Erlösung
zum Positiven ausnutzen. Also ging ich einen Schritt auf Peter zu, ich hob dabei beschwichtigend meine Hände, um ihn nicht noch mehr zu reizen und um ihm klar zu machen, dass wir nicht kämpfen mussten.
„Lass ihn einfach gehen“, sagte ich ruhig. In einem Haus, das nur so von Sterblichen wimmelte, wäre ein Kampf ohnehin viel zu gefährlich. Wir konnten von Glück reden, dass es hier noch nicht vor Sicherheitstypen oder der Polizei wimmelte. Das ganze würde in einem blutigen Chaos münden, bei dem ich nicht jeden Menschen vor Peter retten konnte. Ich hatte wenigstens noch einen Funken Hoffnung, dass wir die Sache vernünftig regeln konnten. Aber Peter schüttelte nur ungerührt den Kopf.
„Du weißt, dass ich das nicht tun kann… aus mehreren Gründen.“
Wusste ich das? Diese ganze Situation war auf einmal so unwirklich geworden. Ob wir uns alle fragten, wie es nur so weit kommen konnte? Wie ein Vater seine Tochter vor all´ den Jahren von sich gestoßen haben konnte, nur weil er geglaubt hatte, dass sie nicht von seinem Fleisch und Blut ist. Und Peter. Der erbarmungslose Jäger, der mir ähnlicher war, als ich es je für möglich gehalten hätte.
„Ich schätze, ich wollte immer ein bisschen so sein wie du“, Peter blickte mich an und seine Äußerung schien wirklich eine Beichte zu sein, denn da war keine Spur von Ironie in seinen Worten.
„Und warum hast du dich dann auf die falsche Seite geschlagen?“ Es war ein Sprung zum anderen Thema, aber diese Frage hatte ich mir so oft gestellt. Ich hoffte endlich auf eine Antwort.
Peter fuhr sich durchs kastanienbraune Haar. „Vielleicht war ich einfach nur eifersüchtig, weil du immer schon besser und stärker warst als ich. Oder weil du alles bekommen hast und ich letztendlich nichts. Ich schätze, dass es eine Zeitlang auch einfach ganz amüsant war, die Fronten zu wechseln.“ Er sagte es so beiläufig und kaltschnäuzig, dass mir wieder bewusst wurde, warum wir keine Freunde mehr waren. Es war eine Tatsache, dass er zwei Gesichter besaß.
„Du warst leider schon immer ziemlich gleichgültig, wenn es nicht um dich ging.“
Er zuckte mit den Schultern. „Nenn´ es Selbstschutz.“ Und erneut driftete unser Gespräch in eine andere Richtung ab. Peter bemerkte es anscheinend auch, denn jetzt lenkte er sofort ein. „Ich will nicht mit der alten Leier anfangen, Nicholas, aber damals gab es etwas in meinem Leben, das so wertvoll war, dass ich dafür gestorben wäre. Evelyn wollte für mich unsterblich werden und ich wollte sie verwandeln lassen, damit wir zusammen sein konnten. Ich war so verliebt und egoistisch, dass ich es zur Not auch selbst getan hätte, aber glücklicherweise gab es einen Ältesten, der mir diesen Gefallen tun wollte, was diese Angelegenheit letztendlich sicherer gemacht hätte.“
Der Groschen fiel bei mir, noch ehe Peter seinen Namen aussprechen konnte. „Alexander Crane“, schlussfolgerte ich. Das Puzzle setzte sich Stück für Stück in meinem Kopf zusammen.
„Du warst schon immer ziemlich clever.“
„Aber wieso? Was sollte Crane davon haben…“
„Es war ein Abkommen“, erläuterte er kurzerhand. „Ich sicherte ihm meine Unterstützung zu, bevor ich überhaupt wusste, was er vorhatte… wer weiß, ob er diesen Plan zu diesem Zeitpunkt schon im Kopf hatte, ich meine, das ist über zwanzig Jahre her. Als die Geschichte mit Evelyn jedenfalls eine andere Wendung nahm, war mir ohnehin alles gleich. Ich hatte alles verloren, aber ich hielt mein Wort, auch wenn Alexander seinen Teil der Abmachung nicht einhalten musste. Klingt ziemlich verbittert, ich weiß, doch wie gesagt, zu diesem Zeitpunkt war es mir egal… Tja, ich gebe zu, Nicholas, dass ich heute hierher gekommen bin, um dir weh zu tun. Um Lesley…“, er schluckte und senkte den Blick. „Aber ich hatte nicht erwartet, dass sich innerhalb weniger Minuten alles ändert.“
Mein Instinkt überging seine Äußerung, stattdessen forderte ich eine weitere Antwort. „Wer ist der andere Vampir, der die Fäden in der Hand hält?“ Lag Vincent mit seiner Vermutung richtig?
„Ihr Name ist Elisabeth, doch ich weiß nicht besonders viel über sie. Fast alles lief über Alexander, aber wenn sie einmal anwesend war, dann war ihre Präsenz unglaublich.“ Er hob wieder seinen Kopf, um mich anzusehen. „Sie ist mächtiger als einige der Ältesten. Sie sollte eine von ihnen sein, so viel ist gewiss.“ Also hatte unser Schöpfer richtig gelegen, was eigentlich zu
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