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Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde

Titel: Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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gemacht haben? Hatte er es schon so weit getrieben? Sie sah sich um und fühlte, wie sie fröstelte. Wenn er es war, dann funktionierte es. Ihre Augen verengten sich einen Moment lang. Aber war Greg das auch unten am Strand? Steckte er hinter allem, was gestern passiert war?
    Plötzlich war sie außer sich vor Wut. Sie drehte sich um, lief die Treppe hinunter und machte die Haustür auf. »Los, kommen Sie schon. Ich muß endlich heim«, rief sie. »Gehen wir.«
    Wenn es Greg war, dann würde sie es ihm heimzahlen, und wenn es das letzte sein würde, was sie jemals tat. Der Scheißkerl! Dieser hinterhältige, betrügerische Scheißkerl! Er hatte ihr wirklich Angst gemacht. Und er schuldete ihr einen neuen Kassettenrecorder.

XIX
    »Du hättest nicht kommen sollen.« Nion nahm sie bei den Händen. »Was ist, wenn man dich gesehen hat?«
    Sie riß sich los und lief vor ihm her, zum Rand des Wassers, hüpfend wie ein Kind. »Wer sollte etwas sehen? Er ist den ganzen Tag fort. Die Sklaven haben zu viel zu tun, um sich um mich zu kümmern. Und das Kind und das Mädchen denken, ich besuche meine Schwester.« Lachend drehte sie sich um sich selbst. »Ich war noch nie so glücklich. Ich kann gar nicht glauben, daß mir das geschieht. Ich, eine gesetzte römische Matrone, und du -« sie stand vor ihm, schaute ihm eindringlich ins Gesicht und ließ die Hände einen Augenblick lang auf den Falten seines Mantels ruhen, »- du, ein Prinz der Trinovanter.«
    Nion lachte, warf den Kopf zurück, und die starken Zähne leuchteten weiß aus dem von der Sonne gebräunten Gesicht. Die Lachfalten um Augen und Mund hatten sich tief in die Aufrichtigkeit ausstrahlenden Gesichtszüge eingekerbt.
    Um sie herum erstreckten sich meilenweit die Dünen. Sand, aufgewirbelt und vom Wind in Senken und Riffe geblasen, die Kiesel dicht und sauber, als die Flut zurückging. In der Nähe wartete ihr Maultier geduldig neben dem Pferd, das zwischen den Schäften seines Streitwagens stand, und graste auf dem salzigen Sand teilnahmslos Blumen und Gräser ab. Sie waren allein. Ganz allein. Er riß sie an sich, vergrub das Gesicht in ihre Haare.
    »Ich will, daß du mit mir fortgehst. Einer meiner Brüder ist im Westen. Wir könnten zu ihm gehen. Dein Mann würde dich nie finden.«
    Ihr Körper spannte sich. Langsam hob sie ihr Gesicht seinem entgegen und er konnte die widerstreitenden Gefühle in ihren Augen lesen. Verlangen, Hoffnung, Erregung loderten in meergrauen Tiefen, aber es gab dort auch Zweifel. Zweifel und Furcht. »Ich kann den Jungen nicht verlassen.«
    »Dann nehmen wir ihn mit.«
    »Nein.« Sie schüttelte traurig den Kopf. »Nein. Seinen Sohn würde er nie gehen lassen. Mich -« Sie zögerte. »Ich weiß nicht, ob er mich verfolgen würde, aber er würde die ganze Welt nach seinem Sohn absuchen.« Ihre Augen schwammen in Tränen. »Und ich könnte auch nicht von dir verlangen, von hier fortzugehen œ deiner Heimat.«
    Sein Land, seine Wälder, seine Weiden, seine Felder, sein Wasser, die Salzgruben, die ihn reich machten, alles von den Männern seines Volkes bewirtschaftet.
    Sie zitterte, als sie wieder aufblickte und ihre Lippen zu den seinen hob. Seine Götter waren mächtig, grausam, fordernd. Manchmal fragte sie sich, ob sie der Verbindung zwischen ihrem Diener und einer Tochter Roms ihren Segen gegeben hatten oder ob sie ihr zürnten und nur auf den richtigen Moment warteten, sie für ihre Anmaßung zu bestrafen.
    Hinter ihnen glitzerte die Sonne auf dem Meer, gab ihm die Farbe von Jade. Als seine Hände sich senkten, um ihren Gürtel zu lösen, vergaß sie ihre Furcht, vergaß alles, versank in der Wonne seiner Berührung.
     
    »Wir müssen Ihnen wohl bald eine Dauerkarte ausstellen, wenn Sie so weitermachen!« meinte der Mann an der Kasse des Museums heiter.
    Kate lächelte zurück. »Ja, das glaube ich auch. Oder Sie müssen mir einen Job geben!« Sie wußte immer noch nicht so recht, warum sie eigentlich hier war. War es der Gedanke an ihr nächstes Buch, der unkontrollierbar in ihrem Unterbewußtsein brodelte, oder war es die Faszination, die von dieser seltsamen Grube am Strand neben ihrem Cottage ausging? Sie weigerte sich zuzugeben, daß sie zugleich einen leichten Widerwillen dagegen verspürte, allein im Cottage zu bleiben. Aber vielleicht war es ein wenig von allem, was sie davon abhielt, an der Arbeit zu sein, sich mit George Byron und seiner lästigen, hysterischen Mutter zu beschäftigen.
    Sie ging den ihr mittlerweile

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