Ersehnt
bockig.
»Mich interessiert eben, ob bei dir alles okay ist.«
Sie zuckte mit den Schultern.
Ich wartete. Gewöhnlich habe ich etwa anderthalb Minuten Geduld, vielleicht auch drei Minuten, wenn ich michwirklich beherrsche. Die Zeit lief ab. Ich knirschte mit den Zähnen.
»Mein Freund hat Schluss gemacht«, sagte sie schließlich, ohne mich anzusehen. »Am Tag vor Weihnachten. Ich hatte schon ein Geschenk für ihn und alles.«
»Oh, nein. Das ist ja link. Wieso hat er das gemacht? « »Weil ich ihm nicht helfen wollte, das Seven-11 drüben in Melchett klarzumachen. «
Melchett war der Nachbarort. Klarmachen? Wie in >Ausrauben
»Und da ist er sauer geworden?«, riet ich.
»Ja. Und hat Schluss gemacht. Und jetzt erzählt er überall Mist über mich und denkt sich Sachen aus. Die gar nicht wahr sind. Und alle gucken mich komisch an.«
Ich wartete nur noch darauf, dass sie mir erzählte, dass er aus einem fahrenden Auto heraus ihre Oma abgeknallt hatte, aber die Geschichte war anscheinend schon zu Ende. »Und das belastet dich natürlich?«
Das brachte mir ein wütendes Starren ein. »Ja, allerdings belastet mich das. Das ganze Kaff hasst meine Familie und jetzt hassen meine Freunde auch noch mich !«
»Dann geh doch weg von hier!«, sagte ich wieder einmal. »Was interessiert es dich, was dieser Loser von einem Ex;freund sagt? Zur Hölle mit ihm! Er ist Abschaum! Verlass diese Stadt und all die Arschlöcher, die dir das Leben schwer machen! Geh irgendwo anders hin und fang neu an. Das sind doch Nobodys!«
Mein Magen zog sich zusammen, als sich Drays Augen mit Tränen füllten. Sie warf das Heftpflaster auf den Boden. »Du tust so, als wäre das so einfach!«, schrie sie mich an. »Als wüsstest du alles! Aber es ist verdammt schwer! Ich hab kein Geld, kein Auto -« Sie biss die Zähne zusammen, als würde sie es nicht über sich bringen, noch mehr zu sagen. Also spuckte sie nur vor meinen Füßen auf den Linoleumboden und stürmte so energisch hinaus, dass die Türglocke wie wild schepperte. Dann streckte sie noch einmal den Kopf zur Tür und schrie: »Fick dich!«
Allmählich wurde ich echt zum Profi, was dieses »Gerade;biegen« anging.
Ich drückte mir die Faust gegen die Stirn, denn inzwischen platzte mir fast der Schädel. Dann schaute ich auf und sah Mr MacIntyre am Ende des Ganges stehen. Er sah mich an und ich rechnete damit, dass er mich wieder anschrie. Aber er schüttelte nur den Kopf und sah so erledigt aus, wie ich mich fühlte. »Fahren Sie nach Hause «, sagte er. »Und kommen Sie nicht wieder.«
Das tat viel mehr weh, als wenn er mich angeschrien hätte. Als ich bei meinem Auto ankam, liefen mir die Tränen übers Gesicht.
***
Das passiert also, wenn man sich Mühe gibt. Ich hätte zu Hause bleiben können - ich war ja gefeuert worden -, aber nein, ich musste unbedingt aktiv werden. Ich hätte zu Hause bleiben sollen. Denn jetzt hatten mich Dray und Old Mac aus ihrem Leben gefeuert - und das gleich zweimal. Diesmal würde ich gefeuert bleiben. Unterbewusstsein? Du kannst mich mal.
Natürlich wurde ich zu Hause sofort zur Arbeit verdonnert, weil ich ja keinen Job mehr hatte. Ich war mürrischund wollte niemanden in meiner Nähe haben. Auch wenn ich es nicht gern zugab, waren meine Gefühle verletzt. Normalerweise bemühe ich mich nicht um irgendwelche Leute.
Bei Mr MacIntyre und Dray hatte ich mich bemüht. Und es war ihnen vollkommen egal. Zur Hölle mit ihnen.
***
Am nächsten Tag hatte ich bei Solis eine Unterrichtsstunde in Zauberformeln, nur ich und Jess. Ich machte mir Notizen: »Grundkurs Beschwörungen 1) Weissagung
2) Eine Person oder Sache beeinflussen 3) Ein Ereignis beeinflussen 4) Feierlichkeit und Gemeinschaft «
Also, ich habe eindeutig eine schöne Handschrift. Ich habe vielleicht nie eine Highschool abgeschlossen, aber das bedeu;tet nicht, dass ich keine Bildung genossen habe.
Wir waren im großen Arbeitsraum im ersten Stock und arbeiteten an einem Heilungszauber. Er brachte den Körper dazu, sich schneller zu erholen, zum Beispiel von einer Wunde oder falls jemand wie Amy auf eine Harke trat. Solis mit uns die Beschränkungen durchgegangen, die sich auf eine bestimmte Person, die Dauer der Beschwörung und ihre generelle Auswirkung bezogen.
Jess beschwor den Zauber langsam und sorgfältig herauf. Es war interessant, jemand anders bei seiner Magie zuzusehen, ohne selber mitzuwirken. Als alles
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