Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ermorden Sie ihn unauffällig

Ermorden Sie ihn unauffällig

Titel: Ermorden Sie ihn unauffällig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
drinhaben, von Anfang an.«
    Er schleuste den schweren Wagen
elegant in eine Lücke auf dem Parkplatz vor dem Bahnhof. »Da sind wir. Und laß
dir in Iowa keine amerikanischen Half-crowns aufhängen, Danny.«
    »Besten Dank fürs Herbringen,
Louis«, sagte ich, »Würde es dir etwas ausmachen, mir noch eine letzte Frage zu
beantworten?«
    »Kaum«, sagte er
schulterzuckend.
    »Ich bin immer noch neugierig,
was Midnight angeht«, bekannte ich. »Wenn jemand makabre Seelen studieren
möchte, ist sie bestimmt das geeignete Objekt. Du warst es, der sie zuerst mit
jenen giftigen Spinnen verglichen hat, die man Schwarze Witwen nennt. Für mich
ist das ein überaus interessanter Gegensatz zu jenem Teil ihrer Persönlichkeit,
der sich mit Münzensammeln beschäftigt, findest du nicht auch? Ich überlege
schon, ob sie Männer vielleicht ebenso sammelt wie Münzen, Louis?«
    »Eine bestechende Theorie,
Danny«, sagte er und kicherte leise. »Aber sie ist natürlich vollkommen
abwegig.«
    »Bestimmt?« sagte ich sanft.
    An der Narbe neben seinem
Mundwinkel konnte man seinen Puls zählen, er schlug schnell, aber unregelmäßig.
    »Es geht nicht nur um den
Triumph, jemand verführt zu haben«, fuhr ich gleichmütig fort. »Vielleicht
gehört das bei Midnight zunächst mal unbedingt mit dazu, aber ich glaube, was
danach kommt, ist weitaus wichtiger — und gefährlicher. Ich vermute, daß sie
großes Geschick besitzt, Menschen zu durchschauen und ihre Schwächen zu
erkennen. Und dann benutzt sie diese Menschen gewissenlos als Werkzeuge, bis
sie sich hoffnungslos in ihr Netz verstrickt haben. Und dann ist es zu spät,
man hat schon viel zuviel gemeinsame Geheimnisse und Erlebnisse. Was hältst du
davon, Louis?«
    »Ich hab’s dir schon mal
gesagt«, sagte er scharf, »es ist ganz amüsant, aber überaus lächerlich.« Er
holte tief Luft, und hinter der Narbe pulste es jetzt stärker, auch regelmäßiger.
»Und nun habe ich dir hoffentlich deine letzte Frage beantwortet.«
    »Nein, noch nicht.« Ich
schenkte ihm ein wohlwollendes Lächeln. »Das alles war sozusagen nur die
Einleitung. Aber hier ist meine Frage: Hattest du jemals wirklich die Wahl,
entweder mit Max Summers zu gehen oder bei Midnight zu bleiben, Louis? Oder
warst du schon so fest in ihr Netz verstrickt, daß du dich gar nicht mehr
daraus befreien konntest?«
    »Boyd«, sagte er halberstickt,
»steig aus, bevor ich dich hinauswerfe!«
    »Bitte keinen Krach mit mir
anfangen, Louis, wir sind doch nicht in derselben Gewichtsklasse«, sagte ich
freundlich. »Weißt du, was mir bei dem richtigen Benares aufgestoßen ist? Was
ihn am meisten verletzt hat, mehr als diese zehn Tage unter rotem Licht, mehr
sogar als diese sadistischen Prügel — am meisten hat ihn mitgenommen, daß er
von einem alten Kumpel, seinem besten Freund, verraten worden war. Er konnte
einfach nicht verstehen, daß einer, dem er immer völlig vertraut hatte, sich
plötzlich in einen so abgefeimten Schurken verwandelte — so einen wie dich,
Louis.«
    Seine Hände krampften sich um
das Lenkrad, die Knöchel traten weiß hervor. »Steig aus«, flüsterte er, »oder
ich bring’ dich um.«
    »Du bist so ziemlich der
seltsamste Verräter, dem ich je begegnet bin«, fuhr ich im gleichen
Konversationston fort. »Offenbar gut erzogen, bestimmt hochbegabt, selbstbewußt
— warum nur mußtest du einen kleinen Strolch wie Benares hintergehen, der
außerdem noch ein alter Freund war? Wieso hast du dabeigestanden, als Midnight
ihrem perversen Trieb nachging, einen Mann — einen alten Freund von dir — zu
einem Tier zu erniedrigen?«
    Sein Kopf sank aufs Lenkrad
hinab, er wandte hastig sein Gesicht ab. »Dafür werde ich dich umbringen,
Boyd«, schluchzte er. »Wart’s nur ab. Und wenn es das letzte ist, was ich
jemals tue, ich werde...«
    Ich öffnete die Tür und stieg
aus, denn in diesem Augenblick fuhr der Zug ein.
    »Vergiß nur eins nicht, Louis.«
Ich steckte meinen Kopf noch einmal in den Wagen. »Von übermorgen ab lebt und
atmet Johnny Benares wieder, und zwar in Swinburn, Iowa. Er liegt gar nicht
unter einer Handbreit frischem, schnelltrocknendem Beton, wo ihn ein
verräterischer Schuft — dem er als Freund vertraute — begraben hat.«
     
     
     

5
     
    Spät am Vormittag des 26.
Oktober stieg ich im Cattleman's Hotel ab, wobei ich mich mit elegantem
Schriftzug als »J. Dogood« eintrug. Der Mensch am Empfang hatte weder Post für
mich noch Anrufe zu vermelden, immerhin unternahm er tapfer

Weitere Kostenlose Bücher