Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ernest Hemingway

Ernest Hemingway

Titel: Ernest Hemingway Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
Vom Netzwerk:
und nicht eher sterben, als bis man ihnen den Kopf abschneidet. Möglicherweise sterben Katzen auch dann nicht; da sie ja bekanntlich neun Leben haben, aber die meisten Menschen sterben wie Tiere und nicht wie Menschen. Ich hatte niemals einen sogenannten natürlichen Tod gesehen, und ich gab dem Krieg die Schuld daran und wußte wie Mungo Park, jener rastlose Reisende, daß es etwas anderes gab, dies gewisse Etwas, dies immer fehlende Etwas, und dann sah ich einen.
    Der einzige natürliche Tod, den ich je gesehen habe, bis auf den durch Blutverlust, der nicht schlimm ist, war der Tod durch Spanische Grippe. Dabei ertrinkt man im Schleim und erstickt, und daß der Patient tot ist, merkt man daran, daß er zum Schluß wieder zu einem kleinen Kind wird, jedoch mit seiner männlichen Stärke, und die Laken genauso wie irgendeine Windel vollfüllt mit einem unermeßlichen, endgültigen gelben Erguß, der noch rinnt und weitertröpfelt, nachdem der Kranke bereits hinüber ist. Jetzt möchte ich darum den Tod irgendeines sich selbst als Humanisten bezeichnenden Menschen sehen, weil ein rastloser Reisender wie Mungo Park oder ich fortleben werden und möglicherweise noch den natürlichen Tod von Mitgliedern dieser literarischen Sekte erleben und ihre erhabenen Abgänge beobachten werden. Bei meinem Sinnieren als Naturforscher ist mir aufgefallen, daß, wenn auch Schicklichkeit eine ausgezeichnete Sache ist, manche sich unschicklich benehmen müssen, falls die Rasse sich fortsetzen soll, da die für die Zeugung vorgeschriebene Stellung unschicklich ist, höchst unschicklich, und mir kam der Gedanke, daß diese Leute vielleicht dies sind oder waren: Kinder einer höchst schicklichen Beiwohnung. Aber ungeachtet dessen, wie sie begannen, hoffe ich das Ende von einigen zu sehen und Betrachtungen darüber anzustellen, wie Würmer sich an jener langbewahrten Sterilität versuchen werden. «Ihr Schreiben wird zugrunde gehn und ihre Geilheit bleibt (als Fußnote) stehn.»
    I Der Leser wird wegen der Erwähnung einer vergangenen Zeiterscheinung um Nachsicht gebeten. Die Anspielung, wie alle Anspielungen auf irgendwelche Moden, datiert die Geschichte, aber sie ist wegen ihres gelinden historischen Interesses beibehalten und auch, weil ihr Fortfall den Rhythmus stören würde.
    Während es vielleicht in einer Naturgeschichte der Toten gerechtfertigt ist, sich mit diesen Bürgern von eigenen Gnaden zu befassen, wenn auch diese Bezeichnung nichts bedeuten mag, wenn dieses Werk erscheint, ist es trotzdem ungerecht gegen die anderen Toten, die nicht aus freier Wahl in ihrer Jugend tot waren, die keine Zeitschriften besaßen, von denen zweifellos viele noch nicht einmal eine Kritik gelesen hatten, jene, die man bei heißem Wetter liegen sah, während ein Haufen Würmer die Stelle bearbeitete, wo einst ihr Mund gewesen sein muß. Die Toten hatten nicht immer heißes Wetter: sehr oft war es der Regen, der sie reinwusch, wenn sie in ihm lagen, und der die Erde, nachdem man sie darin begraben hatte, aufweichte, und der dann manchmal anhielt, bis die Erde zu Schlamm wurde und sie herauswusch und man sie von neuem begraben mußte. Oder im Winter in den Bergen mußte man sie in den Schnee legen, und wenn der Schnee im Frühling schmolz, mußte jemand anders sie begraben. Es gab wunderschöne Friedhöfe in den Bergen – Krieg in den Bergen ist der schönste aller Kriege –, und in einem von diesen, an einem Ort, der Pocol hieß, begrub man einen General, der von einem Scharfschützen durch den Kopf geschossen war. Hier befinden sich die Schriftsteller, die Bücher mit dem Titel Generale sterben im Bett schreiben, im Irrtum, weil dieser General hoch oben in den Bergen in einem in den Schnee gegrabenen Schützengraben starb, und er trug einen Alpinihut mit einer Adlerfeder daran und einem Loch vorn, in das man nicht den kleinen Finger hineinstecken konnte, und einem Loch hinten, in das man seine Faust hineinstecken konnte, wenn es eine kleine Faust war, und wenn man sie hineinstecken wollte, und viel Blut im Schnee. Er war ein verdammt guter General gewesen, und General von Behr auch, der das bayerische Alpenkorps in der Schlacht von Caporetto befehligt hatte und in seinem Stabsauto von der italienischen Nachhut, als er an der Spitze seiner Truppen nach Udine hineinfuhr, getötet wurde, und die Titel all solcher Bücher sollten lauten: Generale sterben meistens im Bett, wenn man in derartigen Dingen etwas wie Genauigkeit anstrebt.
    In den Bergen

Weitere Kostenlose Bücher