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Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Meeresfrüchte fürs Kloster abholen wolle. Obwohl er nach diesem Elfgar rief, war er nirgends zu sehen, und Guthfrith lud die Reisenden in knurrigem Ton ein, sich in seinem Haus auszuruhen.
    Die Reisenden nahmen das Angebot an und folgten Guthfrith. Im Verlauf der Reise hatte Belisarius gelernt, dass es bei den Germanen eine honorige Tradition der Gastfreundschaft gab, selbst in einem Land, das von seinen Königen noch immer nicht vollständig beherrscht wurde und in dem man Fremden mit Misstrauen begegnete. Natürlich half es immer, die Achse dieser alten Tradition der Großzügigkeit mit ein paar Silbermünzen zu schmieren.
    Das verräucherte Innere der Hütte war dunkel, obwohl die vor dem Eingang hängenden Felle an diesem hellen Sommertag zurückgebunden waren. Der Boden starrte vor Dreck, und die über die Vorratsgruben gelegten Planken knarrten leise, als Belisarius darauf trat.

    Erstaunlicherweise war Guthfriths Zuhause um einen Baumstamm herum errichtet worden, der wie eine dunkle Säule in der Mitte aufragte. Über der Feuerstelle, unmittelbar unter dem strohgedeckten Dach, sah man einige kahle, versengte Äste des Baumes, und schmutzige Ritualgegenstände aus Stoff und Stroh baumelten von den Zweigen.
    Guthfrith bedeutete den beiden, sich in eine dunkle Ecke zu setzen, und brachte ihnen Krüge mit sandigem Bier, Holzschüsseln mit einer Brühe aus Meeresfrüchten und dicke Brotscheiben, die sich härter anfühlten als das Holz der Schüsseln. Dies waren die Grundnahrungsmittel der Bauern, und Belisarius kannte sich damit aus. Man tunkte das Brot in die Suppe, damit es weicher wurde, und bearbeitete es mit den Zähnen, bis man ein kleines Stück abbeißen konnte. Die mit Meerwasser versetzte Suppe aus ein paar wenigen kostbaren Schalentieren war dick und salzig, aber schmackhaft.
    Guthfrith entschuldigte sich für diese Kost. »Die Hungermonate kommen.«
    Belisarius verstand und tat seine Entschuldigungen mit einer Handbewegung ab. Der Wintervorrat war längst aufgezehrt, und die ersten Feldfrüchte des Jahres wurden für die Tiere gebraucht, sodass die Dorfbewohner bis zur Ernte im Spätsommer warten mussten – darum war der Sommer mit seinem prallen Füllhorn der Natur paradoxerweise eine harte Zeit für die Bauern. Wenn etwas schiefging, konnte es sogar eine Hungersnot geben.

    Aber nicht heute. Das Essen lag Belisarius schwer im Magen, und während Macson unglaubwürdige Geschichten von ihrer Reise erzählte, entschuldigte er sich und ging in der Hütte herum.
    Er stieß auf eine Frau, die getrocknetes Fleisch zerteilte. Sie hielt es mit ihren Zähnen fest, während sie Fettstücke abschnitt. Ein Hund schnüffelte zu ihren Füßen herum und hoffte, dass etwas für ihn abfiel. Sie lächelte Belisarius zu – ihre Zähne waren weiß und gleichmäßig, von seltsamer Schönheit in ihrem schmutzigen Gesicht –, sagte etwas, was er nicht recht verstand, und er lächelte zurück und ging weiter.
    In einem anderen Winkel kümmerte sich ein alter Mann um ein kleines, in eine Wolldecke gehülltes Mädchen, das krank daniederlag. Sie war klapperdürr und höchstens vierzehn Jahre alt. Ihre Augen waren geschlossen, aber sie hustete, und Belisarius trat diskret zurück, damit er nichts von ihrem Speichel abbekam. Zumindest sah es nicht wie Gelbfieber oder, noch schlimmer, wie die in Britannien erstaunlich verbreitete Lepra aus. Der Alte wischte ihr die Stirn mit einem feuchten Tuch ab und stupste die fetten Blutegel an, die an ihrer bloßen Haut klebten.
    »Was hat sie?«, fragte Belisarius leise in seinem besten Germanisch.
    Der Mann hielt sich die Hand hinters Ohr. Vielleicht war er ein wenig schwerhörig. »Elfenschuss«, sagte er. »Elfenschuss.«
    Der Alte zeigte Belisarius, wie er das Mädchen zu pflegen versuchte: mit den Blutegeln, leisen Gebeten
und einem seltsam geformten Stück Holz, das an einem Strick über dem Kopf des Alten hing. Es war ein Holzpflock von der Achse eines Wagens, der einmal einen hochehrwürdigen Domnus vom Kloster zu seinem Grab getragen hatte, und er besaß angeblich Heilkräfte. Heilige Stätten, Zauberei, Wunder und solche Ritualgegenstände waren in Britannien allgegenwärtig.
    »Sie betet zu Gott«, brachte der alte Mann heraus. Er grinste Belisarius an, und der Grieche sah zu seinem Erstaunen eine Bewegung im Gesicht des alten Mannes: Etwas schlängelte sich aus seinem Augenwinkel hervor. Es war der Kopf eines Spulwurms. Angesichts der unglaublichen Unwissenheit der

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