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Ermittler in Weiß - Tote sagen aus

Ermittler in Weiß - Tote sagen aus

Titel: Ermittler in Weiß - Tote sagen aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgan Dürwald
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Assistenzarzt machte es nichts aus, er hatte heute sowieso nichts vor. Als wir am Sektionsort ankamen, dämmerte es bereits. Die Kriminalisten und der Staatsanwalt waren schon anwesend und begrüßten uns. Der Staatsanwalt erläuterte mir kurz die Sachlage: Am Vormittag hatten Kanalarbeiter bei der routinemäßigen Reinigung des Kanalsystems auf einer etwas außerhalb der Stadt gelegenen Straße ein Hindernis in einem Einstiegsloch des Abflusskanals entdeckt. Als das Hindernis beseitigt wurde, entpuppte es sich als die Leiche einer etwa 30jährigen Frau, die mit Kartoffelkraut zugedeckt war. Sie war vollständig bekleidet, hatte aber keinerlei Ausweispapiere bei sich Der hinzugezogene Arzt konnte keine Verletzungen feststellen und auch keine Angaben zur Todesursache machen. Ein gewaltsamer Tod war aber wahrscheinlich, und es bestand Verbrechensverdacht, denn die Tote war ja nicht selbst in das Abflusssystem gekrochen, zumal der relativ schwere Gully-Deckel wieder ordnungsgemäß aufgelegt worden war. Wir begannen also mit der Sektion. Äußerlich fand sich zunächst nichts Auffälliges. Die gesamte Kleidung war stark durchfeuchtet, die Haare hingen nass und strähnig herab. Die Hände und Füße wiesen eine deutliche Waschhautbildung auf, ein Zeichen, dass die Tote schon einige Zeit in der feuchten Umgebung gelegen hatte. Da es in den letzten Tagen stark geregnet hatte und die Abflusskanäle voller Wasser waren, sprach nichts dagegen, dass die Leiche schon vor mehreren Tagen in den Gully verbracht worden war. Erst bei genauer Untersuchung des behaarten Kopfes fand ich an der linken Schläfe ein kreisrundes, wie gestanzt aussehendes Loch von genau 11 Zentimeter Durchmesser. Eine normale Schussöffnung war das nicht. Die weitere Untersuchung ergab, dass in der Umgebung des Loches die Kopfhaut stark unterblutet war; im Gehirn entdeckte ich einen etwa sechs Zentimeter langen, wie ein Schusskanal aussehenden Zerstörungsbezirk, an dessen Ende ein kreisrundes, wie ausgestanzt aussehendes Knochenstück sichtbar wurde. Weiterhin befand sich im gesamten Schusskanal eine größere Anzahl etwa ein Zentimeter langer Haarstücke. Ganz offensichtlich hatte diese Verletzung den Tod herbeigeführt. Sie war vermutlich mithilfe eines so genannten Bolzenschussgerätes beigebracht worden, ein Gerät, wie es zum Töten von Schlachttieren von Fleischern benutzt wird. Die Todesursache war nun klar. Aber wie war diese Verletzung beigebracht worden? Ein derartiges Gerät muss auf die Haut aufgesetzt werden, dann treibt eine Platzpatrone einen etwa sechs bis acht Zentimeter langen Bolzen heraus, der in den Schädel und in das Gehirn eindringt. Wer immer dieses Gerät abgeschossen hatte, er musste sich unmittelbar neben dem Opfer befunden haben. Außerdem konnten wir davon ausgehen, dass die Tote ihren Mörder gekannt hatte, da keinerlei Abwehrverletzungen oder Spuren, die auf einen Kampf hindeuteten, vorlagen. Die Sektion erbrachte aber noch ein weiteres wichtiges Ergebnis: Die Tote war im neunten Monat schwanger, was, da sie sehr korpulent war, bei der Bergung und auch bei der äußerlichen Besichtigung zunächst nicht erkennbar gewesen war. Zu klären blieb die Identität der Toten sowie von wem und warum sie getötet worden war. Dabei konnte man die Vermutung einbeziehen, dass der Mord mit der Schwangerschaft zusammenhing. Der Staatsanwalt ersuchte uns, durch eine Leichentoilette das Gesicht der Toten so herzurichten, dass ein Lichtbild gemacht werden konnte, mit dem man nach Personen suchen konnte, die die Tote gekannt hatten. Die Kriminalisten befragten zunächst die Anwohner in der Umgebung des Fundortes, die die Tote aber nicht kannten. Da das Bolzenschussgerät auf das Fleischerhandwerk hingewiesen hatte, konzentrierten sich die weiteren Ermittlungen darauf. Mit Erfolg. Als einer der Kriminalisten im örtlichen Schlachthof Erkundigungen einzog und dem Pförtner das Lichtbild der Toten zeigte, reagierte dieser spontan: »Das ist doch die Frau von unserem Kopfschlächter. Die ist doch nach drüben abgehauen.« Unverzüglich wurde der Genannte im Betrieb aufgesucht und nach seiner Frau befragt. Er erzählte, dass sie vor etlichen Tagen nach Westdeutschland zu ihrer Schwester gefahren sei. Sie habe sich aber noch nicht von drüben gemeldet. Er mache sich inzwischen Sorgen um sie und wolle in den nächsten Tagen einen Brief an die Schwägerin schreiben, um zu erfahren, ob seine Frau gut angekommen sei und warum sie sich nicht melde. Als er

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