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Ernten und Sterben (German Edition)

Ernten und Sterben (German Edition)

Titel: Ernten und Sterben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter M Hetzel
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deutlich zu hören.
    Albertine liefen die Tränen über die Wangen. »Wir haben Schuld auf uns geladen«, flüsterte sie. »Das wird mich jetzt mein Leben lang verfolgen, und zwar zu Recht. Wir haben das Schicksal herausgefordert und uns egoistisch verhalten. Nie, nie hätten wir es so weit kommen lassen dürfen. Wir sind keinen Deut besser als dieser wahnsinnige Killer. Ich kann nicht mehr. Ich mach da nicht mehr mit.«
    »Ich ruf die Polizei an«, sagte Egon-Erwin. Nach dem ersten Klingeln hatte er Müller Zwo am Apparat.
    »Wir haben ihn nicht erschossen. Wir haben auch die vier anderen bedauernswerten Menschen nicht getötet. Uns trifft keine direkte Schuld. Und wahrscheinlich wird der Psycho für immer frei herumlaufen, wenn wir ihn nicht zur Strecke bringen«, sagte Hubertus.
    Der Stallbursche kam aus dem Stall und ging auf die Leiche zu. Er hatte eine Pferdedecke mitgebracht und legte sie vorsichtig über den Kopf seines ehemaligen Chefs. Dann blieb er ruhig stehen und legte die Hände feierlich zusammen. Zum Abschied nickte er respektvoll. In die Runde sagte er: »Ich war im Stall, habe nichts gehört und nichts gesehen. Hab nicht einmal gewusst, dass er Sie treffen wollte.«
    Hubertus, Egon-Erwin und Albertine hätten sich gern auf die Holzbank vor dem Haus gesetzt, aber niemand traute sich, den ersten Schritt zu tun. Deshalb warteten sie im Stehen, bis Müller Zwo mit seinem Team endlich eintraf.
    »Sich mit Ihnen zu treffen, ist mies fürs Karma.« Müller Zwo versuchte, die getrübte Stimmung etwas zu lockern, erntete aber nur missbilligende Blicke.
    »Na gut. Warum haben Sie sich mit dem Bürgermeister getroffen, und was ist passiert?« Müller Zwo gab der Praktikantin Zeichen, auf Distanz zu bleiben, doch sie ging selbstbewusst auf die Gruppe zu.
    »Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Susanne Kampnagel, und ich studiere am Institut für kriminologische Sozialforschung der Universität Hamburg.« Damit ging sie in die Knie, um sich die tödliche Verletzung aus der Nähe anzusehen. Sie streifte sich Gummihandschuhe über und hob dann vorsichtig die Pferdedecke an.
    Jetzt kippt sie um, dachte Müller Zwo und zog die Luft zwischen den Zähnen ein.
    Doch es passierte nichts dergleichen. Es dauerte nicht lange, und sie deckte Bürgermeister Focken wieder zu, um den Kollegen von der KTU das Feld zu überlassen. Damit konnten sich jetzt auch alle vom Tatort entfernen. Albertine setzte sich auf die Holzbank und vergrub ihr Gesicht in den Händen.
    »Haben Sie den Schuss gehört?«, fragte Susanne Kampnagel.
    Hubertus schüttelte den Kopf. »Es war so still wie immer. Er ist einfach umgefallen, wie vom Blitz getroffen. Erst als er auf dem Rücken lag, haben wir das Blut fließen gesehen. Es war … es ist grauenhaft.«
    »Was befindet sich auf dieser DVD oder CD , die zerbrochen auf dem Boden liegt?« Kampnagel deutete auf die silbernen Splitter, die überall um die Leiche herum im Staub lagen.
    »Fotos. Ich hatte Fotos von Focken gemacht, die ihn in kompromittierenden Situationen zeigen«, sagte Egon-Erwin wahrheitsgemäß.
    »Dann war das bestimmt die Sicherungskopie?«, sagte Susanne.
    Egon-Erwin nickte.
    »Das reicht mir fürs Erste. Haben Sie noch Fragen an die Zeugen, Kollege Müller?« Susanne wandte sich an Müller Zwo.
    »Nein.« In diesem Augenblick wurde Müller Zwo klar, warum er seinen Namen zu Recht trug. Er hatte seine Meisterin gefunden.
    »Bleiben Sie bitte jederzeit erreichbar, falls ich, äh, falls wir noch Fragen an Sie haben.« Susanne schlug Müller Zwo leise vor, doch den Notfallpsychologen anzufordern, damit der sich um Pia und ihre Mutter kümmerte. Müller Zwo zückte sofort sein Handy.
    Kampnagel ging in die Richtung, wo der Scharfschütze beim Schuss gestanden haben musste. Sie lief quer über ein sehr breites Feld und zählte dabei die Schritte, bis sie zum Wald kam. Ungefähr tausend Meter hatte sie hinter sich gebracht. Dann tat sie noch ein paar Schritte in den Wald hinein und suchte nach einer Stelle, die freie Sicht auf das Haus des Bürgermeisters zuließ.
    In diesem Moment sah sie die Tatwaffe auf dem Boden liegen. Ein dunkel glänzendes Insekt aus hartem schwarzen Metall, das den Tod lautlos brachte. Die Waffe sah irgendwie exotisch aus, aber eben auch unheimlich. Kampnagel kam aus dem Grübeln nicht mehr heraus. Normalerweise waren solche exakten Treffer aus dieser Entfernung unmöglich. Vor ihr stand auf einem Dreibein-Stativ eine XS 1, die siebzehntausendfünfhundert

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