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Erlosung

Erlosung

Titel: Erlosung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischer Claus Cornelius
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Frau das Glas wegnahm und die Tüte wieder zurechtrückte.
    Â»Kann ich fortfahren?« Der Anwalt schien sich Mühe zu geben, nicht angewidert zu klingen. »Um seine Absicht so lang wie möglich zu verschleiern und so sein Verschwinden vorzubereiten, wollte Lazare seine Geliebte, Mademoiselle Marceau,
erst kurze Zeit später zu sich holen. Ein folgenschwerer Fehler, der uns die Möglichkeit gab, auf Mademoiselle Marceau zuzugreifen. Von ihr erfuhren wir, was ich Ihnen gerade erzählt habe. Geht es Ihnen jetzt besser?«
    Ella gab keine Antwort.
    Â»Die Aufgabe bestand nun darin«, erklärte er, noch immer gereizt, »möglichst schnell in Erfahrung zu bringen, wo Raymond Lazare sich aufhielt und was er Mademoiselle Schneider nach Berlin mitgegeben hatte. Außerdem wollten wir es nach Möglichkeit bei ihr sicherstellen. Alle drei Aufgaben erwiesen sich als unerwartet schwierig, und leider hat der in Berlin eingesetzte Spezialist sich als sehr ungeschickt herausgestellt. Aber in der Zwischenzeit haben andere Mitarbeiter der von uns beauftragten Firma Mademoiselle Marceau weiter befragt und erfahren, dass die Begegnung mit Madeleine Schneider bei Raymond Lazare einen tiefen Eindruck hinterlassen hatte. Unsere Mandanten erkannten, dass sie mit ihr einen Joker in die Hand bekommen hatten, der sich zu gegebener Zeit vielleicht noch als nützlich erweisen könnte. Deswegen beschlossen sie, Mademoiselle Schneider umgehend aus der Klinik, in die Sie sie gebracht hatten, in die Obhut anderer Spezialisten zu überführen. Das alles musste sehr schnell gehen, denn es war ein riskantes Spiel, und jede Karte, die man zog, hatte ein Verfallsdatum. Glücklicherweise half uns das Chaos nach dem Brand in dieser Berliner Diskothek, die Patientin gewissermaßen nahtlos von Ihnen zu übernehmen, was unter den gegebenen Umständen keine großen Schwierigkeiten bereitete.«
    Â»Und eine dieser erwähnten Karten mit dem abgelaufenen Verfallsdatum war Max Jansen«, unterbrach Ella ihn.
    Â»Bedauerlich, ja, ein Kollateralschaden«, gab der Anwalt zu. »Wir wussten einfach nicht, ob Mademoiselle Schneider nicht Ihnen oder ihm etwas gesagt oder gegeben hatte, das sie uns nicht gesagt oder gegeben hatte. Sie konnte zu jenem Zeitpunkt
ja nicht mehr reden, um uns darüber aufzuklären, und wenn sie es gekonnt hätte, hätten wir nicht gewusst, ob sie die Wahrheit sagt.«
    Â»Waren Sie auch bei mir zu Hause?«
    Â»Natürlich.«
    Â»Wenn Sie mich dort angetroffen hätten, dann wäre ich genauso behandelt worden?«
    Â»Wahrscheinlich, ja.«
    Ella hatte noch immer Durst, aber ihr Kopf war wieder klar. »Und da erzählen Sie mir, ich hätte mir das alles selbst eingebrockt? Ich hätte nur aufgeben und mich von einem Ihrer Spezialisten quälen und umbringen lassen müssen, um mir das alles zu ersparen? Anwaltslogik?«, fragte sie wütend. »Wann haben Sie denn beschlossen, sich meine Karte noch mal genauer anzusehen und zur späteren Verwendung wieder im Ärmel verschwinden zu lassen?«
    Wieder schien der Anwalt kurz zu zögern, ehe er antwortete: »Mademoiselle Marceau hatte nicht Ihren Durchhaltewillen und vermutlich auch ein schwaches Herz. Wir mussten überlegen, wie wir mit einer weiteren Leiche umgehen sollten, die wir nicht einfach verschwinden lassen konnten, immerhin war sie die Geliebte eines der reichsten Männer der Welt gewesen. Nachdem Sie uns aber schon so viele Probleme bereitet hatten, entstand die Idee, Sie in den Plan zu integrieren und den Tod von Mademoiselle Marceau bei passender Gelegenheit als weitere Etappe auf ihrem Weg von Berlin nach Paris sichtbar werden zu lassen. Es ist wie bei einem Puzzle oder einer Schnitzeljagd: Es zählt immer nur die nächste Etappe, das große Ganze erkennt man erst am Ende.«
    Ella fragte: »Würde es mir helfen, das große Ganze etwas schneller zu verstehen, wenn Sie mir sagen, warum die Frau, die mich hier bewacht, vorhin ein Foto von mir gemacht hat?«
    Â»Jedes Handyfoto weist ein Datum und eine Uhrzeit auf.
Diese Aufnahme dient als Beweis dafür, dass Sie zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort waren.«
    Â»Das Foto zeigt mich gefesselt auf dem Boden einer Wohnung, die wie tausend andere aussieht – «
    Â»Nur mit dem Unterschied, dass diese Wohnung Raymond Lazare gehört«, erklärte der Anwalt. »Er besitzt viele Wohnungen, und

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