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Erntedank

Erntedank

Titel: Erntedank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Michael; Klüpfel Kobr
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Kommissar schloss die Augen, doch das Bild blieb. Er streckte einen Arm aus und stützte sich am Baum neben ihm. Dann hatte er die Übelkeitsattacke niedergekämpft. Doch ein leichter Schwindel blieb. Und er wusste auch, weswegen. Schuld war die Erkenntnis, dass er es tatsächlich mit dem gleichen Mörder zu tun haben musste. Ein Serientäter – schlimmer hätte es nicht kommen können.
    Dieser Gedanke ließ sein Hirn langsam wieder anfangen zu arbeiten.
    »Wie lange liegt sie schon hier?«, wollte er von Böhm wissen, der gerade dem örtlichen Bestatter bedeutete, herunterzukommen und die Leiche mitzunehmen. Doch der schien wie festgewachsen und blickte entsetzt vom Abhang herunter auf die Leiche. Es beruhigte den Kommissar etwas, dass selbst so ein »Profi« mit solchen Anblicken noch seine Probleme haben konnte.
    »Das ist verdammt schwer zu sagen. Die Umstände, das Wasser … Ist ja sozusagen nur eine halbe Wasserleiche, der Unterkörper hat schließlich an der Luft gelegen. Und unten waren schon diverse Tierchen dran, nicht nur die Insekten. Also ich würde sagen, auch nach den Hämatomen von den Fesselspuren an den Handgelenken zu urteilen … eine Woche vielleicht. Möglicherweise auch etwas kürzer. Aber nach der Obduktion werde ich genauere Hinweise haben.«
    Kluftinger durchfuhr es wie ein Blitz.
    »Was hast du gerade gesagt?«, fragte er schnell.
    »Na, dass sie vielleicht eine Woche … «
    Kluftinger ließ ihn nicht ausreden: »Nein, danach. Danach!«
    Der Kommissar war aufgeregt, weil irgendetwas, was Böhm gesagt hatte, eine Saite in ihm zum Klingen gebracht hatte. Ein Gedanke hatte für den Bruchteil einer Sekunde sein Bewusstsein gestreift und war wieder verschwunden. Ein wichtiger Gedanke.
    Böhm wusste nicht, worauf der Kripobeamte hinaus wollte. Deswegen wiederholte er einfach seinen letzten Satz: »Ich habe gesagt, dass ich nach der Obduktion Hinweise darauf … «
    Wieder unterbrach ihn Kluftinger.
    »Der Hinweis … «, flüsterte er. »Natürlich. Der Hinweis!«
    Die Umstehenden blickten sich fragend an.
    »Beim letzten Mal hat der Mörder uns einen Hinweis hinterlassen. Ich meine, zusätzlich zur Krähe. Auch wenn wir ihn noch nicht verstanden haben – wenn es der Gleiche ist, dann hat er vielleicht auch jetzt etwas dagelassen.« Seine professionelle Denkweise verdrängte den Gedanken an den grausigen Fund. Kluftinger stand jetzt regelrecht unter Strom.
    »Wir haben nichts gefunden«, wandte Renn ein, der nun seine Kapuze abstreifte. Auf seiner Glatze hatten sich unzählige Schweißtröpfchen gebildet.
    Kluftinger sah sich um.
    »Habt ihr alles abgesucht … ?«
    »Natürlich. Sogar auf den Knien sind wir gerobbt.«
    »Zefix, das wäre jetzt auch zu schön gewesen.«
    Kluftinger fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Er wirkte konzentriert. Keiner sprach ihn an. Sie warteten alle auf einen seiner berüchtigten Geistesblitze. Und sie wurden nicht enttäuscht. Plötzlich riss Kluftinger die Augen weit auf und richtete den Blick nach oben. »Wenn ihr hier was hinterlassen wolltet, das gefunden werden soll, wo würdet ihr es platzieren?«, fragte er in die Runde und hielt seinen Kopf weiter im Nacken. »Natürlich«, sagte Renn und schlug sich mit der flachen Hand auf die Stirn. Dann blickte auch er nach oben.
    Nach und nach taten es ihm alle gleich, auch Maier, obwohl er keine Ahnung hatte, warum alle in den Himmel starrten. Aber da das anscheinend alle außer ihm wussten, behielt er das für sich.
    »Da! Da oben!«, rief Kluftinger plötzlich und zeigte auf eine Tanne. Er rannte hinüber und schob ein paar Zweige zur Seite. Nun sahen es auch die anderen. Ein paar Zentimeter über Kluftingers Kopf, an einem verödeten Ast, hing etwas.
    »Eine Handtasche«, sagte Kluftinger und streckte die Hand danach aus.
    »Finger weg!«, gellte ein Schrei durch den Wald und ließ nicht nur Kluftinger zusammenzucken. Normalerweise würde er so nicht mit sich reden lassen, aber er wusste, dass ihn Willi Renn, von dem der Schrei gekommen war, vor einer Dummheit bewahrt hatte. Zum zweiten Mal an diesem Tag hätte er die Arbeit des Erkennungsdienstes beinahe wesentlich erschwert.
    »Die wird jetzt erst einmal eingetütet«, sagte Renn, der inzwischen neben dem Kommissar stand, und öffnete eine Plastiktüte. Dann machte er mit dem Kopf eine Bewegung nach unten, was Kluftinger als Aufforderung deutete, die Tasche hineinzulegen.
    »Aber du hast doch grad gesagt, ich soll sie nicht anfassen«,

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