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Erlosung

Erlosung

Titel: Erlosung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischer Claus Cornelius
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Ihre muskulösen nackten Arme waren mit einem glänzenden Schweißfilm überzogen. Auf dem rechten Bizeps befand sich ein Tattoo, das einen Drachen oder ein Seepferdchen zeigen
konnte. Ihre bernsteingelben Augen sahen Ella gleichgültig an. Sie holte ein flaches Handy aus der rechten Tasche der Jogginghose, klappte es auf und wählte eine gespeicherte Nummer. Nach ein paar Sekunden sagte sie mit einer dunklen Stimme: » Elle s’est reveillée. «
    Sie lauschte. » Oui .« Sie ging zum Fenster und zog die Jalousie hoch. Sie umkreiste Ella, ging dann elastisch in die Hocke und fotografierte sie mit dem Handy, wobei sie darauf zu achten schien, dass der Blick aus dem Fenster mit auf dem Bild war. Danach überprüfte sie, breitbeinig über Ella stehend, das Isolierband an Beinen und Handgelenken. Sie roch nach Schweiß und einem herben Eau de Toilette.
    Ella schrie durch die zugeklebten Lippen, bis ihr der Speichel in die Nase drang. Die farbige Frau sah sie an und sagte nichts und tat auch nichts, außer dass sie die Jalousie wieder herunterließ, aus dem Zimmer ging und den Schlüssel im Schloss umdrehte. Als Ella mit dem Schreien innehielt, hörte sie die farbige Frau vor der Tür mit einer anderen Frau sprechen, sie sagte etwas, und die andere Frau antwortete, und dann lachten beide kurz.
    Ella wollte sich wieder auf die Matratze rollen, allerdings gelang es ihr nicht. Einige Zeit später wurde die Tür zum zweiten Mal geöffnet, und die farbige Frau kehrte zurück und brachte ihr einen Nachttopf aus emailliertem Metall. Sie stellte den Topf neben die Matratze und blickte Ella fragend an. Ella nickte. Mit der langen Klinge eines Taschenmessers durchtrennte die Frau das Isolierband an Ellas Beinen, knöpfte ihr die Jeans auf und zog sie herunter. Danach streifte sie Ella auch noch das Höschen bis über die Knie. Ella schoss das Blut in den Kopf. Die Frau trat ein paar Schritte zurück, wandte sich aber nicht ab.
    Ella kehrte ihr den Rücken zu, hockte sich auf den Topf und spürte, wie ihr Tränen der Scham in die Augen stiegen. Als sie
fertig war, stand sie auf, und die farbige Frau zog ihr das Höschen und die Jeans wieder hoch und knöpfte die Jeans zu. Die Frau legte einen Zeigefinger an die Lippen. »Pas hurler!« , sagte sie warnend. Die Knöchel des Fingers waren geschwollen und mit Hornhaut bedeckt. »Don’t yell! « Dann zog sie Ella mit einem Ruck das Isolierband von den Lippen.
    Ella japste vor Schmerz und verschluckte sich fast an der Luft. »Was haben Sie mit mir vor?«, fragte sie keuchend.
    Â» Comprends pas «, sagte die Frau.
    Â»What do you want from me?«
    Â»Don’t speak.« Die halb geschlossenen Augen der Frau waren wie ein Spiegel. Ella sah sich darin und dachte, was immer geschehen kann, ist bereits geschehen, ich brauche nicht mehr darauf zu warten. Nur auf die Erklärung. Diesmal verließ die Frau den Raum nicht wieder, sondern deutete auf die Matratze. » Sit down. « Ella schüttelte den Kopf, aber schließlich gehorchte sie. Sie dachte, du musst so tun, als wärst du bereit mitzuspielen, du musst ihre Wachsamkeit einschläfern.
    Die Frau griff in die Gesäßtasche der Jogginghose und holte eine zusammengefaltete schwarze Plastiktüte hervor, auf der nur das Wort FNAC stand. Mit dem Taschenmesser stach sie mehrere Löcher hinein, dann stülpte sie Ella die Tüte über den Kopf. » Vous pouvez souffler?« , fragte sie. »Υou get air? «
    Â» No! «, sagte Ella, obwohl sie nach einem ersten Moment der Panik feststellte, dass sie genug Luft bekam. Sie versuchte, durch die winzigen Löcher zu spähen. Die Tüte roch schal nach warmem Kunststoff, nach ihrem eigenen Atem. Die farbige Frau stand noch immer vor ihr, sie konnte sie ebenfalls riechen, und dann streifte sie ein Luftzug, und sie hörte, dass noch jemand den Raum betrat, jemand, der keine Sneakers trug, sondern Schuhe mit harten Absätzen. Sie folgte den Schritten nach Gehör, mit dem ganzen Kopf, den Schlitzen in der Tüte, durch die sie nichts sehen konnte, nur weißes Licht. Die Schritte hielten
Abstand zu ihr, näherten sich dem Fenster. Eine Männerstimme sagte: » Bonjour, Madame Bach. «
    Â»Wer ist da?«, fragte sie, und ihre Stimme klang fremd unter der Tüte, viel zu hell. »Wer sind Sie?«
    Â»Das spielt keine Rolle«, sagte die Stimme jetzt auf

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