EROBERT VON EINEM ITALIENISCHEN GRAFEN
sie sehen dürfe.
Weil sie nicht viel Appetit hatte, genoss Laura das ausgezeichnete Essen nicht in vollen Zügen. Schließlich gingen sie jedoch in den Salon und hörten Musik, was Laura gefiel. Denn dadurch wurde das Gespräch auf ein Minimum beschränkt.
Gerade begann sie, sich zu entspannen. Da verkündete SignoraVicente in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete, dass es Zeit wäre, zu Bett zu gehen.
Vor dem Salon wünschte Paolo Laura sehr korrekt eine gute Nacht. Doch als Laura aus dem Bad in ihr Zimmer kam, fand sie ihn dort wartend vor.
„Was willst du hier?“, fragte sie bestürzt.
„Ungestört mit dir reden.“ Triumphierend lächelte er sie an. „Du bist einfach brillant, Laura. Meine Mutter ist außer sich vor Wut. Ich habe sie gerade beim Telefonieren belauscht, und sie hat kein Blatt vor den Mund genommen. Es läuft alles wie erhofft.“
„Ich wünschte, ich könnte das auch sagen.“ Laura biss sich auf die Unterlippe.
„Tut es dir leid wegen der Toskana? Das war auch für mich eine unwillkommene Überraschung. Außerdem hätte Alessio uns eins seiner Landhäuser überlassen können, die nicht so abgelegen sind wie die Villa Diana. Zum Beispiel besitzt er eins bei Sorrent, wo er auch seine Yacht hat. Tja, wahrscheinlich will er selbst dort den Sommer verbringen. Er kommt nicht freiwillig in die Nähe meiner Mutter, also brauchst du keine Angst zu haben, ihm zu begegnen.“
„Ihr steht euch nicht besonders nah, stimmt’s?“
„Alessio geht gern eigene Wege, meine Mutter mischt sich gern ein.“ Er zuckte die Schultern. „Vielleicht hofft er, dass sie sich in Besavoro im Wald verläuft und von den Wölfen gefressen wird.“
„Gibt es die da tatsächlich? Wilde Wölfe?“, fragte Laura entsetzt.
„Ja, und Bären gibt es auch.“ Als Paolo ihre Bestürzung bemerkte, lachte er. „Aber die findet man vor allem in den Nationalparks, außerdem mögen sie lieber Obst und Honig als Menschen.“
„Wie beruhigend!“ Laura atmete tief durch. „Was mich bedrückt, ist allerdings nicht der Verzicht auf die Toskana und die Aussicht, in einem Wildpark zu landen. Mich beunruhigt vielmehr, dass deine Mutter sich unsere Komödie so sehr zuHerzen nimmt. Wenn es sie wirklich aufregt, dürfen wir nicht weitermachen.“
„Für mich ist es kein Spiel. Es geht um mein Leben. Meine Mutter muss endlich einsehen, dass meine Zukunft meine eigene Angelegenheit ist und ich mir weder von ihr noch jemand anders Vorschriften machen lasse! Laura“, schmeichelte er, „du hast doch versprochen, mir zu helfen! Bisher läuft alles bestens. Nur zwei Wochen! Was kann da schon groß passieren? Nichts.“ Er ging zur Tür. „Absolut nichts.“
3. KAPITEL
Laura schlief schlecht und wurde von unangenehmen Träumen heimgesucht. Vielleicht lag es daran, dass sie zu Gast bei einer Frau war, von der sie aus tiefstem Herzen verabscheut wurde?
Dass aus der frühen Abreise nichts wurde, überraschte Laura nicht besonders. Zwar erschien der Chauffeur pünktlich mit dem Wagen, aber Signora Vicente frühstückte erst einmal in aller Ruhe. Dann gab Paolos Mutter eine Fülle widersprüchlicher Anweisungen, telefonierte und schrieb noch einige Nachrichten an Freunde.
Caio sollte sie begleiten, was Laura nicht behagte. Nachdem die Entscheidung verkündet war, wurde noch mehr Zeit mit der Suche nach seiner speziellen Leine samt Halsband sowie dem neuen Körbchen verschwendet – Caios spezielle Ferienausstattung.
Schließlich war jedoch alles im Wagen verstaut, dem luxuriösesten Gefährt, in dem Laura jemals gereist war. In der Gesellschaft von Signora Vicente und dem Hund fiel es ihr allerdings schwer, sich zu entspannen. Laura stellte sich auf weitere Fragen ein, doch Paolos Mutter schien in Gedanken versunken zu sein. Caio bleckte gelegentlich die Zähne, wenn Laura zu ihm schaute. Abgesehen davon verhielt sich der Hund genauso distanziert wie seine Herrin.
Häufig mussten sie anhalten, vor allem Caios wegen, aber auch, um Kaffee, Mineralwasser und üppig belegte Brote in den gut besuchten Autobahnraststätten zu besorgen. SignoraVicente blieb jedes Mal im Wagen sitzen, Laura hingegen nutzte gern die Gelegenheiten, sich die Füße zu vertreten, obwohl es sehr heiß war.
Sie trug ihr luftigstes Outfit: ein locker geschnittenes Kleid aus feiner cremefarbener Baumwolle mit kurzen Ärmeln und einem dezenten Ausschnitt, dazu Sandaletten mit flachen Absätzen und ein breitkrempiger Stoffhut, den Laura in die Handtasche
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