Erst der Sex, dann das Vergnügen: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
immer hast – Friedrich reißt sich für uns mehr als ein Bein aus, ohne mir bisher auch nur einen Cent in Rechnung gestellt zu haben.«
»Schade eigentlich, dann könnte er nämlich endlich mal zum Friseur gehen und diese unzivilisierte Matte loswerden«, ätzte Charlotte weiter.
»Okay, Pferdeschwanz ist nicht jedermanns Sache«, redete ich weiter aus dem Fenster hinaus wie die Klatschweiber bei uns aus dem Dorf, »aber ich finde, zu Friedrich passt das irgendwie, so wie Felix mit seinem Bart auch nicht schlecht aussah! Du erinnerst mich wirklich manchmal an Krimi, Felix’ Mutter! Die ist auch immer so unzufrieden, dass Felix angeblich so etwas Rustikales hat, dabei ist ihm einfach Sport wichtiger als eine ihrer bescheuerten Opernpremieren, und Turnschuhe sind ihm lieber als unbequeme Treter von einem englischen Herrenausstatter. Das sind eben Naturburschen, Friedrich und Felix. Ist doch total sexy, so viel geballte Männlichkeit …«
Charlotte tat ihr Bestes, um mich wieder auf den Boden zu holen.
»Genau, rustikal, das ist genau der richtige Ausdruck für solche Typen. Und hast du schon vergessen, dass dein Naturbursche seine geballte Männlichkeit an einem Surfbrett und dieser Mizzi auslässt, die sich wahrscheinlich in Intelligenz und Figur außerordentlich ähnlich sind?«
Charlotte schüttelte den Kopf, dass die Zipfel ihres Haarbands nur so flatterten.
»Wenn man dich so reden hört, könnte man meinen, es gibt keinen besseren Typen als deinen Ex!«
»Spinnst du«, ruderte ich jetzt erschrocken zurück, »das war einfach nur völlig objektiv argumentiert, dass Friedrich gar kein so schlechter Typ ist, wie du immer tust. Und wahrscheinlich brauch ich einfach nur mal wieder Sex, anstatt immer nur darüber zu reden.«
Mit fester Stimme behauptete ich: »Über Felix bin ich längst hinweg. Aber du hast sowieso keinen Grund, dich aufzuregen, denn du bist ja mit deinem Zockel bestens versorgt und tauchst mit ihm regelmäßig in der Gala auf und …«
»Ganz genau«, unterbrach mit Charlotte jetzt, »du musst mich nicht daran erinnern, was ich an Bernhard habe, und ich weiß das auch sehr zu schätzen. Und zum Thema Sex kann ich nur sagen: Verrenne dich nicht in deine abstrusen Phantasien! Wer verliebt sich schon in eine schwangere Frau! Wie ekelhaft! Den Sex möchte ich mir nicht in meinen schlimmsten Träumen vorstellen! Meine Cousine Marissa hatte schwanger nie Sex, sie sagte, dass es unmöglich sein kann, dass dieses Geruckel spurlos an einem Kind vorübergeht!«
So schlimm fand ich das jetzt auch wieder nicht. Wir Schwangeren waren doch auch nur Menschen! Ich war ein bisschen beleidigt über Charlottes krasse Reaktion, nicht, dass ich etwas von Friedrich wollte, aber musste sie gleich so aus der Haut fahren, ich meine, sie konnte ihrer schwangeren Freundin doch ruhig ein wenig Spaß gönnen, oder? Und dieses Gerede über Sex erreichte bei mir eher das Gegenteil – es törnte mich an statt ab.
»Ach, lass uns bitte von etwas anderem reden, das bringt mich alles ganz durcheinander, die meiste Zeit bin ich mir völlig sicher, dass ich keine Beziehung mehr will, aber dann durchfährt es mich wieder wie ein Blitz − und ich will mir sofort einen Ersatzpapa suchen!«
Ich hielt kurz inne, eines der Hungermodels stakste an Charlotte vorbei, um einen Stapel leerer Pizzakartons ins Altpapier zu stopfen. Ich wartete, bis sie, eine riesige Sonnenbrille im bleichen Gesicht, wieder im Treppenhaus verschwunden war, und flüsterte dann weiter: »Weißt du, Charlotte, du hast gut reden, du willst keine Kinder und steckst schließlich in einer glücklichen Beziehung, im Gegensatz zu mir.«
Charlotte hatte sich beruhigt und widmete sich angelegentlich dem wuchernden Blumenkasten.
»Genau. Du sagst es. Und wenn wir schon über Bernhard sprechen: Der holt mich heute früher ab. Wir haben heute Nachmittag einen gemeinsamen Pressetermin, die ›Elle Deco‹ will vielleicht etwas über unser Haus machen, original Gründerzeit und so schick eingerichtet ist selbst in Potsdam selten.«
»Ach ja, die Ruhmeshalle«, erinnerte ich mich an meinen letzten Besuch in der Zockel-Villa, »wie geht es eigentlich Miu-Miu? So eine hübsche Katze, wie eine Schneeflocke … weißt du, was mit ihr geworden ist? Die war doch einmal dein Ein und Alles! Hat sie schon einen neuen Besitzer gefunden?«
»Keine Ahnung, das will ich gar nicht wissen«, antwortete Charlotte eher widerwillig und rupfte ein paar verblühte Lavendelzweige
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