Erlosung
das Gedränge an den Tisch, wo Annika in der Zwischenzeit bezahlt hatte. »Erzählen Sie mir etwas über diese Firma, die Sie gerade erwähnt haben.«
»Birnam Forrest Security?«, fragte Forell.
»Ja«, bestätigte Ella, und zu Annika sagte sie: »Ich muss leider los.« Sie hoffte, dass Anni verstand und suchte nach Absolution in ihrer Miene. »Ich hole dich morgen früh ab. In welchem Hotel wohnst du?«
»Eine Sicherheitsfirma mit Sitz in Zürich«, erklärte Forell. »Es handelt sich um eine Tochterfirma von Rochefort, Gladstone & Wentworth, die hauptsächlich Expolizisten, ehemalige Militärs und Agenten beschäftigt.«
» Residenz , in der KnesebeckstraÃe. Kann ich von hier aus zu Fuà hingehen.« Anni zwinkerte Ella zu, ohne zu lächeln, ist in Ordnung, tu, was du tun musst, und dann trat sie spontan auf Ella zu und umarmte sie. »Du hast mir gefehlt«, sagte sie. Ella presste sie mit dem freien Arm an sich, ein paar Herzschläge lang. »Bis morgen.« Anni lieà Ella los und ging als Erste hinaus, pflügte sich durch die Schlange vor dem Tresen und war drauÃen noch einen Moment im Widerschein der Imbissbeleuchtung zu sehen und dann in der Dunkelheit verschwunden.
»Topleute von der GSG 9«, fuhr Forell fort, »dem deutschen Kommando Spezialkräfte, dem britischen SAS, Xe Services â früher Blackwater â in Amerika oder der Antiterroreinheit GIGN in Paris, nicht zu vergessen die 13. Französischen Dragoner. Söldner, Kampftaucher, Sprengstoffexperten, Scharfschützen oder einfach nur perverse Folterknechte, dazu jede Menge Exkripo, Exinterpol, ExKGB. Das einzige Gesetz, dem sie noch dienen, ist das des Profits. Niederlassungen in Paris, London, Washington, Rom, Moskau, Berlin, Tiflis, unter verschiedenen Namen, aber immer mit den besten Verbindungen zu den jeweiligen örtlichen Dienststellen von Polizei, Landeskriminalämtern, Bundesbehörden.«
Ella folgte Annika, winkte Murat, der zurückwinkte, und ging drauÃen zu dem Taxistand an der Ecke. Sie hielt den Kopf gesenkt. Sie wich den immer noch zahlreichen Passanten vor ihr aus und achtete darauf, dass ihr das Licht nicht ins Gesicht fiel.
Forell sagte: »Die Bezahlung ist erste Sahne. Hervorragende Alters- und Hinterbliebenenversorgung. Minimiertes Todesfallrisiko. Wer noch nicht dabei ist, will dahin, eher heute als morgen. Ganze Seilschaften wechseln vom öffentlichen in den privaten Sektor, behalten aber ihre Kontakte zum alten Arbeitgeber, wo die früheren Kollegen gern jeden Gefallen tun â informieren, manipulieren, sich für den Wechsel profilieren, wie der in Freyermuths Kanzlei getötete Hauptkommissar Kleist. Natürlich sind nicht alle Polizisten gekauft oder korrupt, aber doch so viele, dass man nie wissen kann, wem man trauen darf und wem nicht.«
Er redete jetzt fast wieder normal, schien sich zunehmend sicher zu fühlen, einfach weil er über etwas sprach, womit er sich auskannte. »Woher wissen Sie das alles?«, fragte Ella. Sie überquerte die StraÃe und erreichte den Taxistand.
»Ich habe meine Quellen«, sagte Forell. »Im Kanzleramt und bei Europol. Ãberall, wo Rochefort eine Niederlassung hat
und bei einem schmutzigen Geschäft als anwaltliche Vertretung einer der Parteien agiert, gibt es bald auch jede Menge faule Eier im Nest der Ermittlungsbehörden.«
»Anwälte werden nicht von sich aus tätig«, sagte Ella. »Sie sind nur ein Werkzeug oder ein Schutzwall. Sie werden beauftragt. Wer sind ihre Mandanten?« Sie ging zum ersten Taxi in der Reihe, öffnete die rechte Hintertür des Mercedes und stieg ein. »Zur E 51, Richtung Hannover-Nürnberg«, erklärte sie dem dunkelhäutigen Fahrer. »Hinter Potsdam sage ich Ihnen dann, wieâs weitergeht.« Der Fahrer drehte den kehligen Raj-Gesang im Radio leiser, schaute in den Rückspiegel und schoss los wie ein Pirañha, der eine Blutwolke im Wasser gesichtet hatte. An Forell gerichtet, wiederholte Ella ihre Frage: »Wer sind ihre Mandanten?«
»Einen Moment â¦Â« Der Professor schien nach etwas zu lauschen, bevor er antwortete: »In wessen Auftrag Rochefort, Gladstone & Wentworth gegenwärtig tätig sind, weià ich nicht. Aber ich kann Ihnen sagen, wer bis vor Kurzem zu den wichtigsten Klienten der Kanzlei gehörte: die Familie Lazare und ihre Bank.«
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Aus dem
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