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Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde

Titel: Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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kann man die Schicht von einem Torfmoor sehen, das wahrscheinlich Tausende von Jahren alt ist.«
    Alison blickte kurz auf die dunklen Streifen im Sand. Sie hatte sich noch immer nicht gerührt. »Haben Sie gesehen, daß sich irgendwas bewegt hat?« fragte sie. »Als Sie gekommen sind. War da irgend etwas œ irgendwer hier?«
    Kate sah sie durchdringend an. »Was meinst du damit?«
    Alison zuckte heftig mit den Schultern.
    »Ich weiß nicht. Gestern, als ich hier war. Da war etwas da.« Sie blickte ausweichend an Kate vorbei. »Ich glaube nicht, daß es was war. Vielleicht ein Vogelbeobachter oder ein Naturkundler oder sowas…«
    »Aber du hast niemanden wirklich gesehen«, soufflierte ihr Kate.
    »Nein.«
    »Hast du etwas Komisches gerochen? Nasse Erde?«
    Alison starrte sie an. »Alles hier war naß.«
    »Sicher.« Kate lächelte.
    Einen Moment lang sahen beide schweigend hinunter. »Hast du vor, heute noch ein bißchen daran zu arbeiten?« fragte Kate endlich.
    Alison zuckte mit den Schultern. »Kann sein. Aber ich muß noch einiges für die Schule nacharbeiten.« Sie trat unruhig von einem Bein auf das andere. Sie hatte heute nicht kommen wollen, aber irgend etwas hatte sie dazu getrieben. Sie hatte nichts dagegen tun können.
    »Das ist hart. Ich habe mich schon gefragt, wieso du nicht in die Schule gehst«, sagte Kate. »Warst du krank?«
    Alison nickte, gab aber keine weiteren Erklärungen.
    Kate bohrte nicht nach. »Ich glaube, es regnet bald. Besser, du gräbst heute nicht mehr.« Aus irgendeinem Grund würde sie sich viel besser fühlen, Alison nicht hier allein zu wissen. Der Gedanke, daß das Mädchen ganz allein an diesem einsamen Grab weitergrub, entsetzte sie. Denn es war ein Grab, Alison hatte recht.
    »Du hast doch gesagt, daß du ein paar Photos machen willst. Würdest du mich das für dich machen lassen, wenn die Sonne richtig steht?« fragte sie endlich.
    Alison schielte sie durch wild umherfliegende Haarsträhnen an. »Würden Sie das tun?«
    »Natürlich. Das Licht müßte mittags am besten sein. Ich komme dann nochmal raus. Heute abend bringe ich den Film mit, und wer als nächstes in die Stadt kommt, könnte ihn entwickeln lassen.«
    »Toll.«
    War es wieder Einbildung, oder hatte ihre Begeisterung merklich nachgelassen? »Allie, hat dir gestern etwas Angst gemacht?« fragte Kate freundlich.
    »Nein, wieso?« Die roten Flecken auf ihren Wangen und der trotzige Blick verrieten etwas anderes.
    »Ich habe mich nur gewundert.«
    »Warum, haben Sie denn Angst davor?« Mitleidig. Geringschätzig.
    »Ein bißchen schon. Ja.«
    »Warum?« Wieder der aggressive, höhnische Ton. Doch Kate spürte, daß sich eine Bitte darin verbarg. Und plötzlich wußte sie, daß sie die Ängste des Mädchens nicht noch vergrößern durfte. Sie zuckte mit den Schultern.
    »Ich weiß nicht. Vielleicht ist es wirklich das, was dein Bruder gesagt hat, daß ich mich zu sehr an das Leben in der Stadt gewöhnt habe. Man vergißt dann die Geräusche auf dem Land. Und außerdem habe ich vorher noch nie so nah am Meer gewohnt.«
    Zu ihrer Erleichterung heiterte sich Alisons Miene auf. »Sie gewöhnen sich schon noch dran«, erwiderte sie. Zum ersten Mal lächelte sie. »Machen Sie wirklich die Photos für mich?«
    »Klar. Kein Problem.« Kate zögerte. »Magst du auf einen Kaffee mit zurück zum Cottage kommen, bevor du heimgehst?«
    Alisons Nicken und das Tempo, mit dem sie ihren beschädigten Recorder aufhob und sich von der Ausgrabungsstelle abwandte, sprachen Bände. Kate ging hinter ihr her. Nur einmal noch warf sie einen Blick über die Schulter. Möwen schwebten über der Stelle, an der sie und Alison gestanden hatten. Dann aber drehten sie alle mit wildem Gekreische ab und flogen hinaus aufs Meer.
    »Warum haben Sie abgeschlossen? Wir tun das nie.«
    Außer Sichtweite der Dünen war Alison wieder hochnäsig wie eh und je.
    »Aus Gewohnheit«, erwiderte Kate gelassen. »Immerhin ist jemand bei mir eingebrochen.« Sie machte die Tür auf. »Schwarz oder weiß?« Sie ging voraus in die Küche.
    »Weiß, bitte.« Alison war ihr nicht gefolgt, und sie hatte auch nicht auf Kates Bemerkung reagiert. Sie war ins Wohnzimmer gegangen. »Sie haben den Brenner ausgehen lassen«, rief sie.
    Kate schloß einen Moment lang die Augen und atmete tief durch. »Ich weiß, aber alles ist vorbereitet, er muß nur noch angezündet werden. Magst du das für mich machen?«
    Sie griff nach der Kaffeedose und hielt inne. Über die Arbeitsplatte

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