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Ermittler in Weiß - Tote sagen aus

Ermittler in Weiß - Tote sagen aus

Titel: Ermittler in Weiß - Tote sagen aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgan Dürwald
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Herbert tüchtig zu erschrecken. Er wollte sich mit dem Kopf in eine solche Schlaufe hängen, die Zunge herausstrecken und so tun, als ob er tot sei und sich aufgehängt hätte. Er freute sich bereits im Voraus gewaltig auf das entsetzte Gesicht des Freundes. Karl suchte sich einen Riemen aus, der so hing, dass man ihn beim Eintreten in die Halle sofort sehen musste. Dann hängte er sich mit dem Kinn so hinein, dass der Lederriemen rechts und links am Kinn hochstieg, über beide Schläfen verlief und dann nach oben zur Transmissionswelle ging. Es war ziemlich anstrengend, sich so in die Schlinge zu hängen, dass der ganze Körper nur mit dem Kinn gehalten wurde. Der Rand des Lederriemens verlief an der Halsvorderseite etwas oberhalb des Kehlkopfes. Abgesehen von der Anstrengung, den Körper mit dem Kinn zu halten, sah Karl keinerlei Probleme bei diesem »Scherz«. Die Gefahr des unfreiwilligen Erhängens bestand seiner Meinung nach offenbar nicht, da ja die Schlinge nicht um den Hals ging, sondern nur unter dem Kinn verlief. Er dachte wahrscheinlich nur: »Hoffentlich kommt Herbert bald. Lange halte ich diese Stellung nicht aus.« Gebannt starrte er auf die Tür, um rechtzeitig die Zunge herauszustrecken und den Eindruck eines Erhängten zu machen, wenn die Tür aufgehen würde und Herbert hereinkäme. Als der Freund die Halle betrat und Karl mit heraushängender Zunge im Transmissionsriemen hängen sah, bekam er im ersten Moment tatsächlich einen heftigen Schreck. Dann sah er aber, dass Karls Kopf ja nur mit dem Kinn in der Schlinge hing. Ein Scherz also! »Mach keinen Quatsch, Karl. Mit so was scherzt man nicht. Das kann auch mal ins Auge gehen.« Und es war schon ins Auge gegangen. Als Karl auf Herberts Worte nicht reagierte, ging dieser zu ihm und stieß ihn an. Durch den Stoß fiel Karl aus der Schlinge auf den Boden und blieb bewegungslos liegen. Da Herbert immer noch an einen Scherz glaubte, meinte er: »Na, ja, dann bleib' eben liegen. Ich gehe schon mal zum Essen.« An der Tür drehte er sich noch einmal um und sah, dass Karl noch völlig unverändert in der gleichen arg unbequemen Haltung am Boden lag. Ihm dämmerte, dass es sich doch um kein Spiel handelte. Da war etwas passiert. Er lief zurück und beugte sich zu dem am Boden Liegenden und schüttelte ihn. Nichts tat sich. Keine Atmung! Er fühlte den Puls. Nichts! Er öffnete das Hemd und legte das Ohr auf die Herzgegend. Nichts! Er machte Wiederbelebungsversuche, wie er es als Rettungsschwimmer gelernt hatte. Ohne jeden Erfolg. Hier musste ein Arzt her. Er lief fort und holte Hilfe. Der Arzt war sehr schnell zur Stelle. Aber auch er konnte nur noch den Tod feststellen. Aber warum war der Tod eingetreten? Der Hals war doch weder umschlungen noch zusammengepresst. Die Luftröhre konnte gar nicht verschlossen sein. Wieso war nach so kurzer Zeit der Tod eingetreten? Stimmten denn die Angaben des Arbeitskollegen Herbert? War vielleicht doch ein Streit vorausgegangen? Alles Fragen, die jetzt auftauchten und eine Antwort verlangten. Vom Staatsanwalt wurde deshalb eine gerichtliche Leichenöffnung angeordnet. Am nächsten Tag führten wir die Sektion durch. Die Lage des Strangwerkzeugs konnte anhand der Abschürfungen und Eintrocknungen am Hals eindeutig rekonstruiert werden. Sie bestätigte die Angaben des Arbeitskollegen. Es war tatsächlich nur das Kinn in der Schlinge gewesen. Jedoch fanden sich an der Vorderseite des Halses strichförmige Eintrocknungen, die darauf hinwiesen, dass die eine Kante des Transmissionsriemens doch gegen die Halsvorderseite gedrückt hatte. Es war eindeutig, dass der Tod durch Ersticken eingetreten war. Diese Art der Strangulation ist durchaus geeignet, den Tod herbeizuführen. Durch den Druck auf die Vorderseite des Halses wird zwar nicht die Luftröhre zusammengepresst, aber die großen Blutgefäße, die das Gehirn mit sauerstoffreichem Blut versorgen. Es kommt dann sehr schnell zur Bewusstlosigkeit. Ist bei Eintritt der Bewusstlosigkeit das Strangwerkzeug, in diesem Fall der Transmissionsriemen, so fixiert, dass es auch ohne aktive Mithilfe des Betreffenden in dieser Lage bleibt, so tritt nach einiger Zeit der Tod ein. Andere Todesursachen konnten ausgeschlossen werden. Für einen vorausgegangenen Streit gab es keinerlei Anhaltspunkte. Das ganze Geschehen war tatsächlich als Unfall zu werten. In diesem Zusammenhang muss man wissen, dass die Strangulation, d.h. die Umschnürung des Halses durch ein Strangwerkzeug, keinesfalls

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