ErosÄrger
der sich immer noch nicht dafür entschieden hatte, ob er zur Ruhe kommen oder zu Boden fallen wollte.
»Die Erstkontakte habe ich zusammen mit den zwei Rechnungen an Hulda weitergeleitet.«
»Was ist der Rest?« Ich griff nach dem Brief, der ganz oben lag. Ungeöffnet.
»Sie sind alle an dich gerichtet!« Kristas Gesicht verzog sich, als ich den Umschlag öffnete und ich konnte mich nicht entschließen, ob ich den Ausdruck für Bosheit halten sollte. »Ich nehme an es sind hauptsächlich personifizierte Hassbriefe.«
»Es ist einfacher, einem Menschen zu drohen, als einer Nymphe, nicht wahr?« Ich überflog den Inhalt. Sexuelle Ausschmückungen, Angebote und Beschimpfungen reihten sich nahtlos aneinander.
»Vielleicht sollte ich mir einen Kamin zulegen? Einen WerDrachen zum Anzünden und genügend Brennmaterial habe ich bereits.«
Dieses Mal konnte ich Kristas Gesichtsausdruck deuten: Mitleid.
»Wieso hast du ihn eingestellt? Das wird morgen in den Nachrichten für einen Eklat sorgen!« Sogar die Stimme der Untoten hatte sich angepasst und schien das gesammelte Mitgefühl mehrerer Jahrzehnte zu enthalten.
»Es war das Richtige!«
Krista atmete tief ein. Eine seltsam menschliche Geste für jemanden, der bereits seit Jahrhunderten tot war. Es sagte deutlicher als alle Worte: Ja, es war das Richtige – und das Falscheste, was man hätte machen können.
Zum Glück ersparte mir das Läuten meines Handys jedwede Rechtfertigung. Ich warf einen entschuldigenden Blick Richtung Krista von Hohenheim, den diese als Aufforderung auffasste, das Büro zu verlassen.
»Du weißt schon, dass ich nicht ans Telefon gegangen wäre …«
»… wenn du nicht einer viel unangenehmeren Situation hättest ausweichen wollen?« DeVils Stimme klang angenehm vertraut. Anders als die meisten, wurde sie nicht durch die Leitungen verzerrt. Es klang, als stünde er direkt neben mir.
»Ist mein Büro verwanzt oder mit Magie präpariert worden?!« Ich sah mich misstrauisch um, als könne ich meine Augen dazu zwingen, Dinge wahrzunehmen, die nicht für einen Menschen bestimmt waren.
»Nein.« DeVil schwieg und selbst sein Schweigen war angenehm. Es machte mir bewusst, dass es schön war, mit jemandem die Stille genießen zu können.
»Was dann?«
»Sagen wir einfach, dass ich dich nach all den Jahren ziemlich gut kenne …« Seine Worte schienen eine Intimität widerzuspiegeln, die seine Aussage nicht enthielt.
»Wie meinst du das?« Ich konnte mein Misstrauen nicht zügeln. Es schien sich zu einer weiteren unangenehmen Charaktereigenschaft entwickeln zu wollen.
»Ich meine, ich kann deinen Stärken und deine Schwächen gut einschätzen – besonders deine Schwächen.« Das Wort Schwächen hatte noch niemals zuvor solch einen sinnlichen Unterton erhalten – wie eine Versuchung, der es nachzugeben galt. Trotzdem konnte ich die Ehrlichkeit in seinen Worten spüren. Es gefiel mir kein bisschen. Wenn sogar ein Ex-Dämon ehrlich war, konnte es um die Wahrheit nicht gut gestellt sein. Und dass der Teuflische mich durchschaut hatte, gab mir noch mehr zu denken. »Das glaube ich dir nicht. Außerdem bin ich zum ersten Mal Jahren wieder ich selbst.«
»Glaubst du?«
»Was willst du? Eine Gratisstunde Philosophie für Anfänger?«
»Nein, eigentlich rufe ich an, um zu flirten – und um dich mit Arbeit zu überfallen!«
»War das ein entweder-oder-Angebot?«, fragte ich. Wenn ich die Wahl hatte zwischen noch mehr Arbeit und einem neckischen Gespräch mit einem durchtriebenen Dämonen, der vermutlich an einer für ihn vorteilhaften Aktion arbeitete – würde ich normalerweise die Arbeit nehmen. Aus diesem Grund wählte ich die Alternative: »Dann flirte mal!«
Meine Antwort schien DeVil tatsächlich nicht zu überraschen. Anscheinend kannte er mich wirklich besser, als ich mich selbst. Oder war wirklich gut im Bluffen. Trotzdem ging er auf mein Angebot ein: »Heißt das, ich muss nur mit dir flirten – etwas, was ich ohnehin sehr gerne tue – damit du mir meine Wünsche erfüllst?«
»Deine Wünsche?« Ich ließ in meiner Stimme einen provokativen Unterton mitschwingen.
»Nun gut!«, schlagartig wurde die Tonlage des Teuflischen ernst. »Die Wünsche des Rates.«
»Des Rates?!« Ich musste mich zusammenreißen, um nicht durch das Telefon zu springen. Ein »Nein« war doch wirklich nicht schwer zu verstehen. Oder doch? Anscheinend.
»Hast du die Nachrichten gesehen?«
»Nein!« Ich griff nach einem Bleistift, hielt mich aber im
Weitere Kostenlose Bücher