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Erlösung

Erlösung

Titel: Erlösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Dungs
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Schritte der Pflegerin unterbrachen meinen Gedankengang.
     „Bis heute Abend.“ Mein Flüstern verhallte in dem sterilen Krankenzimmer, lange bevor die Schwester den Raum überhaupt betrat. Ich war schon verschwunden, um diesen Tag in den Schatten zu verbringen. Mein Hunger pulsierte ohnehin unablässig in meinen verdorrten Adern, es war wieder an der Zeit, dass ich Nahrung zu mir nahm. Da ich noch nicht einmal mehr sagen konnte, wann ich zuletzt getrunken hatte, war es überaus dringend, dass ich mich um dieses Problem kümmerte. Mein gesamter Körper fühlte sich abgezehrt und kraftlos an, also lag meine letzte Nahrungsaufnahme sicherlich schon mehr als fünf Tage zurück. Ich war natürlich immer noch bedeutend stärker als jeder normale Mensch, aber für meine Verhältnisse war ich fast schon schwächlich. Als ich das Krankenhausgelände bereits hinter mir gelassen hatte, vibrierte das Handy in meiner Hosentasche. Ich ignorierte es geflissentlich und starrte zum Himmel hinauf. Die UV-Strahlen der Sonne würden schnell unerträglich werden, also steuerte ich zielstrebig in Richtung der nächstgelegenen U-Bahn Station. Das Klingeln meines Telefons schien energischer zu werden, weil ich den Anrufer unnötig warten ließ. Ich wusste aber längst wer dran war, noch bevor ich die Nummer auf dem Display sah. Widerwillig nahm ich das Gespräch entgegen.
     „Nicholas“, meldete ich mich und versuchte dabei nicht genervt zu klingen. „Ich bin bereits unterwegs.“
     „Gut, wir haben nämlich neue Anweisungen von Vincent erhalten, aber mehr dazu, wenn du hier bist.“ Er klang ruhig und beherrscht, so wie immer. Außer meinem Schöpfer kannte ich keinen Vampir, der so diszipliniert war. Für meinen Geschmack war es zu viel des Guten, aber womöglich war er deswegen auch derjenige, der entschied, was wir taten. „Okay, ich bin in etwa einer halben Stunde da.“ Ich beendete das Telefonat und durchquerte auch schon die vollen Straßen der Stadt, das Zeichen der U-Bahn bereits im Blick. Die dunklen Schächte waren ideal, um sich tagsüber unentdeckt fortzubewegen, vor allem, wenn man so schnell war wie ich. Unsere momentane Unterkunft lag in einem abgelegenen Viertel von London, weit vom luxuriösen Trubel des Zentrums entfernt. Das Tunnelsystem war trotzdem perfekt miteinander verbunden und ich erreichte das Haus noch rascher als sonst, obwohl ich nicht sonderlich heiß darauf war, Nicholas zu treffen. Ich hatte den Kopf momentan mit ganz anderen Dingen voll gestopft, aber das durfte er natürlich nicht merken. Bei seinem Scharfsinn war das allerdings ein heikles Unterfangen, zumal er mich wirklich gut kannte. Er war für mich mehr als ein Waffenbruder und vielleicht wollte ich ihn deswegen nicht mit in diese Geschichte reinziehen. Wenn ich gegen die Regeln verstieß, war das eine Sache, aber er hatte eine glänzende Zukunft vor sich, die ihn sicherlich bis in den hohen Rat der Ältesten bringen würde und daran wollte ich bestimmt nichts ändern. Nicholas saß im Wohnzimmer, als ich herein kam. Er hockte über irgendwelchen Unterlagen.
     „Du bist pünktlicher als ich es erwartet hatte.“ Er sah mich nicht an, stattdessen schien er die Blätter zu sortieren, die vor ihm auf dem Couchtisch lagen.
     „Was gibt es so Wichtiges?“ Ich zog meinen Mantel aus und überging seinen kritischen Unterton einfach.
     Nicholas hob den Kopf und seine smaragdgrünen Augen musterten mich eingehend. „Wo warst du eigentlich letzte Nacht?“
     Ich wusste, dass er mich danach fragen würde. „Ich habe mir Gesellschaft gesucht“, antwortete ich kurzerhand und ich setzte mich auf den Sessel, der ihm gegenüber stand. Wenn er mich auf Patrouille gebraucht hätte, dann hätte er sich definitiv gemeldet, also hatte ich kein schlechtes Gewissen. Was sowieso selten vorkam.
     Er strich sich das dunkle Haar aus dem Gesicht und sein Blick fiel wieder auf die Unterlagen. „Okay“, es klang gedehnt. „Laut den Ältesten gibt es größere Aktivitäten in einigen Städten nördlich von hier und so wie ich Vincent verstanden habe, werden wir wohl demnächst ein anderes Gebiet beaufsichtigen müssen.“ Jetzt wurde ich hellhörig.
     „Ein anderes Gebiet?“ Es durfte nicht zu weit weg sein, ich wollte Evelyn hier nicht allein lassen. Ich konnte sie nicht allein lassen.
    „Cambridge oder Oxford, um genau zu sein.“ Er sah mich wieder an. „Studenten und Universitäten, das klingt nach einer perfekten Auswahl für Neuankömmlinge,

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