Erst ich ein Stück, dann du! 3 Drachengeschichten - Themenband 4
klar, dass die beiden roten Lichter, die ihm eben aus dem Ofen entgegenblitzten, keine Augen gewesen waren, sondern winzige Flammen, die aus den Nasenlöchern des Drachen herauszüngelten. „Mach die Klappe zu“, fuhr Kuno nun fort. „Dann kannst du mich auch besser erkennen.“
„Gut“, presste Poldi hervor. Er kroch nun ganz in den Herd hinein und schloss die Ofentür hinter sich. Besonders wohl war ihm dabei nicht, doch was blieb ihm in seiner Lage anderes übrig, als dem Drachen zu vertrauen?
Im ersten Augenblick war es stockdunkel.
Dann sah Poldi die Flammen
ganz deutlich.
Kunos Augen leuchteten gelblich
und er war nicht viel größer als der Prinz.
„Jetzt erzähl mir endlich, was du über diesen komischen Frostkönig weißt“, forderte Poldi den Drachen
auf. Ehe dieser allerdings antworten konnte, ertönte ein Krachen und einen Atemzug später, wurde der Prinz in die Tiefe gerissen. Es ging sehr steil, sehr lange und sehr tief bergab. Und mit ihm sauste jede Menge Kohle, Schutt und Asche in die Tiefe. Schließlich landete Poldi mit einem unsanften Plumps auf dem Hosenboden und gleich neben ihm rumste der Schlossdrache in einen Haufen fein säuberlich aufgeschichteter Holzscheite, die nun wild auseinanderstoben und als schmerzhafter Regen auf die beiden herunterpolterte.
„Au, auuuaaa!“, jaulte Kuno.
„Hast du dir wehgetan?“, fragte Poldi.
„Klar“, jammerte der Drache. „Du nicht?“
„Doch, aber es geht schon“,
sagte der Prinz tapfer.
Er wischte sich mit dem Ärmel den Kohlenstaub aus dem Gesicht und sah den Drachen herausfordernd an.
„Wo sind wir hier?“
„Im Keller“, erwiderte Kuno. „Das ist der einzige Ort, der nicht eingefroren ist … noch nicht.“ Und dann
fing Kuno an zu erzählen. „Als ich spürte, wie die Kälte über das Land fegte, habe ich mich sofort in ein Erdloch geflüchtet. Es entpuppte sich als eine Höhle, von der zwei Gänge abgingen. Als ich in den ersten hineinlief, schlug mir bereits nach ein paar Schritten eisiger Wind entgegen, also drehte ich auf dem Absatz um und wählte den anderen Gang. Ich rannte, so schnell ich konnte, und erreichte diesen Keller hier.“
Prinz Leopold blickte sich um. Der Kohlenstaub und die viele Asche waren inzwischen zu Boden gesunken, und durch ein schmales Fenster unter der Decke fiel etwas Licht herein.
Poldi erkannte über sich den Schacht, durch den Kuno und er heruntergesaust waren.
„Und wie bist du dort hoch
in den Herd hineingekommen?“, fragte er.
„Geflogen“, sagte Kuno
und flatterte mit seinen Flügeln.
„Mir war sofort klar, dass der Frostkönig einen seiner unheilvollen Flüche ausgesprochen hatte“, fuhr er mit seiner Erzählung fort. „Auf diese Weise erobert er ein Königreich nach dem anderen. Er liebt es kalt, sein Schloss ist ein einziger Eisklotz. Ich fürchte, er möchte die ganze Welt einfrieren.“
Oje, oje! Das klang gar nicht gut.
„Wir müssen ihn aufhalten!“, rief Poldi.
„Bloß wie?“
„Ganz einfach“, erwiderte Kuno.
„Wir müssen nur der Kälte folgen.“
Prinz Leopold runzelte die Stirn. „Wie meinst du das? Es ist doch überall kalt.“
Der Drache schüttelte den Kopf. „Nicht hier unten“, sagte er.
„Oh!“, rief Poldi. „Du meinst, wir sollen den Gang zurücklaufen und …“ Er stockte. „Und dann? Was ist, wenn der Eiskönig uns entgegenkommt?“
„Das wird er bestimmt tun“, entgegnete Kuno.
„Schließlich muss er sicher sein, dass es hier unten keinen mehr gibt, der nicht eingefroren ist.“
„A-ber dann …“, fing Poldi an zu stammeln, doch der Drache ließ ihn nicht zu Wort kommen. „Wir müssen uns gegen seine Eisflüche schützen“, fiel er dem Prinzen ins Wort.
„Und wie?“, fragte Poldi.
„Na, wie wohl?“, erwiderte Kuno
und blähte die Nüstern.
Na, hoffentlich reicht das aus, dachte Poldi. Bestimmt war der Eiskönig sehr mächtig. Wenn er sie verfluchte, bevor Kuno ihm richtig einheizen konnte, waren sie verloren. Und mit ihnen sein Vater, seine Mutter und das ganze Königreich.
Poldi mochte gar nicht darüber nachdenken. Außerdem hatten sie keine Wahl. Kuno hatte die Kälte im Gang gespürt. Garantiert war der Eiskönig bereits auf dem Weg zu ihnen. Sie mussten gegen ihn antreten – so oder so.
„Na gut, dann los“, sagte der Prinz
und ballte entschlossen die Fäuste.
Der Drache watschelte voran, und Poldi sauste, so schnell er konnte, hinter ihm her in den Gang hinein.
Bereits nach ein paar
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