liegt an dir.«
Tina wusste nicht genau, ob sie nun übervorsichtig war oder ob mehr dahintersteckte, auf jeden Fall sagte sie schnell, das sei eine gute Idee.
»Ich schlafe im Sessel.«
»Schon okay. Wir können uns das Bett teilen. Aber ich warne dich«, fügte sie lächelnd hinzu, »versuch bloß nicht, dich mir zu
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