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Erste Male

Erste Male

Titel: Erste Male Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McCafferty
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habe. Ich merkte, dass ich Meinungen zu Dingen habe, von denen ich bisher gar nichts wusste. Und anders als bei Computergenie Cal, dessen Small-Talk-Tricks im Vergleich dazu so … so programmiert wirkten, ist eine Unterhaltung mit Marcus Spontaneitätstraining. Er springt von einem Thema zum anderen, und ohne den Gedankengang ganz zu Ende geführt zu haben, biegt er meist schon zum nächsten ab, und von da zum nächsten und übernächsten. Ein einziges Gespräch mit ihm enthält also eine Milliarde schizophrene Diskussionen. Total ADS. Vielleicht kommt es auch von den Drogen. Wer weiß? Ich weiß bloß, dass er gesagt hat, ich kann ihn immer um Mitternacht anrufen, wenn mir danach ist, weil ihm um die Zeit nämlich immer nach Reden ist.
    Die Unterhaltung mit Marcus bestätigte meinen Verdacht: Ich habe einen totalen Scheuklappenblick, meine Weltanschauung beschränkt sich auf die Pineville High. Ich bin schon fast nicht mehr in der Lage, über was anderes als mich selbst zu reden. Nicht mal mit Hope. Mit der quatsche ich meist bloß über alltägliche Begebenheiten – jedenfalls soweit ich sie ihr erzählen kann. Das war natürlich anders, als sie noch hier war. Aber selbst da haben wir nie solche Gespräche geführt wie Marcus und ich heute Nacht. Keine schlechteren, bloß andere.
    Ich versuche mich zu überzeugen, dass das nichts Schlimmes ist. Ich meine: Alles, was mir hilft zu schlafen, muss doch gut sein, oder? Weil ich nämlich, kaum dass Marcus und ich aufgelegt hatten, in tiefes Koma gefallen bin und so selig und süß geschlafen habe, dass ich heute Morgen mit großen Augen und sehr lebendig aufgewacht bin und mich im Stande fühlte, jeden Scheiß an der PHS leicht wegzustecken.
    Ich hatte gedacht, sobald ich Marcus mal ganz allein am Telefon habe, würde ich ihn mit einer Milliarde Fragen über seinen Teil unserer gemeinsamen Geschichte bombardieren. Aber nach dem Gespräch letzte Nacht hoffe ich eher, dass Marcus und ich die heiklen Themen weiterhin aussparen, weil ich nämlich im Moment das Gefühl habe, wenn wir laut aussprechen, wer er ist, wer ich bin und wieso wir eigentlich nicht miteinander reden dürften – dann reden wir auch nicht mehr miteinander. Und das darf nicht passieren.
    DREIZEHNTER
    Dank meines Lauschangriffs weiß ich genug über Marcus, um Themen anzuschneiden, die ihn interessieren könnten. Er dagegen kennt meine Biografie nicht halb so gut wie ichseine. Und genau darum bin ich nach fünf Nachtgesprächen hintereinander total verblüfft, dass er ständig von Sachen anfängt, über die ich reden will.
    »Heute Abend habe ich mir The Real World angeguckt …«
    »Du guckst The Real World ?«, fragte ich ganz aufgeregt. »Ich liiiiebe die Sendung. Auch wenn es inzwischen jede Menge Doku-Soaps gibt, das ist immer noch die beste. Eines der wenigen auf unsere Generation zugeschnittenen Unterhaltungsformate, auf das ich tatsächlich total stehe.«
    »Ach ja, ist das so?«
    »Ich gucke mir lieber echte Jugendliche an, die sich total zum Affen machen, als mir Kevin Williamsons Highschool-Serien reinzuziehen, wo alle immer so ungeheuer perfekt und tiefsinnig sind.«
    »Das finde ich echt traurig.«
    »Wieso das denn? Die machen das doch freiwillig. Die hauen sich doch selbst in die Pfanne.«
    »Die hauen dich in die Pfanne.«
    »Wieso?«
    »Ist dir noch nie aufgefallen, dass der Begriff ›Doku-Soap‹ ein Widerspruch in sich ist? Sobald die Leute sich filmen lassen, ist doch vollkommen klar, dass es mit der Wirklichkeit nichts mehr zu tun hat.«
    Marcus ist weit und breit der einzige Mensch, der auch nur ansatzweise was besser weiß als ich. Und ehrlich gesagt komme ich damit nicht so gut klar. »Die heisenbergsche Unschärferelation kenne ich auch, du Genie«, antwortete ich ein bisschen gereizt. »Und was ist gegen schlichte eskapistische Unterhaltung zu sagen?«
    »Nichts«, sagte er. »Wenn man kein Problem damit hat, jeden Abend einer Horde Leute, die man nicht kennt, beim Leben zuzugucken, anstatt rauszugehen und selbst zu leben.«
    Da hatte er nicht ganz Unrecht. Mein Real World -Fanatismus war erst nach Hopes Umzug außer Kontrolle geraten.
    »Und wie soll man in Pineville leben ? Noch dazu mitten in der Nacht?«
    Ich hörte das Klicken eines Feuerzeugs. Pause. Dann Ausatmen.
    »Also, ich habe immer Puff Daddy angeheizt.«
    »Puff Daddy«, wiederholte ich völlig ratlos.
    »Ja, Puff Daddy. Meine Bong.«
    »Du hast deiner Wasserpfeife einen Namen gegeben?«
    »Klar. Ich habe mit

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