Ersehnt
schweißnass. Seine Augen waren halb geschlossen und blicklos und sein Mund hing offen. Incy stemmte eine Schulter unter Boz' Arm und führte ihn die betonierte Rampe hinauf zur Tür. Boz' Füße scharrten ungeschickt über den Boden; ein Außenstehender hätte ihn vermutlich für volltrunken gehalten. Incy schleifte Boz in das Lagerhaus, in die Dunkelheit, und meine Schluchzer schmerzten in meiner Kehle. Incy hatte uns zum Sterben hergebracht. Ich wusste nicht, wieso er Boz und Katy mitgenommen hatte - es ging ihm nur um mich. Aber nun war ich auch für ihren Tod verantwortlich.
Mein Gehirn verharrte in einer dumpfen Panik. Ich versuchte, mich an alle Beschwörungen zu erinnern, die ich gelernt hatte, Beschwörungen, die Fliegen fernhalten, bis hin zu solchen, die Zwiebeln besser gedeihen lassen, und hoffte, dass mir etwas Nützliches einfallen würde. Meine Gedanken waren zufällig und ungeordnet, und sie krochen so langsam von einer Seite meines Gehirns zur anderen wie Atome in einer supergekühlten Matrix. Vom Rücksitz drang ein ersticktes Schnaufen zu mir nach vorn, als würde Katy weinen oder bekäme keine Luft.
Innocencio blieb eine Ewigkeit verschwunden, ich wusste nicht, wie lange, aber dann kam er wieder, um Katy zu holen. Er packte sie und zog sie aus dem Auto, was ihm deutlich leichter fiel als bei Boz. Sie hing ihm im Arm wie eine Marionette mit durchgeschnittenen Schnüren und sah bewusstlos und blutleer aus. Da wurde mir klar, dass Incy vermutlich in diesem Moment Boz und Katy die Kraft aussaugte. Und es tat den beiden weh. Brachte sie vielleicht sogar um. Er benutzte sie, um uns alle gefangen zu halten, damit er an meine viel größeren Energiereserven kam.
Schließlich kam er zurück, um mich zu holen, seine dritte Gefangene. Ich wollte ihn treten, ihn schlagen und kreischen wie eine Furie, aber die paar Worte, die ich bisher hervorgewürgt hatte, waren schon mühsam genug gewesen. Denk nach, Nas. Ich musste die ganze mentale und magische Energie, die möglicherweise irgendwo in mir steckte, für den genialen Fluchtplan nutzen, der bestimmt jeden Augenblick vollkommen ausgereift in meinem benebelten Hirn auftauchen würde.
Incy sah beinahe bedauernd aus, als er meine Wagentür öffnete. Ich hockte in seinem magischen Spinnennetz, einem toten Kokon dumpfer Hilflosigkeit. Er löste den Sicherheitsgurt und zog mich aus dem Wagen wie einen Sack Kartoffeln. »Incy«, murmelte ich und versuchte, mit meinen Füßen Halt auf dem Boden zu finden, als er mich die Rampe hinaufzerrte. Er sah stirnrunzelnd auf mich herab. »Halt den Mund. Du hattest deine Chance. Jetzt tust du, was ich will.« Meine Beine fühlten sich an wie Grashalme, nicht in der Lage, mein Gewicht zu tragen, und nicht bereit, meinen verschwommenen Befehlen zu gehorchen. Am Tor des Lagerhauses wehteuns abgestandene, kalte Luft entgegen, die unverkennbar nach Verderben und Tod roch. Hier war vorher schon dunkle Magie praktiziert worden. Durch dieses Tor zu gehen, ließ meine Panik wieder aufflammen. Über diese Schwelle zu treten, erstickte das letzte Fünkchen Hoffnung in mir.
Incy ließ mich los und ich fiel schwer auf den kalten staubigen Betonboden. Ein dumpfer Schmerz schoss von meiner Schulter in die Brust und nahm mir den Atem. Incy zog an einer Kette und das Tor rollte krachend und rasselnd herunter wie das einer mittelalterlichen Burg. Staub drang mir in Mund und Nase und ich wollte niesen, aber selbst diese Muskeln verweigerten den Dienst und so blieb ich mit einem unangenehmen Reizgefühl im Rachen liegen.
»Tut mir leid, dass es so endet«, sagte Incy beiläufig und packte mich unter den Armen, um mich halb tragend, halb schleifend zu einem Drahtkäfig zu befördern. »Das hätte nicht sein müssen. Es hätten nur du und ich sein können. Brot und Butter. Du hättest nur deine Kraft mit mir teilen müssen.« Er zog mich in den Käfig - es war ein Fahrstuhl. Er drückte auf den Knopf und die Kabine setzte sich rumpelnd, mit knirschenden Kabeln und knarrenden Zahnrädern in Bewegung. Sie stoppte so abrupt, dass ich das Gleichgewicht verlor und gegen das Gitter fiel. Incy zog die Tür auf und legte einen Arm um meine Taille. Wir waren auf einer Galerie, die sich über drei Seiten des Gebäudes erstreckte und von der aus man ins Erdgeschoss des Lagerhauses hinuntersehen konnte. Dünnes Mondlicht fiel durch die Löcher imrostigen Metalldach sowie durch die
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